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Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Titel: Harry Dresden 09: Weiße Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Schoßtornado langsamer wurde. Mehrere Ghule hatten es geschafft, ihre Krallen in die Planken des Decks zu rammen, sich festzuhalten und somit nicht über Bord zu gehen.
    „Das ist schlecht, das ist schlecht, das ist schlecht“, sagte Thomas.
    „Ich weiß!“, rief ich ihm zu. Ein Blick über die Schulter zeigte mir Olivias bleiches Gesicht auf der Treppe und hinter ihr die weiteren Frauen und Kinder. „Zu Fuß werden wir es nie hier heraus schaffen. Diese Anlegestellen sind vom Ufer abgeschnitten!“
    Thomas betrachtete prüfend das Boot. „Wir können auch nicht ablegen.“
    „Harry!“, keuchte Elaine. Die Blitze begannen, aus ihrem Zauber zu weichen, und das Tosen des Sturmes wurde leiser. Langsam eroberte der hässliche, schwarze Rauch das Deck zurück.
    Ghule sind schwer umzubringen. Ich hatte zwei vernichtet, Elaine einen dritten, doch die anderen waren jetzt einfach nur stinksauer, weil wir ihnen wiederholt mit unseren Energiebolzen in die Fresse getreten hatten, und das Bad im kalten See beruhigte sie auch nicht gerade.
    Kalter See.
    Aha. Ein Plan.
    „Halte das!“, brüllte ich Thomas an und hielt ihm meinen Stab hin. „Erkauf mir ein paar Sekunden!“ Ich wirbelte auf dem Absatz zu Olivia herum und befahl: „Sammeln Sie den Rest ein und bereiten Sie sich vor, mir zu folgen!“
    Olivia gab das an die Frau hinter sich weiter, während ich eilig die Knoten löste, mit denen mein Sprengstock in meinem Staubmantel befestigt war. Ich riss den Sprengstock heraus und blickte zu der Reling hinüber, von der aus gesehen das Ufer am weitesten entfernt lag. Hinter etwa zehn Metern offener Wasserfläche konnte ich die vagen Umrisse der nächste Reihe Docks ausmachen.
    Thomas erblickte den Sprengstock und fluchte leise in seinen Bart, doch er führte meinen Stab mit Eleganz und Stil – so wie übrigens fast alles –, als er an Elaine verblassendem Zauber vorbeisprang, um auf die Ghule einzuprügeln.
    Manchmal musste ich mich willentlich erinnern, dass Thomas kein Mensch war, egal, wie sehr er einem ähneln mochte, und verdrängen, dass es sich darüber hinaus um meinen Bruder handelte. Dann wieder rief Thomas mir mit Gewalt in Erinnerung, was er wirklich war.
    Ghule waren stark und widerlich schnell (mit Betonung auf widerlich). Als Thomas sich aber der dunkleren Seite seines Wesen hingab, ließ sie das dastehen wie die gesichtslosen Statistenhorden in einem Arnold-Schwarzenegger-Streifen. Wie Rauch bewegte er sich durch ihre Reihen, das schwere Eichenholz meines Stabes durchzuckte die Luft, wirbelte, stieß vor und kreiste dann wieder in die Gegenrichtung, während er die Angreifer mit übernatürlicher Macht in Schach hielt. Ich wollte in diesem Kampf an seiner Seite stehen, aber das würde uns aus diesem Hinterhalt keinen Ausweg bieten, und das wiederum war unsere einzige Überlebenschance.
    Statt ihm also zu Hilfe zu eilen, umklammerte ich meinen Sprengstock, konzentrierte mich und begann, jedes Fitzelchen Energie, das ich an mich reißen konnte, zu bündeln. Dieser Zauber würde jede Menge Saft brauchen, doch wenn er funktionierte, konnten wir verduften. Dieser Gedanke spukte mir ständig durch den Hinterkopf, als ich mit halbgeschlossenen Augen wie angewurzelt dastand, während mein Bruder um sein Leben kämpfte.
    Thomas war in einer völlig anderen Gewichtsklasse als jeder einzelne Ghul, der ihm gegenüberstand, aber auch wenn er ihnen furchtbare Schmerzen zufügen konnte, war eine Wuchtwaffe nicht das richtige Werkzeug, um sie tatsächlich zu töten. Er musste schon Wirbel zerschmettern oder den Schädel einschlagen, um einen auf die Bretter zu schicken. Wenn er je lange genug innegehalten hätte, um sich darauf zu konzentrieren, einen einzelnen Ghul zu vernichten, den er für kurze Zeit außer Gefecht gesetzt hatte, hätte ihn der Rest einfach überrannt. Er wusste das, und sie wussten es ebenfalls. Sie kämpften mit dem unüberlegt effizienten Instinkt des Rudels und waren sicher, ihre Beute in Kürze ausreichend ermüdet zu haben.
    Streichen Sie das. So lange würde es nicht mehr dauern. Sobald uns der Rauch wieder umfing, würden uns höchstens zwei bis drei Minuten bleiben, bis uns die Erschöpfung, die Angst und das ständige Würgen übermannt hatten. Darüber hinaus hatten die Schüsse und das Gebrüll sicher zu Dutzenden Notrufen bei der Polizei geführt. Ich war sicher, dass ich schon in einer Minute Sirenen hören würde, vorausgesetzt, dass das Ohr, das mein Bruder unversehrt gelassen

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