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Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Titel: Harry Bosch 15 - Neun Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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ödipale Phantasie, die jedoch vom Mörder wahrscheinlich nicht beabsichtigt war. Beiden war von einem Ohr zum anderen die Kehle aufgeschnitten.
    Hinter und zum Teil unter der Mutter war – als versteckte sie sich – die Leiche eines Mädchens zu sehen, dessen Gesicht von seinem langen dunklen Haar verdeckt wurde.
    »O Gott«, entfuhr es Bosch. »Sun Yee!«
    Sun kam hinter ihm ins Bad, und Bosch hörte ihn die Luft anhalten. Er zog sich den zweiten Handschuh an.
    »Ganz unten liegt ein Mädchen, aber ich kann nicht erkennen, ob es Maddie ist. Schnell, ziehen Sie die an.«
    Er holte ein zweites Paar Handschuhe aus seiner Jackentasche und reichte sie Sun, der sie rasch überstreifte. Gemeinsam hoben sie den toten Jungen aus der Dusche und legten ihn neben dem Waschbecken auf den Boden. Dann schob Bosch die Leiche der Mutter behutsam so weit zur Seite, dass er das Gesicht des Mädchens sehen konnte. Auch ihr war die Kehle durchgeschnitten worden. Ihre Augen waren offen und starrten entsetzt dem Tod entgegen. Es zerriss Bosch das Herz, diesen Blick zu sehen, aber es war nicht das Gesicht seiner Tochter.
    »Es ist nicht Maddie«, stieß er hervor. »Es muss ihre Freundin sein. He.«
    Bosch wandte sich von dem Blutbad ab und zwängte sich an Sun vorbei ins Schlafzimmer hinaus, wo er sich aufs Bett setzte. Kurz darauf hörte er dumpfe Geräusche aus dem Bad kommen. Wahrscheinlich packte Sun die Toten wieder in die Dusche zurück.
    Die Arme über der Brust verschränkt, atmete Bosch laut aus und beugte sich vor. Der angsterfüllte Blick des Mädchens ließ ihn nicht los. Fast wäre er vornüber vom Bett gefallen.
    »Was ist hier passiert?«, murmelte er.
    Sun kam aus dem Bad und nahm seine Bodyguardhaltung ein. Er sagte nichts.
    Bosch merkte, dass Blut an seinen Handschuhen war.
    Er stand auf und blickte sich im Zimmer um, als berge es eine Erklärung für das Tableau im Bad.
    »Könnte eine andere Triade sie ihm weggenommen haben? Und dann alle umgebracht haben, um ihre Spuren zu verwischen?«
    Sun schüttelte den Kopf.
    »Das gäbe Krieg. Außerdem ist der Junge nicht bei einer Triade.«
    »Was? Woher wollen Sie das denn wissen?«
    »Im Tuen Mun gibt es nur eine Triade. Goldenes Dreieck. Ich habe nachgesehen, aber er hat das Zeichen nicht.«
    »Was für ein Zeichen?«
    Nach kurzem Zögern wandte sich Sun der Badezimmertür zu, drehte sich aber wieder zu Bosch um. Er zog einen der Handschuhe aus, fasste an seinen Mund und zog die Unterlippe nach unten. Auf die empfindliche Schleimhaut darunter waren, alt und verschwommen, zwei chinesische Schriftzeichen tätowiert. Bosch nahm an, sie bedeuteten Goldenes Dreieck.
    »Dann sind Sie also doch in einer Triade?«
    Sun ließ seine Lippe los und schüttelte den Kopf.
    »Nicht mehr. Das ist über zwanzig Jahre her.«
    »Ich dachte immer, aus einer Triade kann man nicht aussteigen. Unter keinen Umständen. Wenn man sie verlässt, dann in einer Holzkiste.«
    »Ich habe ein Opfer gebracht, und der Rat hat mir erlaubt, zu gehen. Außerdem musste ich Tuen Mun verlassen. Deshalb bin ich nach Macao gegangen.«
    »Was für ein Opfer?«
    Suns Widerstreben schien noch stärker als in dem Moment, als er Bosch das Tattoo gezeigt hatte. Doch dann hob er langsam die Hand an sein Gesicht und nahm die Sonnenbrille ab.
    Im ersten Moment fiel Bosch nichts Ungewöhnliches auf, doch dann merkte er, dass Suns linkes Auge eine Prothese war. Er hatte ein Glasauge. Vom äußeren Augenwinkel krümmte sich eine kaum erkennbare Narbe nach unten.
    »Sie mussten ein Auge opfern, um die Triade verlassen zu dürfen?«
    »Ich bereue meine Entscheidung nicht.«
    Er setzte die Sonnenbrille wieder auf.
    Angesichts Suns Enthüllungen und der grausigen Szenerie im Bad kam sich Bosch mehr und mehr wie in ein mittelalterliches Gemälde versetzt vor. Er musste sich immer wieder daran erinnern, dass seine Tochter nicht im Bad und noch am Leben war.
    »Okay«, sagte er schließlich. »Ich weiß zwar nicht, was hier passiert ist oder warum es passiert ist, aber wir müssen dieser Spur weiter folgen. Irgendetwas muss es in dieser Wohnung geben, aus dem hervorgeht, wo Maddie ist. Das müssen wir finden, aber wir haben nicht mehr viel Zeit.«
    Bosch fasste in seine Jackentasche, aber sie war leer.
    »Ich habe keine Handschuhe mehr, Sun Yee. Seien Sie deshalb vorsichtig, wenn Sie etwas anfassen. Und wahrscheinlich ist Blut an unseren Schuhsohlen. Das sollten wir lieber nicht über die ganze Wohnung verteilen.«
    Bosch zog

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