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Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Titel: Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Leiche des kleinen Mädchens entdeckt haben?«
    »Im Theater wurden gerade Renovierungsarbeiten durchgeführt. Wegen eines Rohrbruchs mussten wir in der Damentoilette eine neue Gipskartonwand einziehen. Deshalb habe ich eine Schubkarre voll Bauschutt – die alte Wand und vergammeltes Holz und Zeugs – nach draußen gebracht, um alles in den Container zu kippen. Ich habe den Deckel hochgeklappt, und da war dieses kleine Mädchen.«
    »Sie lag auf dem Bauschutt, der sich bereits in der Mülltonne befand?«
    »Richtig.«
    »Lag auch auf ihr Müll oder Bauschutt?«
    »Nein, Sir, absolut nichts.«
    »Also ganz so, als ob es die Person, die sie dort hineingeworfen hatte, eilig gehabt hätte und nicht mehr dazu gekommen wäre, sie zuzudeck–«
    »Einspruch!«
    Royce war aufgesprungen. Ich hatte gewusst, dass er Einspruch einlegen würde. Aber ich hatte fast den ganzen Satz – und was ich den Geschworenen damit vermitteln wollte – zu Ende bringen können.
    »Mr. Haller lenkt den Zeugen in eine bestimmte Richtung und lässt ihn Schlussfolgerungen ziehen, für die ihm die nötigen Sachkenntnisse fehlen«, monierte Royce.
    Ich zog die Frage zurück, bevor die Richterin dem Einspruch stattgeben konnte.
    Es brachte nichts, wenn die Geschworenen zu sehen bekamen, wie sich die Richterin auf die Seite der Verteidigung stellte.
    »Mr. Johnson, waren Sie an besagtem Tag auch vorher schon bei diesem Müllcontainer gewesen?«
    »Ja, Sir. Ich war davor schon zweimal draußen gewesen.«
    »Wann waren Sie das letzte Mal beim Container draußen, bevor Sie dann die Leiche darin gefunden haben?«
    »Etwa eineinhalb Stunden vorher.«
    »Haben Sie zu diesem Zeitpunkt bereits eine Leiche in der Tonne liegen sehen?«
    »Nein, da war noch keine Leiche in der Tonne.«
    »Demnach muss sie in den neunzig Minuten dorthin gelangt sein, bevor Sie sie entdeckt haben, richtig?«
    »Das ist richtig, ja.«
    »Gut, Mr. Johnson. Dürfte ich Ihre Aufmerksamkeit jetzt bitte auf den Großbildschirm lenken.«
    An der Wand gegenüber der Geschworenenbank waren zwei große Flachbildschirme angebracht, von denen einer leicht in Richtung Zuschauerraum geneigt war, damit auch die Prozessbeobachter die digitalen Präsentationen sehen konnten. Was auf den Bildschirmen erschien, steuerte Maggie mit dem PowerPoint-Programm ihres Laptops. Zusammengestellt hatte sie die Bildfolge in den vergangenen zwei Wochen und an den Wochenenden, an denen wir die Falldarstellung der Anklage entworfen hatten. Alle Fotos aus den alten Akten waren gescannt und in das Programm geladen worden. Jetzt rief sie das erste Beweisfoto des Prozesses auf. Eine Aufnahme des Müllcontainers, in dem Melissa Landys Leiche gefunden worden war.
    »Sehen wir hier die Mülltonne, in der Sie die Leiche des kleinen Mädchens gefunden haben, Mr. Johnson?«
    »Ja, das ist sie.«
    »Wie können Sie da so sicher sein, Sir?«
    »Wegen der aufgesprayten Adresse – fünfundfünfzig fünfzehn. Das habe ich damals gemacht. Das ist die Hausnummer des Theaters. Und ich kann auch sonst erkennen, dass das Foto hinter dem El Rey aufgenommen wurde. Ich arbeite dort schon sehr lange.«
    »Okay, und handelt es sich hier um das Bild, das sich Ihnen dargeboten hat, als Sie den Deckel des Containers hochgeklappt und hineingesehen haben?«
    Maggie rief das nächste Foto auf. Im Gerichtssaal war es bereits sehr still, aber als auf den Bildschirmen das Foto von Melissa Landys Leiche in der Mülltonne erschien, trat totale Stille ein. Nach den geltenden Beweisführungsregeln, wie sie vor kurzem in einer Entscheidung des Ninth District festgelegt worden waren, musste ich Möglichkeiten finden, den aktuellen Geschworenen alte Beweise zu präsentieren. Dabei konnte ich mich nicht auf die Ermittlungsunterlagen stützen. Ich musste Personen finden, die Brücken in die Vergangenheit schlugen, und die erste dieser Brücken war Johnson.
    Zunächst beantwortete Johnson meine Frage nicht. Er starrte nur wie jeder andere im Saal stumm auf den Bildschirm. Dann lief, unerwartet, eine Träne seine dunkle Wange hinunter. Es war perfekt. Hätte ich am Tisch der Verteidigung gesessen, hätte ich es mit Zynismus quittiert. Aber ich wusste, Johnsons Reaktion kam aus tiefstem Herzen, und das war auch der Grund, warum ich ihn als ersten Zeugen aufgerufen hatte.
    »Das ist sie«, brachte er schließlich hervor. »Das ist, was ich damals gesehen habe.«
    Ich nickte, während sich Johnson bekreuzigte.
    »Und was haben Sie getan, als Sie sie entdeckt

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