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Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Titel: Harry Bosch 15 - Neun Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Schweigen wieder zu sprechen begann, war gar nichts Kleinmädchenhaftes mehr in ihrer Stimme.
    »Ich rauche nicht, Dad.«
    »Da hat mir deine Mutter aber was anderes erzählt. Angeblich riechst du nach Rauch, wenn du nach Hause kommst, nachdem du dich mit deinen Freundinnen in der Mall getroffen hast.«
    »Das kann ja sein. Aber was einfach nicht stimmt, ist, dass ich mit ihnen rauche.«
    »Und mit wem rauchst du dann?«
    »Dad, ich rauche überhaupt nicht! Der ältere Bruder meiner Freundin ist manchmal dabei, um auf sie aufzupassen. Aber ich rauche nicht und He auch nicht.«
    »He, ein Er? Hast du nicht gerade gesagt, es wäre eine Sie?«
    Sie sagte den Namen noch einmal, aber diesmal mit betont chinesischer Aussprache. Jetzt hörte er sich an wie
Hi-ju.
    »He ist eine Sie. He ist ihr Name. Er bedeutet ›Fluss‹.«
    »Warum nennst du sie dann nicht Fluss?«
    »Weil sie Chinesin ist. Deshalb nenne ich sie mit ihrem chinesischen Namen.«
    »Das wird ja langsam eine richtige Abbott-und-Costello-Nummer. Eine Sie He zu nennen.«
    »Was für eine Nummer?«
    Bosch lachte.
    »Ach, nichts. Und das mit der Lunge lassen wir auch, Maddie. Wenn du mir sagst, du rauchst nicht, glaube ich dir das. Aber das ist nicht der Grund, warum ich anrufe. Die Tattoos auf den Füßen des Toten, kannst du die lesen?«
    »Ja, echt krass. Ich habe die Füße eines Toten auf meinem Handy.«
    »Du kannst das Foto ja löschen, sobald du mir gesagt hast, was die Tattoos bedeuten. Ich weiß doch, dass ihr in der Schule Chinesisch lernt.«
    »Das Foto werde ich doch nicht löschen. Ich zeige es meinen Freundinnen. Die finden es bestimmt total cool.«
    »Nein, tu das bitte nicht. Es hängt mit einem Fall zusammen, an dem ich gerade arbeite, und deshalb darf es sonst niemand zu sehen bekommen. Ich habe es dir nur geschickt, weil ich dachte, du könntest es mir schnell mal übersetzen.«
    »Soll das heißen, es gibt beim LAPD niemanden, der dir das sagen kann? Wegen so was Puppigem musst du deine Tochter in Hongkong anrufen?«
    »Im Augenblick ist es tatsächlich so. Und da bist eben du mir eingefallen. Und du weißt, was die Zeichen bedeuten oder nicht?«
    »Klar, Dad. Das ist doch ganz einfach.«
    »Und, was bedeuten sie?«
    »Es ist einfach ein Spruch, der Glück bringen soll. Auf dem linken Fuß sind die Schriftzeichen
Fu
und
Cai,
die ›Glück‹ und ›Wohlstand‹ bedeuten. Und auf der rechten Seite sind
Ai
und
Xi,
›Liebe‹ und ›eheliches Glück‹.«
    Bosch dachte kurz nach. Offensichtlich standen diese Zeichen für die Dinge, die John Li wichtig gewesen waren. Er hatte gehofft, diese Dinge würden ihn immer begleiten.
    Dann überlegte Bosch, warum sich die Schriftzeichen ausgerechnet an den Seiten von Lis Achillessehnen befanden. Vielleicht hatte sich Li deshalb an dieser Stelle tätowieren lassen, weil ihm bewusst war, dass ihn die Dinge, die er sich am meisten wünschte, verwundbar machten. Dass sie seine Achillesferse waren.
    »Dad? Hallo?«
    »Ja, ja, ich bin noch dran. Ich habe nur nachgedacht.«
    »Und, hilft dir das weiter? Habe ich den Fall gelöst?«
    Bosch lächelte, merkte aber sofort, dass sie das nicht sehen konnte.
    »Gelöst nicht gerade, aber es hilft mir weiter.«
    »Gut. Dann bist du mir was schuldig.«
    Bosch nickte.
    »Du bist ganz schön raffiniert, muss ich sagen. Wie alt bist du inzwischen, dreizehn, aber auf die Zwanzig zugehend?«
    »Also weißt du, Dad.«
    »Irgendwas muss deine Mutter jedenfalls richtig machen.«
    »Viel aber nicht.«
    »Hör mal, wie redest du denn über sie.«
    »Du musst ja auch nicht mit ihr leben, Dad. Aber ich schon. Und das ist nicht so wahnsinnig witzig. Hab ich dir doch erzählt, als ich bei dir in L.A. war.«
    »Trifft sie sich immer noch mit jemandem?«
    »Allerdings, und ich kann sehen, wo ich bleibe.«
    »Ach was, Maddie, so darfst du das nicht sehen. Sie hatte einfach nur lange niemanden mehr.«
    Ich auch nicht, dachte Bosch.
    »Jetzt hältst du auch noch zu ihr, Dad. Ich bin ihr nur lästig. Und wenn ich dann sage, na schön, dann ziehe ich eben zu Dad, heißt es sofort, kommt überhaupt nicht in Frage.«
    »Du solltest auch bei deiner Mutter wohnen. Sie hat dich großgezogen. In einem Monat komme ich dich eine Woche besuchen. Dann können wir darüber reden. Mit deiner Mutter.«
    »Meinetwegen. Ich muss jetzt Schluss machen. Ich bin schon in der Schule.«
    »Alles klar. Und grüße He, die Sie, von mir.«
    »Sehr witzig, Dad. Aber schick mir bitte keine Bilder von Lungen mehr,

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