Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen
auf dem Parkplatz, und ich habe gesehen, wie von Abschleppwagen immer wieder neue Autos angebracht wurden.«
Ich konnte einfach nicht anders. Ich musste zu Royce und Jessup hinüberschauen, ob sie sich schon wanden. Ich stand im Begriff, ihnen die erste blutige Wunde des Prozesses beizubringen. Sie glaubten, Johnson wäre ein unwichtiger Zeuge, sprich: er würde lediglich den Mord und den Fundort der Leiche bestätigen, sonst nichts.
Aber da täuschten sie sich.
»Haben Sie sich erkundigt, was es damit auf sich hatte?«, fragte ich.
»Ja«, antwortete Johnson. »Ich habe einen der Fahrer gefragt, was sie da eigentlich machten, und er hat gesagt, sie würden aus einem Viertel in der Nähe Autos abschleppen und auf dem Parkplatz abstellen, damit die Besitzer vorbeikommen und zahlen und ihre Autos wieder abholen konnten.«
»Der Parkplatz wurde also nur kurzfristig zum Abstellen der Autos verwendet. Ist es das, was Sie damit sagen wollen?«
»Ja.«
»Und wussten Sie, wie die Abschleppfirma hieß?«
»Es stand auf den Fahrzeugen. Sie hieß Aardvark Towing.«
»Sie sagten ›auf den Fahrzeug
en
‹. Haben Sie dort denn mehr als ein Abschleppauto gesehen?«
»Ja, da waren zwei, wenn nicht sogar drei Abschleppautos.«
»Was haben Sie gemacht, nachdem Ihnen die Fahrer gesagt hatten, was sie dort machten?«
»Ich habe es meinem Chef erzählt, und der hat dann bei City Park angerufen, ob sie davon wüssten. Er dachte, es könnte vielleicht Ärger mit der Versicherung geben, vor allem mit Leuten, die sich ärgerten, weil sie abgeschleppt worden waren und so. Jedenfalls stellte sich heraus, dass Aardvark dort nichts zu suchen hatte. Sie hatten keine Genehmigung, die Autos dort abzustellen.«
»Was geschah dann?«
»Sie durften den Parkplatz nicht mehr benutzen, und mein Chef bat mich, aufzupassen, ob sie dort weiter abgeschleppte Autos abstellten, wenn ich am Wochenende im Theater arbeitete.«
»Dann haben sie also den Parkplatz hinter dem El Rey nicht mehr benutzt?«
»So ist es.«
»Und das war derselbe Parkplatz, von dem man die Mülltonne sehen konnte, in der Sie später Melissa Landys Leiche gefunden haben?«
»Jawohl, Sir.«
»Als Mr. Royce Sie vorhin gefragt hat, ob Sie den Angeklagten vor dem Tag des Mordes schon einmal gesehen hätten, haben Sie geantwortet: Sie glauben nicht, richtig?«
»Ja, das ist richtig.«
»Sie glauben nicht? Warum sind Sie sich nicht sicher?«
»Weil ich nicht ausschließen kann, dass er einer der Aardvark-Fahrer war, die ich auf dem Parkplatz gesehen habe. Deshalb kann ich nicht mit Sicherheit sagen, ob ich ihn vorher nicht doch schon einmal gesehen habe.«
»Danke, Mr. Johnson. Ich habe keine weiteren Fragen.«
26
Montag, 5. April, 10:20 Uhr
Z um ersten Mal, seit Bosch zu dem Verfahren hinzugezogen worden war, hatte er das Gefühl, dass Melissa Landy in guten Händen war.
Er hatte gerade verfolgt, wie Mickey Haller beim Prozess die ersten Erfolge errungen hatte. Er hatte ein kleines Puzzleteilchen, das Bosch ihm beschafft hatte, dazu benutzt, seinen ersten Treffer zu landen. Es war zwar nicht gleich ein K.o. gewesen, aber gesessen hatte der Schlag. Es war der erste Schritt, um zu beweisen, dass Jason Jessup mit dem Parkplatz und der Mülltonne hinter dem El Rey Theatre vertraut gewesen war. Das würde den Geschworenen noch vor dem Ende des Prozesses klarwerden. Was Bosch im Moment jedoch noch wichtiger fand, war die Art und Weise, wie Haller die Information eingesetzt hatte, die er ihm beschafft hatte. Er hatte es so hingestellt, als hätte die Verteidigung die Fakten des Falls, die dieses Detail ans Licht gebracht hatten, zu verschleiern versucht. Das war ein geschickter Schachzug gewesen, der Boschs Vertrauen in Hallers Fähigkeiten als Ankläger deutlich erhöhte.
Er holte Johnson an der Schranke ab und begleitete ihn auf den Flur hinaus, wo er ihm die Hand schüttelte.
»Das haben Sie gerade richtig gut gemacht, Mr. Johnson. Dafür können wir Ihnen gar nicht genug danken.«
»Das haben Sie doch bereits getan. Indem Sie diesen Mann für den Mord an dem kleinen Mädchen verurteilt haben.«
»Tja, so weit sind wir leider noch nicht, aber das ist, was wir vorhaben. Außer dass die meisten Zeitungsleser glauben, wir hätten es auf einen Unschuldigen abgesehen.«
»Nein, Sie sind schon hinter dem Richtigen her. Das weiß ich einfach.«
Bosch nickte. Er war ein wenig verlegen.
»Dann machen Sie’s mal gut, Mr. Johnson.«
»Sie stehen doch auf Jazz, Detective,
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