Harry Dresden 11: Verrat: Die dunklen Fälle des Harry Dresden (German Edition)
lassen, ich musste sie unter Kontrolle bekommen.“
Jetzt war Mouse dran. „Du hast Anastasia als Geisel genommen, damit Morgan Molly nichts tut.“
Mouse senkte betreten den Kopf.
„Ich kann es echt nicht fassen, dass ich das jetzt sagen muss“, meinte ich, an die gesamte Runde gewandt. „Hat keiner von euch daran gedacht, dass man auch reden kann, wenn Probleme auftreten?“
Nein, daran hatte keiner der Beteiligten gedacht. Ich erntete sowohl verärgerte als auch zerknirschte Blicke, aber niemand sagte etwas.
Bis auf Mouse, der seufzte und irgendetwas von sich gab, das vage nach „Hm-Wuff!“ klang.
„Tut mir leid“, sagte ich zu ihm. „Vierfüßige Beteiligte, die sich verbal nicht ausdrücken können, sind selbstverständlich von der Kritik ausgenommen.“
„Sie wollte los und die Wächter holen“, sagte Molly. „Wenn die kommen, bevor wir beweisen können, wer LaFortier wirklich auf dem Gewissen hat, stecken wir alle bis zum Hals in der Scheiße.“
„Genau genommen hat sie da recht“, sagte Anastasia.
Ich blickte sie an. Sie stand auf, um sich zu recken, wobei sie etwas das Gesicht verzog. „Ich ging davon aus, dass Morgan deinen Lehrling rekrutiert hat, um ihm bei seinen Fluchtplänen zu helfen und dass die beiden sich deiner entledigt hatten.“
Ich stöhnte. „Wie zum Teufel kommst du zu solch einer Theorie?“
Sie starrte mich mit zusammengekniffenen Augen an. „Warum sollte sich Morgan ausgerechnet ins Haus des Magiers flüchten, der am meisten Grund hat, ihn nicht zu mögen? Wie sagtest du selbst so schön, als wir das Thema besprachen: Das wäre doch Wahnsinn.“
Ich zuckte zusammen. Autsch. „Na, ja“, sagte ich. „Da habe ich ...“
„Du hast mich angelogen“, sagte sie. Die meisten Leute hätte den ärgerlichen, verletzten Unterton in ihrer Stimme wahrscheinlich gar nicht gehört, hätten die kaum wahrnehmbare Pause zwischen den einzelnen Worten nicht mitbekommen. Aber mir kam es vor, als wachse hinter ihren Augen eine Mauer aus Ziegelsteinen. Ich schaute weg.
Im Zimmer war es vollkommen still, bis Morgan sich mit leiser, gebrochener Stimme meldete. „Was?“
Ich sah ihn an. Sein hartes Gesicht mit der ständig sauertöpfischen Miene war grau geworden, ganz verzerrt vor Wut und Gram, wie das eines kleinen Kindes, das zum ersten Mal schmerzhaft mit den Gesetzen der Schwerkraft konfrontiert worden ist.
„Ana!“ Er erstickte beinahe an seinen Worten. „Du glaubst ... du glaubst wirklich, dass ich ... wie kannst du denken, ich würde ...“
Er wandte das Gesicht ab. Das konnte keine Träne gewesen sein. Nein, bei Morgan doch nicht! Morgan würde keine Träne vergießen, wenn er seine eigene Mutter exekutieren müsste.
Aber etwas hatte einen Sekundenbruchteil lang auf seiner Wange geglitzert.
Anastasia stand auf, ging zu ihm hinüber, kniete sich hin und legte ihm die Hand auf den Kopf. „Donald!“, sagte sie sanft. „Uns haben doch früher auch schon Menschen verraten, denen wir vertrauten. Es wäre nicht das erste Mal.“
„Das waren andere“, sagte er mit halberstickter Stimme. „Aber ich bin ich.“
Sie strich ihm übers Haar. „Ich habe nie geglaubt, dass du es aus freiem Willen getan hast, Donald“, flüsterte sie. „Ich dachte, jemand sei in deinen Kopf eingedrungen oder hätte eine Geisel genommen, um dich zur Zusammenarbeit zu zwingen. Irgend etwas in der Art.“
„Wen hätten sie denn als Geisel nehmen sollen?“, erkundigte sich Donald brummig. „Es gibt doch niemanden. Aus genau dem Grund: Ich darf nicht erpressbar sein. Das weißt auch du.“
Anastasia schloss seufzend die Augen.
„Du kanntest seine Schutzzeichen“, fuhr Morgan fort. „Du bist nicht zum ersten Mal durchgegangen. Du warst schon mehrmals hier. Als du reinkamst, hattest du sie in unter einer Sekunde aufgelöst. Du hast einen Schlüssel zu seiner Wohnung.“
Anastasia schwieg.
Morgans Stimme wurde bleiern und hohl. „Du und Dresden, ihr habt was laufen.“
Anastasia blinzelte mehrmals. „Donald ...“, setzte sie an.
Er sah zu ihr auf, in seinen Augen weder Tränen noch Schmerz, noch irgendetwas anderes außer unendlicher Müdigkeit. „Nicht!“, sagte er. „Wag es nur nicht!“
Sie hielt seinem Blick voll sanfter Trauer stand – so hatte ich sie noch nie erlebt, so hatte ich überhaupt noch nie jemanden erlebt. „Du hast Fieber, Donald. Du gehörst ins Bett.“
Er bettete seinen Kopf auf den Teppich und schloss die Augen. „Ist doch alles nicht
Weitere Kostenlose Bücher