Harry Dresden 11: Verrat: Die dunklen Fälle des Harry Dresden (German Edition)
wollen ist doch wohl keine Sünde“, murrte Binder. „Ich habe schließlich meinen Teil beigetragen, ich verdiene es.“
„Nein“, sagte Madeline. „Du hast einen Kampf gegen einen überalterten Pfadfinder und eine winzige Sterbliche verloren, hast dich, lächerlicher geht es ja wohl kaum, von der Polizei einsperren lassen und jede Chance auf die Belohnung vertan.“ Laken raschelten, auf dem Teppich wisperten leise Schritte. Einen Augenblick später flackerte ein Feuerzeug auf – Madeline rauchte.
Als Binder daraufhin etwas sagte, ließ sein Ton auf einen Themenwechsel schließen. „Machst du das wieder sauber?“
„Deshalb ist es ja da.“ Ich hörte, wie Madeline an der Zigarette zog. „Zum Saubermachen. Schade, dass du nicht fünf Minuten früher gekommen bist.“
„Wieso?“
„Dann hätte ich wahrscheinlich mit dem Anruf noch gewartet.“
Unwillkürlich lehnte ich mich vor und hielt den Atem an.
„Was für ein Anruf?“, wollte Binder wissen.
„Der bei den Wächtern natürlich“, sagte Madeline. „Ich habe ihnen gesagt, dass Morgan in der Stadt ist und Dresden ihm Zuflucht gewährt. Sie müssten innerhalb der nächsten Stunde hier eintreffen.“
Mir blieb der Mund offen stehen. Mein Magen schlug eine Rolle vorwärts und hängte gleich noch einen vierfachen Axel dran.
Scheiße.
33. Kapitel
M urphy sah den Rolls an und sagte: „Das soll wohl ein Witz sein.“
Wir waren mit zwei Fahrzeugen zum Sax gefahren, sie hatte nicht mitbekommen, wie ich gerade unterwegs war. Der Rolls hatte den nähergelegenen Parkplatz ergattert, also hatte ich sie zu ihm geführt und wollte jetzt bloß noch endlich einsteigen und losfahren.
„Der ist geliehen“, sagte ich. „Steig schon ein.“
„Ich bin ja nun echt keine Materialistin.“ Verträumt strich sie über den satt schimmernden Kotflügel. „Aber so ein Auto ... verdammt!“
„Wenn ich um Konzentration bitten dürfte!“, drängte ich. „Das Ende der Welt steht bevor!“
Kopfschüttelnd stieg Murphy zu mir in den Wagen. „Na, ja, dann gehst wenigstens du stilvoll unter.“
Ich fuhr los. Selbst mitten in der Nacht zog der Wraith einige Blicke auf sich, und wer sonst noch im Auto auf den Straßen unterwegs war, ließ ihm mehr als großzügig Platz, als würde allein die formvollendete Schönheit des Wagens alle beeindrucken.
„Weißt du was?“, sagte ich. „Ich finde den Rolls schon fast irrational beruhigend.“
Murphy warf mir einen Seitenblick zu. „Wieso das denn?“
„Weil ich weiß, wie ich zu Grunde gehen werde. Eines Tages, möglicherweise schon bald, werde ich feststellen, dass ich mir zu viel aufgebürdet habe.“ Ich schluckte. „Ich kann es nun mal nicht lassen, ich stecke meine Nase in Sachen, wo andere sie nicht haben wollen, und ich war immer schon der Meinung, dass es letztlich der Rat sein wird, der für mein Ableben sorgt. Egal, was der eine oder andere dort unterdessen von mir hält. Weil es im Rat eine Menge Arschlöcher gibt und ich einfach nicht mit ansehen kann, wie die sich in der eigenen Scheiße wälzen und dabei noch vornehm tun.“
Murphy hatte inzwischen kapiert, dass es mir ernst war. Sie hörte mir schweigend zu.
„Jetzt kommen also die vom Rat hierher und haben allen Grund, mich umzulegen. Zumindest sieht es für sie so aus, und das reicht denen ja.“ Wieder musste ich schlucken, mein Hals fühlte sich sehr trocken an. „Aber ich habe irgendwie das Gefühl ... wenn ich gehe, dann eben nicht mit Glanz und Gloria.“ Ich klopfte aufs Steuerrad des Rolls. „Das hier ist einfach nicht das Auto, mit dem ich in den Tod fahre, verstehst du?“
Um Murphys Mundwinkel zuckte es, aber vorwiegend spielte sich ihr Lächeln in den Augen ab. Sie nahm meine rechte Hand ganz fest zwischen ihre beiden und drückte sie. Ihre Hände fühlten sich warm an – vielleicht waren meine aber auch einfach nur sehr kalt. „Da hast du natürlich ganz recht, Harry.“
„Meinst du?“
„Auf jeden Fall!“ Sie nickte ernst. „Dieser Wagen, das bist einfach nicht du. Du stirbst in einem schlampig lackierten, lächerlichen, recycelten Haufen Schrott, der immer noch läuft, obwohl er den Gesetzen der Physik nach längst auf den Autofriedhof und eingeschmolzen gehörte.“
„Wow!“ Ich schüttelte den Kopf „Ich dachte, ich wäre der Einzige, der das so sieht.“
Murphys Finger schlossen sich fest um meine. Ich drückte sie dankbar.
Der Rat kam, und es gab nichts, was ich tun konnte, um mich gegen die Wächter zur
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