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Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Titel: Harry Bosch 09 - Letzte Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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anderen Häftlinge, die ich draußen auf dem Flur gesehen hatte, sich selbst angestarrt hatten. Die Scheibe war verspiegelt.
    Instinktiv wusste ich, dass der Agent, der mich getreten und gestoßen hatte, auf der anderen Seite war und mich beobachtete. Um ihm zu signalisieren, dass ich ihn nicht vergessen würde, nickte ich ihm zu. Wahrscheinlich stand er auf der anderen Seite und lachte über mich.
    Das Licht in der Zelle blieb an. Nach einer Weile wandte ich mich von der Tür ab und sah mich um. Auf einem gemauerten Bett lag eine drei Zentimeter dicke Matratze. In die Wand gegenüber waren ein Waschbecken und eine Toilette eingelassen. Sonst war die Zelle leer. Nur oben in einer Ecke war ein Stahlkasten mit einem fünf auf fünf Zentimeter großen Fenster, hinter dem ich das Objektiv einer Kamera erkennen konnte. Ich wurde beobachtet. Selbst wenn ich die Toilette benutzte, würde ich beobachtet.
    Ich wollte auf die Uhr sehen, aber meine Uhr war weg. Sie mussten sie mir weggenommen haben – wahrscheinlich, als sie mir die Handschellen abnahmen und meine Handgelenke so taub waren, dass ich den Diebstahl nicht fühlen konnte.
    Ich verbrachte, was ich für die erste Stunde meiner Inhaftierung hielt, damit, in dem kleinen Raum auf und ab zu gehen und meine Wut am Sieden, aber unter Kontrolle zu halten. Ich folgte bei meinen Wanderungen keinem bestimmten Schema, außer dass ich den gesamten vorhandenen Platz nutzte, und wenn ich in die Ecke kam, in der die Kamera angebracht war, reckte ich dem Objektiv den Mittelfinger meiner linken Hand entgegen. Jedes Mal.
    In der zweiten Stunde saß ich auf der Matratze, fest entschlossen, meine Kräfte nicht mehr mit Auf-und-ab-Gehen zu vergeuden und das Zeitgefühl nicht zu verlieren. Gelegentlich zeigte ich der Kamera weiterhin meinen Finger, meistens, ohne dabei eigens aufzublicken. Um mir die Zeit zu vertreiben, kramte ich ein paar alte Verhörzimmergeschichten aus meinem Gedächtnis hervor. Mir fiel eine über einen Kerl ein, den wir in Zusammenhang mit einem Doppelmord nach einem krummen Drogendeal als Verdächtigen festgenommen hatten. Wir hatten eigentlich vorgehabt, ihn erst ein bisschen im eigenen Saft schmoren zu lassen, bevor wir zu ihm reingingen und anfingen, ihn auszuquetschen. Aber kaum hatten wir die Tür hinter ihm abgeschlossen, zog er seine Hose aus, band sich die Beine um den Hals und versuchte, sich an der Deckenlampe zu erhängen. Sie holten ihn rechtzeitig runter, und er wurde gerettet. Hinterher erklärte er, lieber brächte er sich um, als noch eine Stunde in diesem Raum zu verbringen. Er hatte sich nur zwanzig Minuten darin aufgehalten.
    Ich begann, leise in mich hineinzulachen, und dann fiel mir eine andere Geschichte ein, eine, die nicht so witzig war. Ein Mann, ein unwichtiger Zeuge eines Raubüberfalls, kam in den Bunker und wurde befragt, was er gesehen hatte. Das war an einem Freitagabend. Der Mann war ein illegaler Einwanderer und hatte eine Scheißangst, aber er war kein Verdächtiger, und um ihn nach Mexiko zurückzuschicken, wären zu viele Telefonate und zu viel Schreibkram erforderlich gewesen. Alles, was der zuständige Detective von dem Kerl wollte, war das, was er gesehen hatte. Aber bevor er es aus ihm herausbekam, wurde der Detective aus dem Vernehmungszimmer gerufen. Er sagte dem Mann, er solle warten, er wäre gleich wieder zurück. Nur kam er nicht mehr zurück. Aufgrund wichtiger neuer Erkenntnisse in dem Fall musste er an der Fahndung nach dem Täter teilnehmen und vergaß darüber den Zeugen. Am Sonntagmorgen hörte ein anderer Detective, der in die Station gekommen war, um seinen Schreibkram aufzuarbeiten, ein Klopfen und öffnete die Tür des Vernehmungszimmers, in dem immer noch dieser Mexikaner war. Er hatte alle leeren Kaffeebecher aus dem Abfalleimer gesammelt und sie im Lauf des Wochenendes voll gepinkelt. Aber er hatte sich an seine Anweisungen gehalten und das Vernehmungszimmer, das nicht abgeschlossen gewesen war, nicht verlassen.
    Die Erinnerung an diese Geschichte verdarb mir die Laune. Schließlich zog ich mein Sakko aus und legte mich auf die Matratze. Um das Licht auszublenden, legte ich das Sakko auf mein Gesicht. Ich versuchte, den Eindruck zu erwecken, als schliefe ich, als sei mir egal, was sie mit mir machten. Aber ich schlief nicht, und wahrscheinlich wussten sie das. Ich kannte das alles aus der Zeit, als ich auf der anderen Seite der Glasscheibe gewesen war.
    Schließlich versuchte ich, mich auf den Fall zu

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