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Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Titel: Harry Bosch 15 - Neun Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Bosch eine Weile nach, bevor er die nächste Frage stellte.
    »Ist sie sicher, dass sie ihn gestern gesehen hat? Samstagmorgen? Was hat er gemacht?«
    Während Bosch auf die Übersetzung wartete, beobachtete er die Frau aufmerksam.
    Bei den früheren Fragen hatte sie Blickkontakt mit Sun gehalten, doch bei der Beantwortung der letzten Fragen begann sie, seinem Blick auszuweichen.
    »Ja, sie ist ganz sicher«, übersetzte Sun. »Gestern früh hat sie Geräusche vor ihrer Tür gehört. Sie hat nach draußen geschaut, und da war Peng. Er hat eine Opfergabe verbrannt. Auf ihrem Altar.«
    Bosch nickte, aber er war sicher, dass ihnen die Frau etwas verschwieg oder log.
    »Was hat er verbrannt?«
    Sun gab die Frage weiter. Die Frau hielt den Blick die ganze Zeit gesenkt, als sie antwortete.
    »Sie sagt, er hat Papiergeld verbrannt.«
    Bosch stand auf und ging nach draußen. Er kippte den Inhalt des Aschenkübels, der kleiner war als ein normaler Wassereimer, auf den Boden des Außengangs. Offensichtlich hatte Fengyi Mai in der letzten Stunde etwas darin verbrannt. Bosch nahm ein Räucherstäbchen vom Altar und begann, damit in der rauchenden Asche zu stochern. Unter den heißen Überresten befanden sich ein paar Kartonreste, die nur angekokelt waren, aber das meiste war zu Asche verbrannt. Bosch rührte weiter in dem Haufen und stieß nach kurzer Zeit auf ein Stück geschmolzenes Plastik. Es war schwarz verkohlt und formlos. Er versuchte, es mit den Fingern zu ergreifen, aber es war zu heiß.
    Er ging in die Wohnung zurück.
    »Fragen Sie sie, wann sie zum letzten Mal etwas auf dem Altar geopfert hat und was sie verbrannt hat.«
    Sun übersetzte die Frage.
    »Heute Morgen. Sie hat auch Papiergeld verbrannt.«
    Bosch stand noch.
    »Fragen Sie sie, warum sie lügt.«
    Sun zögerte.
    »Fragen Sie sie.«
    Sun stellte die Frage, und die Frau leugnete, gelogen zu haben.
    Bosch nickte, als er die Antwort bekam, und ging zum Tisch. Er hob die Schale mit dem Salz hoch, nahm die fünf Geldscheine an sich und steckte sie ein.
    »Sagen Sie ihr, für Lügen zahlen wir nichts. Aber für die Wahrheit zahle ich zweitausend.«
    Die Frau protestierte, als sie Suns Übersetzung hörte, aber dann schlug Sun einen anderen Ton an. Er herrschte die Frau zornig an, und sie bekam sichtlich Angst. Sie legte die Hände aneinander, als wolle sie ihn um Verzeihung bitten, und ging in ein anderes Zimmer.
    »Was haben Sie zu ihr gesagt?«, fragte Bosch.
    »Dass sie uns die Wahrheit sagen muss, sonst verliert sie die Wohnung.«
    Bosch zog die Augenbrauen hoch. Sun hatte den Druck deutlich erhöht.
    »Sie glaubt, ich bin Polizist und Sie mein Vorgesetzter«, fügte er hinzu.
    »Wie kommt sie denn darauf?«, wollte Bosch wissen.
    Bevor Sun antworten konnte, kam die Frau mit einer kleinen Schachtel zurück. Sie ging direkt auf Bosch zu und reichte sie ihm, dann zog sie sich mit einer Verneigung von ihm zurück. Bosch öffnete die Schachtel. Sie enthielt ein angekokeltes und geschmolzenes Handy.
    Während die Frau Sun den Sachverhalt erklärte, holte Bosch sein Handy heraus und verglich es mit dem verbrannten Telefon. Obwohl es stark beschädigt war, bestand kein Zweifel, dass das Handy, das die Frau aus dem Aschenkübel gefischt hatte, das gleiche Modell war wie seines.
    »Sie sagt, das Handy hat Peng verbrannt«, dolmetschte Sun. »Es hat fürchterlich gestunken. Deshalb hat sie es herausgenommen. Um die Geister nicht zu verärgern.«
    »Es ist das Handy meiner Tochter.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ich habe es ihr selbst gekauft. Ich bin ganz sicher.«
    Bosch klappte sein Handy auf und rief die Fotodateien auf. Er scrollte durch die Fotos seiner Tochter, bis er eines von ihr in Schuluniform fand.
    »Zeigen Sie ihr das. Und versuchen Sie herauszufinden, ob sie sie mit Peng gesehen hat.«
    Sun zeigte der Frau das Handy und stellte die Frage. Die Frau schüttelte den Kopf, als sie antwortete, und faltete die Hände, um zu unterstreichen, dass sie diesmal die Wahrheit sagte. Bosch wartete nicht auf Suns Übersetzung. Er stand auf und holte sein Geld aus der Tasche. Er zählte zweitausend Hongkong-Dollar auf den Tisch – das war etwas weniger als dreihundert amerikanische – und drehte sich zur Tür.
    »Gehen wir.«

32
    S ie klopften noch einmal an Pengs Tür, aber niemand öffnete. Bosch kniete nieder, um seinen Schuh auf- und wieder zuzubinden. Dabei sah er sich das Schloss im Türknauf an.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte Sun, nachdem sich Bosch wieder

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