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Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Titel: Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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identifizieren sollte, war nicht auszuschließen, dass das Ganze vor Gericht wegen einer unzulässigen Suggestivfrage abgeschmettert würde – ihr wisst schon: ›War das der Mann?‹ Deshalb tat er das Nächstbeste, was ihm einfiel. Er nahm alle drei Fahrer in ihren Overalls zum Haus der Landys mit. Es waren alle drei Weiße zwischen zwanzig und dreißig. Alle drei trugen einen Firmenoverall. Um Zeit zu sparen und das Mädchen vielleicht noch lebend zu finden, verstieß Kloster gegen die Vorschriften. Sarah Landys Zimmer lag im Obergeschoss des Hauses. Nach vorne zur Straße raus. Kloster geht also mit dem Mädchen in ihr Zimmer und lässt sie aus dem Fenster auf die Straße schauen. Bei runtergelassener Jalousie. Dann gibt er seinem Partner über Funk durch, er soll die drei Typen aussteigen und sich auf der Straße aufstellen lassen. Und dann identifiziert Sarah nicht Wilbern, sondern deutet auf Jessup und sagt, der war’s.«
    Maggie sah die Dokumente vor sich durch und zog eine chronologische Aufstellung der Ermittlungsschritte zu Rate, bevor sie fortfuhr.
    »Die Identifizierung erfolgte um dreizehn Uhr. Das ist enorm schnell. Das Mädchen ist gerade mal zwei Stunden verschwunden. Sie fangen an, Jessup zu verhören, aber er rückt nicht mit der Sprache raus. Leugnet alles. Sie sind noch dabei, ihn auszuquetschen, ohne allerdings etwas aus ihm herauszubekommen. Und dann geht die Meldung ein. In einem Müllcontainer hinter dem El Rey Theatre am Wilshire Boulevard wurde die Leiche eines kleinen Mädchens gefunden. Das Theater war etwa zehn Blocks vom Haus der Landys im Windsor Boulevard entfernt. Als Todesursache wurde später manuelle Strangulation festgestellt. Sie war nicht vergewaltigt worden, und es war kein Sperma in Mund und Rachen.«
    An dieser Stelle unterbrach Maggie ihre Zusammenfassung. Sie sah erst Bosch an und dann mich und nickte zum Gedenken der Toten ernst.

6
    Dienstag, 16. Februar, 16:48 Uhr
    B osch gefielen ihr Auftreten und die Art, wie sie über den Fall sprach. Es war nicht zu übersehen, dass sie bereits Feuer gefangen hatte. Maggie McFierce, die kämpferische Maggie. Kein Wunder, dass sie so genannt wurde. Aber noch wichtiger war, dass sie sich auch selbst so sah. Er arbeitete zwar noch kaum eine Woche mit ihr zusammen, aber das war ihm schon in der ersten Stunde ihrer Bekanntschaft klargeworden. Sie wusste, worauf es ankam. Dass es nicht um Vorschriften und Verfahrensrichtlinien ging. Und nicht um Jurisprudenz und Prozessstrategien. Es ging darum, dass man dieses dunkle Etwas, von dem man wusste, dass es da draußen in der Welt war, zu fassen bekam und zu sich nach drinnen holte. Es zu etwas von sich machte. Es über einem inneren Feuer zu etwas Scharfem und Starkem schmiedete, das man in den Händen halten konnte, um sich damit zur Wehr zu setzen.
    Kompromisslos.
    »Jessup hat einen Anwalt verlangt und keine weiteren Aussagen mehr gemacht«, fuhr McPherson mit ihrer Zusammenfassung fort. »Ursprünglich stützte sich die Anklage bei ihrer Beweisführung auf die Identifizierung durch die ältere Schwester sowie auf Beweise, die in Jessups Abschleppwagen gefunden wurden. In der Ritze der Sitzbank steckten drei Haare des Opfers. Vermutlich hat er sie dort erwürgt.«
    »Und an dem Mädchen selbst war nichts?«, fragte Bosch. »Weder von Jessup noch vom Abschleppwagen?«
    »Nichts, was sich vor Gericht verwenden ließ. Die DNA wurde erst entdeckt, als ihr Kleid zwei Tage später im Labor untersucht wurde. Es gehörte eigentlich ihrer älteren Schwester. Die Kleine hatte es sich an diesem Tag nur geliehen. Vorne am Saum wurden Spermaspuren gefunden. Sie wurden selbstverständlich analysiert, aber damals kannte man im Strafrecht so etwas wie den genetischen Fingerabdruck noch nicht. Es wurde nur die Blutgruppe ermittelt. Sie war A positiv, die bei Menschen zweithäufigste Blutgruppe, die vierunddreißig Prozent der Bevölkerung haben. Jessup gehört ebenfalls dazu, aber das reichte nur aus, um ihn nicht von vornherein aus dem Kreis der Verdächtigen ausschließen zu müssen. Aus diesem Grund hielt es die Anklage für besser, diesen Punkt beim Prozess nicht zur Sprache zu bringen. Er hätte der Verteidigung nur die Möglichkeit geboten, die Geschworenen darauf hinzuweisen, dass der dafür in Frage kommende Personenkreis allein in Los Angeles County über eine Million Männer umfasste.«
    Bosch sah, wie McPherson ihrem Ex-Mann wieder einen dieser Blicke zuwarf. Als ob er für die

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