Harry Dresden 08 - Schuldig
Schattierungen zu hell war, um es für menschlich zu halten, spritzte auf den Boden um ihn herum.
„Ausgleichende Gerechtigkeit“, brummte Rawlins, der sich nicht die Mühe machte, zu verbergen, wie zufrieden er mit dem Ausgang der Situation war.
Madrigal brauchte einige Zeit, um sich wieder in den Griff zu bekommen und seine Stimme wiederzufinden. „Du bist erledigt“, flüsterte er, wobei seine Worte vor Schmerz zitterten. „Du feiges, mieses Schwein. Du bist so was von erledigt. Dafür wird Onkel dich vernichten.“
Thomas lachte und repetierte erneut. „Ich wage ernsthaft zu bezweifeln, dass es Vater auch nur das Geringste schert“, antwortete er. „Es würde ihm nichts ausmachen, einen Neffen zu verlieren, und schon gar nicht einen, der sich mit Abschaum wie dem Haus Malvora eingelassen hat.“
„Aha“, sagte ich, als ich zwei und zwei zusammenzählte. „Jetzt kapiere ich. Er ist wie sie.“
„Wie wer?“, fragte Thomas.
„Wie die Furchtfresser“, antwortete ich ruhig. „Er nährt sich an Angst wie du an Lust.“
Thomas schaute angewidert aus der Wäsche. „Ja. Eine ganze Menge Malvoras halten es so.“
Madrigals blasses, angespanntes Gesicht verzog sich zu einem bösartigen Grinsen. „Du solltest es auch einmal ausprobieren, lieber Vetter.“
„Das ist doch einfach nur krank, Mad“, antwortete Thomas. Ich konnte einen fast geisterhaften Unterton von Schwermut und Mitleid aus seiner Stimme heraushören, der so unterschwellig mitschwang, dass ich ihn nicht bemerkt hätte, hätten wir nicht zusammen gewohnt. Hölle, ich bezweifelte, dass er ihm selbst auffiel. „Das ist krank, und es macht dich krank.“
„Du nährst dich am Verlangen der Sterblichen nach dem kleinen Tod“, antwortete Madrigal und schloss halb die Augen. „Ich nähre mich an ihrem Verlangen nach dem wahren Stoff. Wir beide nähren uns, und letztlich töten wir beide. Es gibt keinen Unterschied.“
„Der Unterschied ist, wenn du einmal angefangen hast, kannst du nicht riskieren, dass deine Opfer die Behörden verständigen“, sagte Thomas. „Du behältst sie, bis sie tot sind.“
Madrigal stieß ein Gelächter aus. Es ging mir ziemlich an die Nerven, wie ehrlich es trotz der Situation, in der er sich befand, klang. Mich beschlich der Verdacht, dass dieser Vampir ziemlich durchgeknallt war.
„Thomas, Thomas“, flüsterte Madrigal. „Immer dieser selbstgefällige Weltschmerz. Immer so besorgt um die Rehlein und Böcke – als hättest du selbst noch nie von ihnen gekostet. Als hättest du noch nie gemordet.“
Wieder verwandelte sich Thomas ’ Gesicht in eine ausdruckslose Maske, doch in seinen Augen loderte plötzlich Zorn auf.
Wie als Antwort wurde Madrigals Grinsen immer breiter. Seine Zähne schimmerten im nächtlichen Dämmerlicht. „Ich habe mich in der letzten Zeit gut genährt. Du hingegen … na ja. Ohne deine kleine Hure mit ihren großen, dunklen Augen …“
Ohne die geringste Vorwarnung und ohne dass sich auch nur das geringste Gefühl auf Thomas ’ Miene zeigte, fauchte die Schrotflinte abermals auf und der Schuss traf Madrigal an den Knien. Weiteres viel zu helles Blut klatschte auf den Schotter.
Heilige Scheiße.
Madrigal ging wieder zu Boden und bog seinen Rücken vor Pein durch, während der Schmerz sein Kreischen zu einem leeren Echo eines echten Schreis erstickte.
Thomas pflanzte seinen Stiefel auf Madrigals Hals, und abgesehen von seinen vor Zorn lodernden Augen war sein Gesichtsausdruck absolut ruhig und gelassen. Er schob die nächste Patrone in den Lauf, nahm die Waffe in eine Hand und presste ihre Mündung an Madrigals Wange.
Madrigal erstarrte, bebte vor Schmerz, und seine Augen waren vor Verzweiflung weit aufgerissen.
„Sprich“, flüsterte Thomas kaum hörbar, „niemals wieder über Justine.“
Madrigal erwiderte nichts, doch meine Instinkte ließen abermals die Alarmglocken in meinem Kopf schrillen. Etwas an seiner Körperhaltung, etwas in seinen Augen sagte mir, dass er nur geschickt spielte. Er hatte das Gespräch bewusst auf Justine gebracht. Er nutzte Thomas ’ Gefühle für Justine aus, um uns abzulenken.
Ich fuhr herum und sah, dass Glau wieder auf die Beine gekommen war, als hätte er nicht soeben aus drei Metern Entfernung eine tödliche Ladung Schrot in die Brust bekommen. Er sprintete wie ein geölter Blitz über den Parkplatz auf den abgestellten Van zu, der etwa zwanzig Meter entfernt stand. Er lief absolut lautlos, weder knirschte Kies unter seinen
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