Harry Dresden 08 - Schuldig
erkennen, wie Forthill eine Hand auf Charitys Arm legte, um sie daran zu hindern, dem ersten Schlag weitere folgen zu lassen. Sie blitzte Forthill mit zusammengekniffenen Augen an, doch die Finger des Alten gruben sich in ihren Bizeps, bis sie ihm leicht zunickte und wieder in den Flur hinaustrat.
„Zieh dich an“, wies sie Molly mit befehlsgewohnter Stimme an. „Wir gehen.“
Das Mädel sah aus, als stünde es knapp davor, sich wo sie stand in ihre Einzelteile aufzulösen. Sie griff sich ihre Tasche, schlüpfte ins Bad und war innerhalb einer Minute vollständig angezogen.
„Es ist gar nichts passiert“, brummte ich, auch wenn die Worte, die mir über die Lippen drangen, sich eher wie: „Mrrrfffg ggggggghhh oooonnng“, anhörten.
„Vielleicht bin ich ja nicht in der Lage, Sie von meinem Mann fernzuhalten“, zischte Charity, und ihre Worte waren kalt und präzise. „Aber sollten Sie je wieder einem meiner Kinder zu nahe kommen, bringe ich Sie um. Danke, dass Sie mich angerufen haben.“
Sie ging, und die erschöpfte Molly trottete hinter ihr her.
„Es ist gar nichts passiert“, sagte ich erneut, diesmal in Forthills Richtung. Jetzt hörte es sich schon fast wieder nach anständigem Englisch an.
Er seufzte und blickte dem Paar nach. „Ich glaube Ihnen.“ Er warf mir ein Lächeln zu, das aus einem Teil Belustigung und vier Teilen Bedauern bestand und folgte Charity und Molly.
Murphy musste den Aufzug erreicht haben, ehe Charity und Forthill eingetroffen waren. Sie erschien in der Tür, blickte ins Hotelzimmer und sah dann in die Richtung, in die Charity verschwunden war. „Ah“, sagte sie. „Bist du in Ordnung?“
„Ich glaube schon“, seufzte ich.
Ihre Mundwinkel zuckten, doch sie schaffte es, ein Lachen oder Grinsen zu unterdrücken. „Das hättest du meiner Meinung nach kommen sehen sollen.“
„Mach dich nicht über mich lustig“, sagte ich. „Das tut weh.“
„Du hast schon Schlimmeres überlebt“, antwortete sie herzlos, „und es geschieht dir vollkommen recht, wenn du kleine Mädchen in dein Hotelzimmer lässt. Steh schon auf. Ich warte unten auf dich.“
Dann ging auch sie.
Mouse trabte zu mir herüber und begann, mich geduldig mit der Schnauze am Kinn zu stupsen und den blauen Fleck, den ich bereits im Ansatz fühlen konnte, mit Hundeküssen zu beschlabbern.
„Frauen verwirren mich“, gestand ich.
Mouse setzte sich, und sein Maul klappte zu einem Hundegrinsen auf. Ich stöhnte, rappelte mich wieder auf und machte mich erneut daran, den Umleitungsspruch vorzubereiten, während vor dem Fenster des Hotelzimmers die Sonne ihrem nächtlichen Rendezvous mit dem westlichen Horizont entgegeneilte.
24. Kapitel
I ch schloss die Tür wieder und beeilte mich, alles für das magische Leuchtfeuer vorzubereiten, das ich entzünden wollte, da ich mir sicher war, dass jede Sekunde zählte. Ich hatte nur einen Versuch, die Fresser in eine andere Richtung zu lenken, und so beendete ich meine Vorbereitungen in fieberhafter Hast.
Dann … geschah nichts.
Die Sonne ging unter, und ich saß großteils im Dunkeln, da ich mir nicht die Mühe gemacht hatte, Licht zu machen.
Dann… geschah für lange Zeit immer noch nichts.
Ich kniete in meinem Kreis aus Sand, bis sich meine Beine verkrampften und taub wurden und sich meine Knie anfühlten, als bade ich sie in geschmolzenem Blei.
All das Nichts, das passierte, strömte weiter fröhlich auf mich ein.
„Ach komm schon“, knurrte ich. „Können wir langsam mit dem Weltuntergang anfangen?“
Von dem Fleckchen bei der Tür, wo Mouse sich niedergelassen hatte, drang ein schweres Seufzen zu mir herüber.
„Oh, halt die Klappe“, schimpfte ich. Ich wagte nicht, eine Pause einzulegen. Wenn die bösen Buben ihren ersten Zug machten und ich nicht bereit war, würden Menschen zu Schaden kommen. Also kniete ich da und hielt den Spruch in meinen Gedanken bereit. Es war höllisch unbequem, und ich fluchte wie ein Rohrspatz in meinen nicht vorhandenen Bart. Dieser blöde, lahmarschige Beschwörer! Worauf zur Hölle wartete der eigentlich? Jeder auch nur halbwegs kompetente Bösewicht hätte seine Ungeheuer schon Stunden zuvor unten in den Hallen und Fluren Amok laufen lassen.
Mouses Schwanz trommelte gegen die Wand, eine Sekunde später gab das Schloss der Tür ein Klicken von sich, und Rawlins trat ein. Er trug Jeans und ein langärmeliges Hemd, das die Verbände an seinem verletzten Arm verbarg. In einer Hand hatte er eine
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