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Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Titel: Harry Bosch 15 - Neun Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Patrone nach dem Laden möglichst mehrere Tage in der Waffe stecken, bevor sie abgefeuert wird. Und zwar je länger, desto besser. Denn in der Zeit, in der sie in der Waffe steckt, reagiert der Schweiß, der die Fingerabdrücke bildet, mit dem Messing. Soweit alles klar?«
    »Sie meinen, es kommt zu einer chemischen Reaktion?«
    »Eine mikroskopisch kleine chemische Reaktion. Der menschliche Schweiß besteht aus einer Vielzahl verschiedener Elemente, aber hauptsächlich aus Natriumchlorid – Salz. Es reagiert mit dem Messing – das Metall korrodiert – und hinterlässt eine Spur darin. Nur können wir sie nicht sehen.«
    »Aber die Elektrizität macht sie für uns sichtbar.«
    »Genau. Wir leiten eine Ladung von zweitausendfünfhundert Volt durch die Hülse, bestäuben sie mit Kohle, und dann können wir den Abdruck sehen. Wir haben schon mehrere Experimente durchgeführt. Ich habe selbst gesehen, dass es funktioniert. Es wurde von einem Engländer erfunden, der auch noch – ausgerechnet – Bond heißt.«
    Bosch begann, neue Hoffnung zu schöpfen.
    »Dann probieren wir es doch einfach aus.«
    Um seinen Elan zu bremsen, spreizte Sopp die Finger.
    »Nicht so schnell, Harry. So einfach ist es leider nicht.«
    »Warum nicht? Worauf warten Sie noch, eine feierliche Einweihung, bei der der Chief ein Band durchschneidet oder was?«
    »Nein, das ist nicht das Problem. Diese Art von Beweismitteln und Verfahren sind an kalifornischen Gerichten noch nicht zugelassen. Wir arbeiten zwar mit dem District Attorney an einer Genehmigung, aber niemand will sich bei einem Prozess als Erster darauf stützen, wenn er sich seiner Sache nicht absolut sicher ist. Wir müssen an die Zukunft denken, denn wenn wir dieses Verfahren zum ersten Mal für die Beweisführung einsetzen, werden wir damit einen Präzedenzfall schaffen. Und wenn es nicht der richtige Fall ist und sich das Ganze als Schuss in den Ofen entpuppt, wäre das ein herber Rückschlag.«
    »Vielleicht ist das hier ja der richtige Fall. Wer entscheidet das?«
    »Zuerst landet alles auf Brennemans Schreibtisch, und er wählt dann einen Fall aus und geht damit zum DA .«
    Chuck Brenneman war der Leiter der Scientific Investigation Division, der Abteilung für wissenschaftliche Kriminalistik.
    Das Auswahlverfahren konnte sich also Wochen, wenn nicht sogar Monate hinziehen.
    »Aber haben Sie nicht eben selbst gesagt, dass Sie und Ihre Leute schon damit experimentieren?«
    »Natürlich, wir müssen ja auch sichergehen, dass es Hand und Fuß hat.«
    »Dann nehmen Sie doch einfach diese Hülse für Ihre Experimente und sehen, was dabei herauskommt.«
    »Das geht nicht, Harry. Wir führen mit Testpatronen kontrollierte Experimente durch.«
    »Teri, das ist mein letzter Strohhalm. Vielleicht ist ja auch gar nichts auf der Hülse, aber es könnte auch ein Fingerabdruck des Mörders drauf sein. Und Sie können das feststellen.«
    Sopp schien zu merken, dass sie von jemandem in die Enge getrieben wurde, der sich nicht so leicht abwimmeln ließ.
    »Also schön, meinetwegen. Die nächste Versuchsreihe findet nächste Woche statt. Versprechen kann ich Ihnen nichts, aber ich werde sehen, was ich tun kann.«
    »Danke, Teri.«
    Bosch füllte ein Formular aus, um die Weitergabe des Beweismittels zu protokollieren, und verließ das Labor. Die Aussicht, mit Hilfe der neuen Technologie möglicherweise einen Fingerabdruck des Mörders zu erhalten, erfüllte ihn mit neuer Zuversicht. Fast war es, als hätte John Li schon die ganze Zeit etwas von elektrostatischer Verstärkung gewusst. Dieser Gedanke jagte Boschs Rücken eine andere Art von Elektrizität hinunter.
    Als er im vierten Stock aus dem Lift stieg, sah er auf die Uhr. Zeit, seine Tochter anzurufen. Wahrscheinlich ging sie gerade auf der Stubbs Road zur Happy Valley Academy. Wenn er sie jetzt nicht erwischte, müsste er warten, bis die Schule aus war. Er blieb im Flur vor dem Bereitschaftsraum stehen, holte das Handy heraus und drückte die Schnellwahltaste. Es dauerte dreißig Sekunden, bis die Transpazifik-Verbindung zustande kam.
    »Dad! Jetzt hör aber mal! Ein Bild von einer Leiche!«
    Bosch grinste.
    »Hallo übrigens. Woher willst du wissen, dass es eine Leiche ist?«
    »Ähm, warte mal. Mein Dad klärt Morde auf, und er schickt mir nackte Füße auf einem Stahltisch. Und was ist auf dem anderen Foto? Die Lunge dieses Typs? Echt krass!«
    »Er hat geraucht. Ich fand, das solltest du unbedingt sehen.«
    Als sie nach kurzem

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