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Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Titel: Harry Bosch 15 - Neun Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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warten, dass jemand anrief.
    Am liebsten waren Bosch die Fälle, in denen er selbst das Tempo bestimmen konnte, während sich die anderen nach ihm richten mussten. Er war kein Sideman. Den Beat musste er bestimmen. Und an diesem Punkt der Ermittlungen hatte er das Tempo genau so stark angetrieben, wie er konnte. Er begann, sich über seine nächsten Schritte Gedanken zu machen, aber er hatte nur wenig Optionen. Er konnte die chinesischen Geschäfte in South L.A. abklappern und das Foto des Mannes von der Triade herumzeigen. Aber das führte wahrscheinlich zu nichts. Die kulturelle Kluft war tief. Niemand wäre bereit, ein Triadenmitglied bei der Polizei hinzuhängen.
    Dennoch machte er sich darauf gefasst, diesen Weg einzuschlagen, wenn sich nicht bald etwas anderes ergäbe. So bliebe er wenigstens in Bewegung. Drive war Drive, ob man ihn nun in einem Musikstück oder auf der Straße oder im eigenen Herzschlag fand.
    Als das letzte Licht aus dem Himmel zu schwinden begann, fasste Bosch in seine Tasche und holte das Streichholzheftchen heraus, das er immer bei sich trug. Er klappte es mit dem Daumen auf und sah auf den Spruch. Er hatte ihn seit der Nacht, in der er ihn zum ersten Mal gelesen hatte, ernst genommen. Er glaubte, jemand zu sein, der in sich selbst Zuflucht gefunden hatte. Im Lauf der Zeit jedenfalls.
    Er kaute gerade an seinem letzten Bissen, als das Handy läutete. Er zog es aus der Tasche und sah auf das Display. Die Rufnummer war unterdrückt, aber er ging trotzdem dran.
    »Bosch.«
    »Harry, hier David Chu. Essen Sie gerade? Wo sind Sie?«
    Chus Stimme war gepresst vor Aufregung.
    »Zu Hause. Und wo sind Sie?«
    »In Monterey Park. Wir haben ihn!«
    Bosch überlegte kurz. Monterey Park war eine Stadt im Osten des County, deren Bevölkerung sich zu fast drei Vierteln aus Chinesen zusammensetzte. Nur fünfzehn Autominuten von Downtown entfernt, war es wie ein fremdes Land mit einer unzugänglichen Sprache und Kultur.
    »Wen haben Sie?«, fragte er schließlich.
    »Den Kerl, den wir suchen. Den Verdächtigen.«
    »Heißt das, Sie haben ihn identifiziert?«
    »Mehr als nur identifiziert. Wir haben ihn. Wir können ihn sehen.«
    Mehreres von dem, was Chu sagte, stieß Bosch sofort sauer auf.
    »Zuallererst, wer ist
wir?
«
    »Ich bin mit dem MPPD hier. Sie haben den Kerl anhand des Videos identifiziert und mich dann direkt zu ihm geführt.«
    Bosch spürte, wie es in seiner Schläfe zu pochen begann. Die Identifizierung des Triadenmitglieds – falls es wirklich der Gesuchte war – bedeutete einen enormen Fortschritt. Aber auf alles andere, was er eben zu hören bekommen hatte, traf das nicht zu. Ein anderes Police Department in die Ermittlungen einzuschalten und den Verdächtigen einzukreisen waren potenziell verhängnisvolle Entscheidungen und hätten ohne Wissen und Zustimmung des leitenden Ermittlers nicht einmal in Erwägung gezogen werden dürfen. Aber Bosch wusste, er durfte seine Wut nicht an Chu auslassen. Noch nicht. Er musste sich beherrschen und um Schadensbegrenzung bemühen.
    »Jetzt hören Sie gut zu, Detective Chu. Haben Sie schon Kontakt mit dem Verdächtigen hergestellt?«
    »Kontakt? Nein, noch nicht. Wir passen noch einen geeigneten Moment ab. Zurzeit ist er nämlich nicht allein.«
    Gott sei Dank, dachte Bosch, sagte es aber nicht.
    »Hat der Verdächtige Sie gesehen?«
    »Nein, Harry, wir sind auf der anderen Straßenseite.«
    Bosch atmete tief aus. Allem Anschein nach war die Situation noch zu retten.
    »Okay, dann bleiben Sie jetzt mal schön, wo Sie sind, und erzählen mir, welche Schritte Sie bereits unternommen haben und wie die momentane Situation ist. Wie sind Sie nach Monterey Park gekommen?«
    »Die AGU arbeitet eng mit der Abteilung Bandenkriminalität in Monterey Park zusammen. Deshalb habe ich ihnen heute Abend nach Dienstschluss das Foto von unserem Verdächtigen vorbeigebracht, um zu fragen, ob ihn dort vielleicht jemand kennt. Schon der dritte Kollege, dem ich das Bild gezeigt habe, konnte ihn zweifelsfrei identifizieren.«
    »Der dritte Kollege. Wer war das?«
    »Detective Tao. Mit ihm und seinem Partner bin ich gerade hier.«
    »Okay, geben Sie mir den Namen durch, den Sie für den Verdächtigen haben.«
    »Bo-Jing Chang.«
    Er buchstabierte den Namen.
    »Chang ist also der Nachname?«, fragte Bosch.
    »Richtig. Und ihren Informationen zufolge gehört er zu
Yung Kim
 – Tapferes Messer. Das würde auch zu dem Tattoo passen.«
    »Okay, sonst noch was?«
    »Das ist

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