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Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Titel: Harry Dresden 09: Weiße Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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vorsichtshalber den Blick ab und senkte schließlich meinen Sprengstock. Ich legte eine Hand auf Ramirez’ Handgelenk. „Immer langsam mit den jungen Pferden. Das ist ein Freund.“
    Ramirez schielte mich an und senkte die Schusswaffe. Mouse trottete schwanzwedelnd zur Tür.
    „Wer ist es?“, fragte Ramirez.
    Die Tür schrammte einen guten weiteren halben Meter auf, und Molly schlüpfte ins Wohnungsinnere.
    Sie hatte ihre Gruftklamotten zu Hause gelassen. Auch ihre Piercings glänzten durch Abwesenheit – Nasenringe waren ja eine ganz tolle modische Aussage, aber in einem Kampf waren sie keine so brillante Idee. Ihre Garderobe war auch nicht zerrissen. Sie trug schwere, weite Jeans, die aber nicht so weit unten an ihrer Hüfte saßen, dass man fürchten musste, dass sie jeden Augenblick nach unten rutschen und Molly stolpern lassen würden, wenn sie auch nur mit der Wimper zuckte. Ihre Kampfstiefel hatte sie ihrer grellbunten Schnürsenkel beraubt. Sie trug ein dunkles T-Shirt mit einem Metallica-Logo und einen Militärgürtel mit einem Kampfmesser und einem kleinen Erste-Hilfe-Beutel, wie ich ihn auch bei ihrer Mutter während eines Kampfes gesehen hatte. Sie hatte eine dunkelgrüne Baseballkappe aufgesetzt und ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst und darunter geklemmt, um niemandem zu erlauben, sie bequem daran packen.
    Molly sah uns nicht an. Sie begrüßte zuerst Mouse, indem sie sich auf die Knie niederließ und ihn heftig umarmte. Dann stand sie auf, drehte sich in meine Richtung und sah auf. „Äh. Hi, Harry. Hallo, Wächter Ramirez.“
    „Molly“, erwiderte ich mit neutraler Stimme. „Ist dies das dritte oder vierte Mal in zwei Tagen, dass ich dir befehle, zu Hause zu bleiben, und du mich ignorierst?“
    „Ich weiß“, sagte sie und sah auf ihre Füße. „Aber … Ich würde gerne mit dir reden.“
    „Ich bin beschäftigt.“
    „Ich weiß. Aber es ist echt dringend. Bitte.“
    Ich atmete schwer aus und linste zu Ramirez hinüber. „Kannst du mir einen Gefallen tun und den Käfer auftanken? Die nächste Tankstelle ist zwei Blocks weiter die Straße runter.“
    Carlos sah zwischen Molly und mir hin und her, zuckte dann die Achseln und nickte. „Ja. Klar.“
    Ich kramte die Schlüssel aus meiner Tasche und warf sie ihm zu. Carlos fing sie mit lässiger Gewandtheit, nickte Molly zu und verschwand.
    „Schließ die Tür“, befahl ich.
    Dem kam sie nach, indem sie ihren Rücken gegen die Türe presste und mit beiden Beinen anschob. Es kostete sie einige angestrengte Grunzlaute und ein paar Gramm Würde, doch sie schaffte es.
    „Du bekommst ja kaum die Türe zu“, schnaubte ich, „und du glaubst, du bist bereit, dich mit dem Weißen Hof anzulegen?“
    Sie schüttelte den Kopf und wollte zu sprechen beginnen.
    Ich schnitt ihr das Wort ab. „Schon wieder ignorierst du mich, und schon wieder bist du hier, obwohl ich dir befohlen habe fortzubleiben.“
    „Ja“, stammelte sie. „Aber …“
    „Aber du bist der Meinung, ich sei ein beschissener Vollidiot, der zu dämlich ist, diese Entscheidungen selbst treffen zu können und willst trotzdem mitkommen.“
    „So ist das nicht“, schniefte sie.
    „Nein?“, knurrte ich und schob mein Kinn aggressiv nach vorn. „Wie viele Perlen kannst du bewegen?“
    „Aber …“
    Ich brüllte: „Wie viele Perlen?“
    Sie wich mit einem unglücklichen Gesichtsausdruck vor mir zurück. Dann hob sie das Armband und ließ es mit den schweren, schwarzen Perlen am unteren Ende der Schnur zwischen ihren Fingern herabbaumeln. Sie fixierte es. Ihre blauen Augen waren ermattet und müde. Sie biss sich auf die Lippe.
    „Harry?“, fragte sie verzweifelt.
    Sie klang sehr jung.
    „Ja?“, entgegnete ich sanft.
    „Warum ist das von Bedeutung?“, fragte sie und starrte auf das Perlenarmband.
    „Es ist von Bedeutung, wenn du mich begleiten willst“, entgegnete ich leise.
    Sie schüttelte den Kopf und blinzelte einige Male. Das konnte aber eine Träne nicht vollständig aufhalten. „Aber das ist es doch. Ich … ich will ja überhaupt nicht gehen. Ich will nicht sehen, wie …“ Sie schielte zu Mouse hinüber und schauderte. „Blut und so. Ich kann mich nicht erinnern, was geschehen ist, als du und Mutter mich aus Arctis Tor gerettet habt. Aber ich will nichts mehr davon sehen. Ich will nicht, dass so etwas passiert. Ich will niemandem wehtun.“
    Ich stieß einen ausdruckslosen Laut aus. „Warum bist du dann hier?“
    „W... weil“, stammelte sie und

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