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Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Titel: Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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nachzureichenden oder anhängigen Anträge gibt oder jemand Fragen zu Beweisstücken oder Zeugen oder sonst etwas hat, jetzt ist noch Zeit dafür. Wir haben eine Reihe anhängiger Anträge, zu denen ich als Erstes kommen möchte. Der Antrag der Anklage auf eine Neuverhandlung der Frage, ob der Angeklagte bestimmte Tattoos mit Schminke verdecken darf, ist abgelehnt. Wir haben uns mit diesem Punkt bereits in aller Ausführlichkeit befasst, und ich sehe keine Veranlassung, ihn noch weiter zu diskutieren.«
    Bosch beobachtete Jessup. Der Angeklagte saß zwar so, dass er sein Gesicht nicht erkennen konnte, aber er sah ihn zustimmend nicken, als die Richterin ihre erste Entscheidung verkündete.
    Anschließend ging Breitman eine Liste nebensächlicher Anträge beider Parteien durch. Es schien, als wolle sie es allen recht machen und keine Partei als klaren Favoriten herausstellen. Bosch entging nicht, dass sich McPherson zu jeder richterlichen Entscheidung ausführliche Notizen machte.
    Das alles war Teil des Wartens auf die maßgebende Entscheidung des Tages. Da für Sarah Gleasons Einvernahme beim Prozess McPherson zuständig wäre, hatte diese zwei Tage zuvor auch die mündlichen Entgegnungen auf den Antrag der Verteidigung übernommen. Bosch war zwar nicht bei der Verhandlung dabei gewesen, aber Haller hatte ihm erzählt, dass Maggie in ihrer gut vorbereiteten Entgegnung fast eine Stunde lang auf den Antrag eingegangen war, um diesen zurückzuweisen. Untermauert hatte sie ihre mündlich vorgetragenen Argumente mit einer achtzehnseitigen schriftlichen Antragsentgegnung. Die Anklagevertretung hatte großes Zutrauen in ihre Argumente, aber weder McPherson noch Haller kannten Richterin Breitman gut genug, um abschätzen zu können, wie sie entscheiden würde.
    »Und jetzt«, verkündete die Richterin, »kommen wir zum Antrag der Verteidigung, Sarah Ann Gleason nicht als Zeugin der Anklage zuzulassen. Dem Gericht wurden die Argumente, diese Angelegenheit betreffend, in großer Ausführlichkeit vorgelegt, und nun ist es so weit, eine Entscheidung zu treffen.«
    »Euer Ehren, könnte ich dazu noch etwas sagen?« Royce stand auf.
    »Mr. Royce«, sagte die Richterin, »ich sehe keinen Grund, weitere Diskussionen über dieses Thema zu führen. Sie haben den betreffenden Antrag gestellt, und ich habe Ihnen gestattet, auf die Entgegnung der Anklage zu antworten. Was gäbe es da noch mehr vorzubringen?«
    »Ja, Euer Ehren.«
    Royce setzte sich wieder, und alles, was er seinen Angriffen gegen Sarah Gleason hatte hinzufügen wollen, würde ein Geheimnis bleiben.
    »Der Antrag der Verteidigung wird abgelehnt«, verkündete die Richterin umgehend. »Allerdings werde ich der Verteidigung großen Spielraum einräumen, und zwar sowohl bei der Befragung der Zeugin der Anklage als auch bei der Präsentation ihrer eigenen Zeugen, wenn diese sich in Anwesenheit der Geschworenen zu Ms. Gleasons Glaubwürdigkeit äußern. Zugleich bin ich jedoch der Ansicht, dass die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit dieser Zeugin etwas ist, worüber sich die Geschworenen selbst ein Bild machen müssen.«
    Über den Saal legte sich kurzes Schweigen, als hielten alle kollektiv den Atem an. Weder die Anklage noch die Verteidigung zeigte eine Reaktion. Bosch wusste, dass es sich auch bei dieser Entscheidung um einen Kompromiss handelte und wahrscheinlich beide Parteien froh waren, wenigstens etwas erreicht zu haben. Gleason durfte als Zeugin aussagen, womit die Anklage auf der sicheren Seite war, aber zugleich gestattete die Richterin Royce, der Zeugin mit allem zu Leibe zu rücken, was ihm zu Gebote stand. Es käme also darauf an, ob Sarah stark genug war, seinen Angriffen standzuhalten.
    »Aber jetzt würde ich gern zum nächsten Punkt kommen«, fuhr die Richterin fort. »Lassen Sie uns zunächst über die Auswahl der Geschworenen und den zeitlichen Ablauf sprechen, und dann befassen wir uns mit den Beweismitteln.«
    Daraufhin erläuterte Richterin Breitman, wie sie sich den Ablauf des Voir dire vorstellte. Auch wenn sie beiden Parteien gestattete, den angehenden Geschworenen Fragen zu stellen, ließ sie dennoch keinen Zweifel daran, dass sie die dafür zur Verfügung stehende Zeit strikt begrenzen würde. Sie wollte bereits in dieser Phase zügig vorankommen und diese Gangart auch in die Hauptverhandlung mit hineinnehmen. Zudem begrenzte sie die Anzahl der peremptorischen Einreden – die Ablehnung eines Geschworenen ohne Angabe von Gründen – für beide

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