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Harry Dresden 08 - Schuldig

Harry Dresden 08 - Schuldig

Titel: Harry Dresden 08 - Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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nicht mit böser Absicht getan hast, hat nicht das Geringste zu bedeuten. Irgendwo tief in ihrem Innersten sind sich beide dessen bewusst, was du ihnen angetan hast. Sie werden versuchen, dagegen zu kämpfen, um ihre eigene Entscheidungsfreiheit wiederzuerlangen, und dieser Kampf wird ihre Psyche in Fetzen reißen.“
    Tränen fielen aus Mollys Augen. „A... aber …“
    Ich fuhr mit fester Stimme fort. „Rosie hatte Glück. Eventuell erholt sie sich in ein paar Jahren wieder. Aber Nelson ist wahrscheinlich bereits wahnsinnig. Möglich, dass er sich nie wieder fängt, und indem du ihnen das angetan hast, hast du auch in deinem eigenen Kopf ein ganz schönes Durcheinander angerichtet. Es wird dir schwerer fallen, deine Unüberlegtheit und deine Magie unter Kontrolle zu halten, was wieder zur Folge haben kann, dass dir auch dein restliches Leben entgleitet. Das ist ein Teufelskreis. Ich habe gesehen, wohin das führen kann.“
    Sie schüttelte mehrfach ruckartig den Kopf. „Nein. Nein, nein, nein.“
    „Jetzt verrate ich dir noch eine Tatsache“, sagte ich. „Der Weiße Rat hat sieben Gesetze der Magie. In den Gedanken anderer herumzupfuschen bricht eines davon. Wenn der Rat herausfindet, was du angestellt hast, wird man dich vor Gericht stellen und hinrichten. Das Verfahren, der Schuldspruch und die Exekution werden in nicht mal einer Stunde vorüber sein.“
    Sie verstummte, stierte mich an und weinte immer stärker. „Ein Gerichtsverfahren?“, wisperte sie.
    „Vor ein paar Tagen habe ich mit angesehen, wie sie einen Burschen hingerichtet haben, der dasselbe Gesetz gebrochen hatte.“
    Sie schien sich von ihrer Bestürzung kaum mehr erholen zu können. Ihre tränenerfüllten Augen zuckten aufgeregt hin und her. „Aber … ich habe das doch nicht gewusst.“
    „Egal“, erwiderte ich.
    „Ich wollte niemandem Schaden zufügen.“
    „Dito.“
    Sie stieß ein halbersticktes Schluchzen aus und schlang die Arme um sich. „Aber … das ist nicht fair.“
    „Was ist schon fair?“, antwortete ich leise. „Noch etwas solltest du wissen. Ich bin ein Wächter des Weißen Rates. Es ist meine Pflicht, dich vor ihn zu bringen.“
    Sie starrte mich einfach an. Ihr Kummer, ihre Einsamkeit und ihre Schuldgefühle waren ihr deutlich anzusehen. Gott steh mir bei, sie sah genauso aus wie das kleine Mädchen, dem ich Jahre zuvor in Michaels Haus zum ersten Mal begegnet war. Ich musste mir selbst einschärfen, dass etwas anderes, etwas Finsteres hinter den blauen Augen des Mädchens lauerte. Der brüllende Zorn, die Verleugnung – auch sie waren ein Teil ihres Wesens, den sie in dem Moment verdreht hatte, in dem sie die Gedanken anderer verändert hatte.
    Ich wünschte mir sehnlichst, ich hätte diese andere Seite nicht bemerkt, denn ich wollte den Gedanken nicht zu Ende denken, der sich daraus ergab. Molly hatte die Gesetze der Magie gebrochen. Sie hatte anderen unabschätzbaren Schaden zugefügt. Möglich, dass ihre defekte Psyche einfach nachgab und sie in den Wahnsinn riss.
    Was wiederum bedeutete, dass sie gefährlich war.
    Wie eine tickende Zeitbombe.
    Angesichts der Gesetze der Magie war es nicht von Bedeutung, dass sie nur die besten Absichten gehegt hatte. Sie war genau zu so einer Person geworden, für die die Gesetze der Magie – und ihre Richtsprüche – ursprünglich erdacht worden waren.
    Doch wenn die Gesetze jemanden im Stich ließen, dem sie eigentlich ein Leitfaden sein sollten, musste jemand anderes die Scherben aufkehren – und das war in diesem Fall ich. Es bestand eine Möglichkeit, ihr Leben zu retten. Keine besonders große Chance, aber die beste, die sie jetzt noch bekommen würde. Mal angenommen, sie war noch nicht zu weit in die Dunkelheit abgeglitten.
    Ich kannte nur einen Weg, es zweifelsfrei herauszufinden.
    Ich blieb in dem dunklen Gang stehen und wandte mich zu ihr um. „Molly. Weißt du, was ein Seelenblick ist?“
    „Das … ich habe gelesen, dass der passiert, wenn man jemand anderem in die Augen sieht. Man sieht jemanden, wie er wirklich ist.“
    „Das kommt der Sache sehr nahe“, antwortete ich. „Hast du ihn je durchgeführt?“
    Sie schüttelte den Kopf. „Im Buch stand, das sei gefährlich.“
    „Das kann sein“, stimmte ich zu. „Wenn auch wahrscheinlich nicht aus dem Grund, den du dir vielleicht vorstellst. Wenn du jemand anderen auf diese Weise ansiehst, kann dein Gegenüber die Wahrheit darüber, wer er oder sie wirklich ist, nicht verbergen. Du siehst alles. Das

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