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Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Titel: Harry Dresden 09: Weiße Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Ferienhäuschen zu erstehen.
    Château Raith war von einem Wald aus gigantischen, uralten Bäumen umgeben, fast so, als hätte man einen Teil von Sherwood Forest in Großbritannien ausgebuddelt und hier wieder eingegraben. Von den umliegenden Straßen aus konnte man nicht das kleinste Fitzelchen des Anwesens erspähen. Ich wusste, man musste gut achthundert Meter durch den Wald rennen, um zur eigentlichen Anlage zu gelangen, die ebenfalls riesig war.
    Übersetzung: Zu Fuß bestand nicht die geringste Chance, von Château Raith zu entfliehen. Nicht, wenn Vampire einem auf den Fersen waren.
    Das Anwesen wies allerdings eine Neuerung auf. Die drei Meter hohe Steinmauer war noch dieselbe, aber nun thronte darauf eine doppelte Spirale aus Stacheldraht, und in regelmäßigen Abständen waren Scheinwerfer an der Außenseite der Mauer angebracht. In ebenso regelmäßigen Abständen machte ich Sicherheitskameras aus. Der alte Lord Raith hatte diesen zeitgemäßen Sicherheitsmaßnamen immer den Schutz seiner eigenen, unglaublichen Arroganz vorgezogen. Lara jedoch schien bereit zu sein, sich auf neumodische Bedrohungen einzustellen, auf ihr sterbliches Sicherheitsteam zu hören und die Gegenmaßnahmen umzusetzen, die dieses empfahl. Das hielt mit Sicherheit das sterbliche Gesindel draußen, und der Rat hatte jede Menge sterblicher Verbündeter.
    Was noch viel wichtiger war: Das sagte einiges darüber aus, wie Lara ihre Herrschaft führte. Sie besorgte sich fähige Untergebene und hörte auf sie. Sie mochte nicht so erdrückend selbstsicher wie Lord Raith gewirkt haben – doch andererseits war der nicht mehr Herr im eigenen Hause, auch wenn das in der magischen Gemeinschaft kaum jemand wusste.
    Ich grübelte darüber nach, dass ich dem Rat und der Welt höchstwahrscheinlich einen Bärendienst erwiesen hatte, indem ich Lara ermöglicht hatte, die Herrschaft an sich zu reißen. Lord Raith war würdig und spröde gewesen. Mich beschlich das Gefühl, dass Lara als De-facto-Königin um einiges fähiger und gefährlicher war.
    Da stand ich nun und war drauf und dran, ihre Machtbasis noch weiter zu festigen.
    „Halt an“, wies ich Molly an. Die Tore zum Château waren noch gut vierhundert Meter die Straße runter. „Näher kommst du nicht!“
    „In Ordnung“, sagte Molly und fuhr den Käfer an den Straßenrand auf der anderen Straßenseite. Ich stellte anerkennend fest, dass jeder, der sich ihr nähern wollte, zuerst einmal eine breite Asphaltfläche würde überqueren müssen.
    „Mouse“, sagte ich. „Du bleibst bei Molly und hältst die Ohren gespitzt, falls wir dich brauchen. Gib auf sie acht.“
    Mouse musterte mich vom Rücksitz aus, wo er mit Ramirez saß, mit einem unglücklichen Ausdruck, doch dann legte er mir sein zotteliges Kinn auf die Schulter. Ich umarmte ihn kurz und versicherte ihm mit ruppiger Stimme: „Mach dir keine Sorgen, alles wird gut.“
    Sein Schwanz pochte gegen den Rücksitz, dann rückte er zur Seite und legte sein Kinn auf Mollys Schulter. Sie begann umgehend, ihn beruhigend hinterm Ohr zu kraulen, auch wenn sie selbst alles andere als zuversichtlich drein sah.
    Ich lächelte das Mädchen an und stieg aus. Die Sommerdämmerung verblasste schnell am Horizont, und es war viel zu heiß für meinen Staubmantel. Ich hatte ihn trotzdem angelegt, und nun fügte ich seinem Gewicht auch noch den grauen Umhang der Wächter hinzu. Unter all dem Fummel trug ich ein weißes Seidenhemd, Cargohosen aus dicker, dunkler Baumwolle und Wanderstiefel.
    „Hut“, murmelte ich. „Sporen. Das nächste Mal, das schwöre ich.“
    Ramirez stieg aus dem Käfer. Granaten, Kanone und Kung-Fu-Schwert hingen an seinem Gürtel, und er umklammerte seinen Stab sicher mit der rechten Hand. Er hielt kurz inne, um einen Handschuh überzuziehen, der aus schwerem Leder gefertigt war, auf das schmale, mit aztekischen oder olmekischen Piktogrammen verzierte Metallstreifen gearbeitet waren.
    „Der ist neu“, bemerkte ich.
    Er zwinkerte mir zu, und wir überprüften unsere Ballermänner. Mein .44er Revolver glitt daraufhin wieder in meine Manteltasche, seiner ins Holster.
    „Sicher, dass du nicht ein oder zwei Granaten willst?“, fragte er.
    „Ich fühle mich mit Handgranaten nicht wohl“, winkte ich ab.
    „Wie du willst“, erwiderte er. „Wie sieht es mit dir aus, Molly?“
    Er wandte sich mit einer seiner Granaten in der Hand zum Auto um.
    Doch der Wagen war verschwunden, und trotzdem konnte man den Motor im Leerlauf

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