Harry Dresden 11: Verrat: Die dunklen Fälle des Harry Dresden (German Edition)
dem mordlüsternen Affen den Arsch retten willst.“
„Ich brauche das Medizinzeug, das ich bei dir untergestellt habe.“
Er stand auf und ging zum Flurschrank, der bis zum Stehkragen mit allem möglichen Haushaltszeug vollgestopft war, das sich nun mal ansammelt, wenn man irgendwo länger haust. Irgendwo zwischen dem Krempel fand er einen weißen Werkzeugkoffer mit aufgemaltem roten Kreuz, den er herauszog, während er gleichzeitig seelenruhig einen Baseball fing, der sich in einem der oberen Regale selbstständig gemacht hatte und es auf seinen Kopf abgesehen zu haben schien. Er schloss den Schrank, holte eine Kühltasche aus dem Kühlschrank und stellte sie und die Werkzeugkiste neben der Couch auf den Boden.
„Sag jetzt bitte nicht, mehr könnte ich nicht für dich tun“, sagte er.
„Mach ich nicht. Es gibt schon noch was.“
Er spreizte die Hände. „Das wäre?“
„Finde heraus, was die Vampirhöfe über diese Großfahndung wissen. Aber halte dich bedeckt, wenn du nachforschst.“
Er starrte mich eine Weile schweigend an. Dann atmete er langsam aus. „Wieso?“
Ich zuckte lässig die Achseln. „Ich weiß nicht, was Sache ist. Meine Leute kann ich nicht fragen, und wenn sich zu sehr rumspricht, dass du Erkundigungen einziehst, dann zählt bestimmt bald mal wer eins und eins zusammen und nimmt Chicago genauer unter die Lupe.“
Mein Bruder, der Vampir, verharrte einen Moment lang vollkommen reglos, so ruhig, wie ein Mensch einfach nie dasitzen kann. Er hörte auf zu sein, selbst seine Anwesenheit im Zimmer war nicht mehr zu spüren. Ich hatte das Gefühl, eine Wachsfigur anzustarren.
„Ich soll Justine einschalten. Darum bittest du mich doch“, sagte er schließlich.
Justine war die Frau, die um ein Haar ihr Leben für meinen Bruder hingegeben hätte. Um sie zu schützen, hätte er sich wiederum um ein Haar selbst umgebracht. Das, was die beiden verband, „Liebe“ zu nennen, traf es auch nicht ansatzweise. Was ihnen diese „Liebe“ angetan hatte – dafür gab es schlicht keine Worte.
Für meinen Bruder, einen Vampir des Weißen Hofes, war Liebe schmerzhaft. Thomas und Justine würden nie zusammen sein können.
„Sie arbeitet als persönliche Assistentin für die Anführerin des Weißen Hofes“, sagte ich. „Wenn jemand etwas herausfinden kann, dann sie.“
Thomas stand auf – eine Bewegung, die einen Tick zu schnell ausfiel, um die eines Menschen sein zu können – und lief erregt im Zimmer auf und ab. „Justine geht auch so schon ausreichend Risiken ein. Immerhin leitet sie Infos über die Aktivitäten des Weißen Hofs an dich weiter, solange das halbwegs sicher geht. Ich möchte einfach nicht, dass sie noch mehr Risiken auf sich nimmt.“
„Was ich verstehe.“ Ich nickte. „Aber Justine hat sich doch nur für die verdeckte Arbeit entschieden, um in genau so einer Situation wie jetzt vor Ort sein zu können. Deswegen arbeitet sie als verdeckte Ermittlerin.“
Thomas schüttelte nur stumm den Kopf.
Ich seufzte. „Hör mal, ich verlange ja gar nicht, dass sie den Traktorstrahl deaktiviert, die Prinzessin rettet und auf den vierten Mond von Yavin flieht. Ich will doch nur wissen, was sie so gehört hat und was sie herausfinden kann, ohne dass ihre Tarnung auffliegt.“
Thomas tigerte noch ein Weilchen erregt auf und ab, ehe er stehen blieb und mich unverwandt fixierte. „Aber erst versprichst du mir etwas.“
„Was?“
„Versprich mir, dass du sie nicht in noch größere Gefahr bringst und nicht aufgrund von Infos tätig wirst, die sie zu ihr zurückverfolgen können.“
„Thomas!“, sagte ich müde. „Wie soll das denn gehen? Wie soll ich herausfiltern, welche Informationen ich gefahrlos benutzen kann, und wie soll ich echte Infos von Fehlinformationen unterscheiden? Was du willst, geht einfach nicht.“
„Versprich es mir“, sagte er alle drei Worte betonend.
Ich schüttelte den Kopf. „Ich verspreche dir, dass ich alles in meiner Macht Stehende tun werde, um Justine nicht zu gefährden.“
Am Kinn meines Bruders zuckte ein Muskel. Mein Versprechen reichte ihm nicht. Die ganze Situation passte ihm nicht. Er wusste, dass ich nicht für Justines Sicherheit garantieren konnte und dass ich ihm gerade so viel versprochen hatte, wie ich auch würde halten können. Mehr war einfach nicht drin.
Er holte ganz langsam und tief Luft.
Aber dann nickte er.
„Gut.“
4. Kapitel
E twa fünf Minuten , nachdem ich Thomas ’ Wohnung verlassen hatte, ertappte ich
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