Harry Dresden 08 - Schuldig
kleinen, silbernen Wasserkrug goss. Ich holte die Ritualgegenstände, platzierte sie sorgfältig und war soweit fertig.
Dann bereitete ich mich vor. Ich entzündete Sandelholzräucherwerk und weitere Feenkerzen im Badezimmer, drehte die Dusche auf und ging Schritt für Schritt meine Waschroutine durch, wobei ich in Gedanken immer bei der Aufgabe war, die vor mir lag. Das Wasser, das über meinen Körper rann, würde alle zufälligen magischen Energien wegspülen, was für den Zauber von höchster Bedeutung war – denn wenn ich die Energien des Zaubers mit fremder Magie verschmutzte, würde er misslingen.
Dann war ich im Bad fertig, trocknete mich ab und schlüpfte in meine weiße Robe. Danach kniete ich mich auf den Boden, die Hände am Ansatz der Leiter, die in mein Labor hinab führte, schloss die Augen und begann zu meditieren. Genau so, wie ich verhindern konnte, dass fremde Energien in das Ritual sickerten, musste ich unbedingt sicherstellen, dass irgendetwas die Reinheit meines Denkens beeinträchtigte. Abschweifende Gedanken, Sorgen, Ängste und unkontrollierte Gefühle würden den Spruch ebenfalls sabotieren. Ich konzentrierte mich auf meinen Atem, darauf, in meinen Gedanken absolute Ruhe zu finden, und spürte, wie ich leicht fröstelte, als sich mein Herzschlag verlangsamte. All die Sorgen des Tages, meine Schmerzen und mein Denken an die Zukunft – all das hatte zu verschwinden. Ich nahm mir Zeit, mich gedanklich darauf einzustimmen, und als ich meine Vorbereitungen beendet hatte, war die Nacht seit zwei Stunden hereingebrochen. Im Hinterkopf registrierte ich dunkel, dass meine Knie schmerzten.
Ich öffnete die Augen, und meine Umgebung erschien mir in einer brillanten Schärfe. Nichte existierte außer mir selbst, meiner Magie und dem Ritual, das mich erwartete. Es war eine lange, kraftraubende Vorbereitung gewesen, und ich hatte noch nicht einmal angefangen, Magie zu wirken. Doch wenn mir der Spruch helfen konnte, die bösen Buben dingfest zu machen, hatte ich meine Zeit gut investiert.
Schweigen und Konzentration beherrschten alles.
Ich war bereit.
Dann begann das Scheißtelefon einen halben Meter neben meinem Kopf zu scheppern.
Gut möglich, dass ich einen extrem unmännlichen Ton ausstieß, als ich furchtbar erschrak. Meine von meiner Haltung tauben Knie befolgten meine Befehle bei weitem nicht so, wie ich es mir gewünscht hatte, und ich sackte ungeschickt zur Seite und ließ mich auf eine Couch fallen.
„Verdammt“, brüllte ich frustriert. „Verdammt, verdammt, verdammt!“
Mouse sah von seinem faulen Dösen auf und legte mit nach vorn gerichteten Ohren den Kopf zur Seite.
„Was gibt es da zu glotzen?“, knurrte ich.
Mouses Maul öffnete sich zu einem hündischen Grinsen, und er wedelte mit dem Schwanz.
Ich rieb mir mit den Händen übers Gesicht, während mein Telefon fröhlich weiterklingelte. Es war schon eine Weile her, dass ich Magie gewagt hatte, die ein solches Maß an Konzentration erforderte, und zugegebenermaßen bekam ich auch nicht wirklich viele Anrufe, dennoch hätte ich mich daran erinnern müssen, das Telefon auszustöpseln. Vier Stunden Vorbereitung umsonst.
Das Telefon hörte nicht auf zu läuten, und mein Schädel brummte munter im Takt dazu. Alles tat mir weh. Blödes Telefon. Blöder Autounfall. Ich versuchte, positiv zu denken, da ich irgendwo gelesen hatte, dies sei besonders in Zeiten von Stress und Frustration wichtig. Wer auch immer das geschrieben hatte, wollte höchstwahrscheinlich etwas verkaufen.
Ich angelte mir den Hörer und knurrte: „Scheiß auf positives Denken!“
„Ähm“, sagte die Stimme einer Frau. „Was haben Sie gesagt?“
„Scheiß auf positives Denken!“, brüllte ich. „Was zur Hölle wollen Sie?“
„Nun. Vielleicht habe ich mich verwählt. Ich wollte eigentlich Harry Dresden sprechen.“
Ich runzelte die Stirn, und mein Verstand begann, Details auszumachen, obwohl meine miese Laune das Ruder übernehmen wollte. Die Stimme klang irgendwie vertraut; voll, gleichmäßig, erwachsen – doch im Sprachmuster der Sprecherin konnte ich auch ein gewisses Zögern erkennen. In ihren Worten lag auch eine seltsame Undeutlichkeit. Möglicherweise ein Akzent?
„Am Apparat“, brummte ich. „Höllisch sauer, aber am Apparat.“
„Oh. Habe ich einen schlechten Zeitpunkt erwischt?“
Ich rieb über meine Augen und verbiss mir eine giftige Antwort. „Wer spricht denn da?“
„Oh“, sagte sie, als hätte die Frage sie
Weitere Kostenlose Bücher