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Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Titel: Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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lächelte seine Ex-Frau an, aber sie reagierte nicht darauf.
    »Was ist mit der Schwester?«, fragte Bosch.
    McPherson richtete den Blick auf ihn.
    »Die Zeugin? Das ist unser zweites Problem. Falls sie noch am Leben ist, ist sie inzwischen siebenunddreißig. Es könnte schwierig werden, sie zu finden. Von den Eltern können wir keine Hilfe erwarten. Ihr leiblicher Vater starb, als sie sieben war. Ihre Mutter beging drei Jahre nach dem Mord auf Melissas Grab Selbstmord. Und ihr Stiefvater soff sich die Leber zu Schrott und starb vor sechs Jahren, während er auf ein Spenderorgan wartete. Ich habe einen der Ermittler eine rasche Computersuche durchführen lassen, der zufolge Sarah Landys Spur in San Francisco etwa zur gleichen Zeit abriss, zu der ihr Stiefvater starb. Sie kam ihren Bewährungsauflagen im Zuge einer Verurteilung wegen Drogenmissbrauchs nicht mehr nach und tauchte unter. Ihrer Akte zufolge war sie zweimal verheiratet und geschieden und wurde wiederholte Male wegen Drogenvergehen und sonstiger geringfügiger Straftaten festgenommen. Und dann verschwand sie, wie bereits gesagt, von der Bildfläche. Entweder ist sie gestorben, oder sie hat eine neue Identität angenommen. Aber selbst wenn sie ihren Namen geändert hat, müssten ihre Fingerabdrücke eine Spur hinterlassen haben, wenn sie in den letzten sechs Jahren wieder mit dem Gesetz in Konflikt gekommen wäre. Aber da gibt es nichts.«
    »Ohne sie rechne ich uns keine großen Chancen aus«, sagte Haller. »Wir brauchen eine konkrete und vor allem lebendige Person, die mit dem Finger über diese vierundzwanzig Jahre hinweg auf Jessup zeigt und sagt, er war’s.«
    »Das denke ich auch«, sagte McPherson. »Mit ihr steht und fällt die ganze Sache. Die Geschworenen müssen mit eigenen Ohren hören, wie diese Frau ihnen versichert, dass sie sich als Mädchen nicht getäuscht hat. Dass sie sich damals sicher war und dass sie sich jetzt sicher ist. Wenn wir sie nicht finden und überreden können, das zu tun, sind die Haare des Opfers das Einzige, worauf wir uns stützen können, während die Gegenseite die DNA hat, und die sticht alles aus.«
    »Und wir können einpacken«, sagte Haller.
    McPherson äußerte sich nicht dazu, aber das musste sie auch nicht.
    »Keine Sorge«, sagte Bosch. »Ich finde sie.«
    Die zwei Anwälte sahen ihn an. Das war jetzt nicht der Moment für leere Sprücheklopferei. Er meinte es ernst.
    »Wenn sie noch lebt«, fügte er hinzu, »finde ich sie.«
    »Gut«, sagte Haller. »Dann hat das ab sofort oberste Priorität für dich.«
    Bosch holte seinen Schlüsselbund heraus, klappte das kleine Taschenmesser auf, das daran befestigt war, und durchtrennte damit die rote Versiegelung der Beweismittelschachtel. Er hatte keine Ahnung, was in der Schachtel war. Die Beweise, die vor vierundzwanzig Jahren beim Prozess vorgelegt worden waren, befanden sich noch im Besitz der Staatsanwaltschaft. Diese Schachtel dagegen enthielt Beweise, die beim Prozess nicht verwendet worden waren.
    Bosch nahm ein Paar Latexhandschuhe aus seiner Tasche, zog sie an und öffnete die Schachtel. Obenauf lag eine Papiertüte mit dem Kleid des Opfers. Das überraschte ihn. Er hatte angenommen, das Kleid wäre beim Prozess als Beweisstück verwendet worden, und sei es auch nur, um in den Geschworenen Mitgefühl für das Opfer zu wecken.
    Beim Öffnen der Tüte breitete sich im Raum ein modriger Geruch aus. Bosch nahm das Kleid heraus und hob es an den Schultern hoch. Keiner von den dreien sagte ein Wort. Bosch hielt ein Kleidungsstück hoch, das ein kleines Mädchen bei seiner Ermordung getragen hatte. Es war blau, mit einer Schleife in einem dunkleren Blau. Auf der Vorderseite war ein fünfzehn mal fünfzehn Zentimeter großes Stück aus dem Saum geschnitten worden, die Stelle, auf der sich der Spermafleck befunden hatte.
    »Warum ist das Kleid in dieser Schachtel?«, fragte Bosch. »Haben sie es denn beim Prozess nicht verwendet?«
    Haller sagte nichts. McPherson beugte sich vor und betrachtete das Kleid aufmerksam, während sie nachdachte.
    »Ich glaube … sie haben es wegen des herausgeschnittenen Stücks Stoff nicht verwendet. Hätten sie das Kleid beim Prozess gezeigt, hätten sie der Verteidigung ermöglicht, Fragen zu dem herausgeschnittenen Stück zu stellen und das Thema Blutgruppe zur Sprache zu bringen. Und das wollte die Anklage bei der Präsentation der Beweise offensichtlich nach Möglichkeit vermeiden. Wahrscheinlich begnügten sie sich deshalb mit

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