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Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Titel: Harry Bosch 09 - Letzte Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Weile nur auf den Bildschirm und fragte mich, ob ich da gerade über etwas gestolpert war, was wesentlich mehr war als nur eine Möglichkeit, dem FBI eins auszuwischen. Hing das, was ich gerade gelesen hatte, möglicherweise mit meinen eigenen Ermittlungen zusammen? Hatten die FBI-Agenten aus dem neunten Stock in Westwood irgendeinen Zusammenhang zwischen dem Filmgeldraub und diesem Geldkurier hergestellt?
    Aus diesen Überlegungen riss mich die Lautsprecherdurchsage, die Bibliothek werde in fünfzehn Minuten geschlossen. Ich klickte auf den Button zum Ausdrucken des Artikels, bevor ich zu der Liste mit den Meldungen zurückkehrte und auf der Suche nach weiteren Artikeln über Aziz' Festnahme die Überschriften durchscrollte. Ich fand nur noch einen Artikel, der zwei Tage nach dem ersten erschienen war. Ich rief ihn auf und stellte fest, dass es nur eine kurze Meldung des Inhalts war, dass die Anklageerhebung gegen Aziz auf unbestimmte Zeit verschoben worden war, er aber weiterhin von FBI-Agenten verhört wurde. Auch wenn es in dem Artikel nicht ausdrücklich oder eindeutig gesagt wurde, konnte man dennoch zwischen den Zeilen lesen, dass Aziz mit den Ermittlungsbehörden kooperierte. In der Meldung hieß es, ein nach den Anschlägen vom 11. September erlassenes Gesetz erteile allen Bundesbehörden erweiterte Befugnisse, mutmaßliche Terroristen als feindliche Kombattanten festzuhalten. Der Rest der Meldung bestand aus Hintergrundinformationen, die bereits im ersten Artikel enthalten waren.
    Ich kehrte zu der Liste zurück und scrollte weiter die Überschriften durch. Das dauerte fast zehn Minuten, aber ich fand keine Meldung mehr über Mousouwa Aziz.
    Der Lautsprecher verkündete, die Bibliothek werde jetzt geschlossen. Ich schaute mich um und entdeckte Mrs Molloy am Informationsschalter. Sie verstaute alle möglichen Dinge in Schubladen und machte sich fertig, nach Hause zu gehen. Ich war inzwischen zu der Ansicht gelangt, es wäre besser, wenn Parenting Today nicht mitbekäme, was ich im Computer nachgesehen hatte. Jedenfalls nicht sofort. Deshalb blieb ich bis zur nächsten Ankündigung, dass die Bibliothek geschlossen werde, in meinem Abteil. Ich blieb so lange dort, bis Mrs Molloy kam und sagte, ich müsse gehen. Sie hatte meine Ausdrucke dabei. Ich gab ihr das Geld, dann faltete ich die Ausdrucke und steckte sie zusammen mit dem Notizblock in meine Jackentasche. Ich bedankte mich und ging.
    Auf dem Weg nach draußen tat ich so, als studierte ich die Mosaike und die Architektur des Gebäudes. In Wirklichkeit drehte ich mich jedoch in der Rotunde nur deshalb mehrere Male um meine Achse, um nach meinem Schatten Ausschau zu halten. Ich konnte ihn nirgendwo entdecken und begann mich zu fragen, ob ich an Verfolgungswahn litt.
    Es sah so aus, als wäre ich der letzte Besucher, der das Gebäude durch den Haupteingang verließ. Ich überlegte, ob ich den Personaleingang suchen und auf Mrs Molloy warten sollte, um sie zu fragen, ob sich jemand bei ihr erkundigt hätte, wonach ich gesucht hatte. Mir wurde jedoch bewusst, dass ich ihr damit möglicherweise nur Angst machen würde, und verzichtete darauf.
    Als ich auf dem dritten Parkdeck der Tiefgarage allein zu meinem Wagen ging, spürte ich, wie kaum merklich der kühle Hauch der Angst meine Wirbelsäule hinunterkroch. Egal, ob ich beschattet wurde oder nicht, war es mir zumindest gelungen, mir selbst Angst einzujagen. Ich begann schneller zu gehen und trabte fast, als ich die Tür meines Mercedes erreichte.

18
    Paranoia ist nicht immer etwas Schlechtes. Sie kann einem helfen, hochkonzentriert zu bleiben, und manchmal hängt alles von diesem Bisschen mehr an Konzentration ab. Ich fuhr von der Bibliothek zum Broadway und dann weiter in Richtung Civic Center. Daran war nichts Ungewöhnliches, ein ehemaliger Polizist, der zum Polizeipräsidium unterwegs war. Völlig unverfänglich. Doch als ich den Los-Angeles-Times-Komplex erreichte, riss ich, ohne zu bremsen oder zu blinken, das Steuer abrupt nach links und stach mitten durch den Verkehr in den Third-Street-Tunnel. Ich stieg aufs Gas, und der Mercedes reagierte sofort. Die Schnauze stieg hoch wie bei einem Boot, als der Wagen beschleunigte und durch den drei Häuserblock langen Tunnel rauschte.
    So oft ich konnte, hielt ich im Rückspiegel nach einem Verfolger Ausschau. Die Kacheln der gekrümmten Tunnelwände trugen die Autolichter wie Heiligenscheine. Aus diesem Grund vermietet ihn die Stadt ständig an Filmemacher.

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