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Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Titel: Harry Bosch 15 - Neun Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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aufgerichtet hatte.
    »Ich habe meine Picks dabei. Ich kann die Tür aufbekommen.«
    Trotz der Sonnenbrille konnte Bosch sehen, wie Suns Miene sofort von Widerstreben überschattet wurde.
    »Meine Tochter könnte da drinnen sein. Und wenn nicht, finden wir vielleicht etwas, aus dem hervorgeht, wo sie ist. Stellen Sie sich so hinter mich, dass mich niemand sehen kann. In einer Minute habe ich die Tür auf.«
    Sun blickte auf die Phalanx aus identischen Hochhäusern hinaus, die sie wie Riesen umringten.
    »Wir schauen erst«, sagte er schließlich.
    »Schauen?«, fragte Bosch. »Was sollen wir schauen?«
    »Die Tür. Peng könnte zurückkommen. Vielleicht führt er uns zu Madeline.«
    Bosch sah auf die Uhr. Es war halb zwei.
    »So viel Zeit haben wir nicht. Wir können hier nicht Wurzeln schlagen.«
    »Was ist ›Wurzeln schlagen‹?«
    »Wir können nicht einfach nur rumstehen und Däumchen drehen, Mann. Wir müssen in Bewegung bleiben, wenn wir sie finden wollen.«
    Sun drehte sich um und sah Bosch direkt an.
    »Eine Stunde. Wir schauen. Wenn wir zurückkommen, um Tür zu öffnen, nehmen Sie Pistole nicht mit.«
    Bosch nickte. Er verstand. Bei einem Einbruch erwischt zu werden war eine Sache. Aber bei einem Einbruch mit einer Schusswaffe erwischt zu werden hieß ungefähr zehn Jahre von etwas anderem.
    »Also gut, eine Stunde.«
    Sie fuhren mit dem Aufzug nach unten und gingen durch den Tunnel nach draußen. Bosch tippte Sun an den Arm und fragte ihn, auf welchem Briefkasten Pengs Wohnungsnummer stand. Sun hatte den Briefkasten rasch gefunden. Das Schloss war schon lange herausgebrochen worden. Bosch spähte durch den Tunnel zu dem Zeitung lesenden Wachmann. Dann öffnete er den Briefkasten. Es lagen zwei Briefe darin.
    »Sieht ganz so aus, als hätte noch nicht mal jemand die Samstagspost geholt. Ich würde sagen, Peng ist mit seiner Familie abgehauen.«
    Sie kehrten zum Auto zurück, und Sun schlug vor, an einer unauffälligeren Stelle zu parken, weil sie jetzt wieder darauf aufpassen konnten. Er fuhr ein Stück die Straße hinauf, wendete und parkte auf der anderen Seite an der Umfassungsmauer, hinter der die Mülltonnen eines anderen Wohnblocks waren. Auch von dort konnten sie den Außengang der sechsten Etage und die Tür von Pengs Wohnung sehen.
    »Ich halte das für reine Zeitverschwendung«, sagte Bosch. »Die kommen nicht zurück.«
    »Eine Stunde, Harry. Bitte.«
    Bosch bemerkte, dass Sun ihn zum ersten Mal mit dem Namen angesprochen hatte. Es besänftigte ihn nicht.
    »Sie verhelfen ihm nur zu einer weiteren Stunde Vorsprung, mehr nicht.«
    Bosch zog die Schachtel aus seiner Jackentasche. Er öffnete sie und betrachtete das Handy.
    »Behalten Sie die Wohnung im Auge, ich sehe mir inzwischen das mal an.«
    Die Plastikscharniere des Telefons waren geschmolzen, und Bosch hatte Mühe, es aufzuklappen. Schließlich versuchte er es mit Gewalt, was zur Folge hatte, dass es auseinanderbrach. Das LCD -Display war gesprungen und zum Teil geschmolzen. Bosch legte diese Hälfte des Handys beiseite und konzentrierte sich auf die andere. Die Abdeckung des Batteriefachs war so stark geschmolzen, dass die Nahtstellen verschweißt waren. Bosch öffnete die Autotür, lehnte sich nach draußen und schlug mit dem Handy dreimal und immer fester auf den Randstein, bis die Nähte von der Wucht der Schläge aufplatzten und die Abdeckung abfiel.
    Dann zog er sich wieder ins Wageninnere zurück und schloss die Tür. Der Akku des Handys schien noch intakt, aber das Plastik war so stark verformt, dass er sich nicht entfernen ließ. Diesmal nahm Bosch einen seiner Picks aus dem Dienstmarkenetui und stemmte den Akku damit aus der Halterung. Darunter war die Vertiefung für die SIM -Karte des Handys.
    Sie war leer.
    »Scheiße!«
    Bosch schleuderte das Handy auf den Boden des Mercedes. Schon wieder ein Rückschlag.
    Er sah auf die Uhr. Es waren erst zwanzig Minuten vergangen, seit er sich bereit erklärt hatte, eine Stunde zu warten. Aber Bosch konnte nicht mehr länger stillsitzen. Alles in ihm schrie danach, in diese Wohnung einzubrechen. Vielleicht war dort seine Tochter.
    »Tut mir leid, Sun Yee«, sagte er deshalb. »Sie können gern hier warten, aber ich nicht. Ich gehe da jetzt rein.«
    Damit beugte er sich vor und zog die Pistole aus dem Hosenbund. Da nicht auszuschließen war, dass sie in der Wohnung von der Polizei gestellt wurden und das Auto mit ihnen in Verbindung gebracht wurde, wollte er die Waffe nicht in Suns Mercedes

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