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Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Titel: Harry Dresden 09: Weiße Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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die Arbeit. Die Uhr tickte gnadenlos, und mir blieb nichts anderes zu tun, als die Zeit bis zum Einbruch der Nacht und dem Kampf, der dann folgen würde, totzuschlagen.

34. Kapitel
    I ch ließ Mister nach seinem morgendlichen Spaziergang , der an diesem Tag irgendwann zwischen drei und vier in der Nacht sein Ende fand, wieder in die Wohnung. Mister besaß einen Streifzugsterminplan, dessen Änderungen so rätselhaft waren, dass ich sie noch nie hatte vorhersagen können. Dann führte ich Mouse in der kleinen Zone im Hinterhof der Pension Gassi, die zu diesem Zweck abgesteckt worden war.
    Tick, tack, tick, tack.
    Ich polierte meinen Stab mit etwas Schleifpapier, wienerte etwas Dreck von einem Ende und kratzte etwas Ruß von der Spitze. Ich klaubte meine silbernen Schlachtringe auf und steckte sie in den Beutel am Sandsack in der Ecke. Eine halbe Stunde auf diesen einzudreschen würde sie zwar nicht ganz aufladen, doch wenig war besser als nichts.
    Tick, tack.
    Nach meinem Morgentraining duschte ich. Ich putzte mein Schießeisen und lud es. Ich schob meinen Beistelltisch und meine Couch zur Seite, um meinen Mantel auf dem Boden auszubreiten und auch diesen zu putzen, wobei ich teuflisch aufpasste, die Schutzzeichen nur ja nicht durcheinander zu bringen, die ich mit einer Tätowiernadel und schwarzer Tinte ins Leder gehämmert hatte.
    Langer Rede kurzer Sinn: Ich tat alles, um mich davon abzuhalten, an Anna Ashs Leiche in der billigen, sauberen Dusche in dem winzigen Hotelzimmer zu denken, während die Zeit an mir vorbeikroch.
    Tick, tack.
    Um viertel nach sechs klopfte es. Ich spähte durchs Guckloch. Draußen stand Ramirez in einem ärmellosen, weinroten Basketballshirt, schwarzen, kurzen Hosen und Flipflops. Über seine Schulter hatte er sich eine Sporttasche geworfen, und in seiner Rechten hielt er einen Stab, der trotz unseres Altersunterschiedes fast ebenso kampfgezeichnet war wie mein eigener. Er stampfte mit dem Ende seines Stabes auf den Betonboden vor der Tür auf, ohne die Tür zu berühren.
    Ich entschärfte die Schutzzeichen und öffnete die stählerne Sicherheitstür. Ich brauchte nicht mal fünf oder sechs heftige Rüttler, um sie ganz aufzuziehen.
    „Ich dachte, du wolltest das reparieren lassen“, sagte Ramirez zu mir. Er linste durch die Tür, ehe er ins Innere der Wohnung schlüpfte. Ich wusste, dort draußen mussten alle fest verankerten Schutzzeichen auf seine Sinne einstürmen wie ein Elektrorasierer von der Größe einer Lokomotive, auch wenn sie für den Augenblick deaktiviert waren. „Mein Gott, Harry. Du hast ganz schön aufgerüstet.“
    „Ich muss Mollys Talent irgendwie in Schwung bringen.“
    Er bedachte mich mit einem anzüglichen Grinsen. „Darauf wette ich.“
    „Jetzt reiß darüber bloß keine Witze, Alter“, grummelte ich ohne Zorn in der Stimme. „Ich kenne die Kleine, seit sie Zöpfe trug.“
    Ramirez Mund klappte auf, doch er hielt inne, zuckte die Achseln und nuschelte: „Tschuldigung.“
    „Kein Problem.“
    „Aber da ich nun mal kein alter Mann bin, dessen Sexualtrieb wegen Vernachlässigung vertrocknet ist …“
    (Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich mochte Carlos. Aber es gab Zeiten, in denen sein Mundwerk schneller war als sein Verstand, und dann wollte ich ihm einfach nur in die Fresse hauen, bis es Zähne regnete.)
    „… ich wäre sicher der Erste, der zugibt, dass er für sie schon irgendeinen Nutzen finden würde. Das Mädchen ist in Ordnung.“ Er runzelte die Stirn und sah sich um – wenn auch ein wenig nervös. „Äh. Molly ist doch nicht hier, oder?“
    „Nein“, versicherte ich ihm. „Ich will sie bei dieser Operation nicht dabei haben.“
    „Oh“, sagte er. Aus seinem Tonfall hörte ich sowohl Einverständnis als auch Enttäuschung heraus. „Gut. Hallo, Mouse.“
    Mein Hund kam herübergetrottet, um Ramirez mit einem feierlichen Pfotenschütteln und einem begeisterten Schwanzwedeln zu begrüßen. Ramirez zückte ein Stoffbeutelchen und warf es zu Mister hinauf, der auf seinem Lieblingsfleckchen hoch auf meinen Bücherregalen lag. Mister brach augenblicklich in Ekstase aus, presste den Beutel mit einer Pfote auf das Holz und rieb seine Schnurrhaare daran.
    „Ich bin ein entschiedener Gegner von Freizeitdrogen“, ließ ich Ramirez wissen.
    Er verdrehte die Augen. „Ist ja gut, Papi. Aber da wir ja alle wissen, wer wirklich der Herr im Hause ist …“ Ramirez hob die Hand, um Mister mit einem Finger hinter den Ohren zu streicheln. „Ich

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