Harry Dresden 11: Verrat: Die dunklen Fälle des Harry Dresden (German Edition)
wir auftauchten. Die vorher haben einfach immer nur rumgestanden wie Gliederpuppen mit Muskeln. Ich würde wetten, dass die neuen Leute fast alle früher Soldaten waren. Hartgesottene Ex-Militärs, nicht das Volk, das zur Army geht, weil ihnen der Staat dann das College finanziert.“
„Offiziell sind die Leute bisher nicht in Erscheinung getreten, es gibt also noch keine Erfahrungswerte“, sagte Anastasia.
„Vielleicht ist Lara schlau genug, sie nur vorzuführen, wenn es wirklich nottut.“
„Offiziell“, sagte Anastasia trocken „ist auch Lara ein ziemlich unbeschriebenes Blatt.“
„Im Gegensatz zu mir hast du nicht miterlebt, wie sie beim Putschversuch am Weißen Hof nur mit ein paar Messern bewaffnet Superghule abgeschlachtet hat.“ Ich pochte mit meinem Stab an die Tür und zog meinen grauen Umhang zurecht. „Ich weiß, dass mein Wort bei den Wächtern der alten Garde nicht viel gilt, aber verlass dich auf mich: Lara Raith ist ein schlaues und angsteinflößendes Miststück.“
Anastasia schüttelte den Kopf. „Trotzdem bist du hier, um ihr die Pistole auf die Brust zu setzen.“
„Ich hoffe, wir kriegen etwas aus ihr raus, wenn wir ein bisschen Druck machen“, sagte ich. „Mir gehen so langsam die Alternativen aus, und für etwas anderes als direktes Vorgehen bleibt mir keine Zeit.“
Sie grinste. „Na, das ist doch wenigstens mal genau deine Kragenweite.“
Die Tür wurde uns von einem fast kahlen Mann mit markantem Kinn geöffnet, der einen beigefarbenen Freizeitanzug trug, dazu als schmückendes Beiwerk eine Pistole am Schulterhalfter und unter dem weißen T-Shirt etwas, das ganz nach kugelsicherer Weste aussah. Für den Notfall hatte er an einem Nylongurt über der rechten Schulter noch ein ziemlich gefährlich wirkendes kleines Maschinengewehr hängen.
„Gnädiger Herr.“ Er grüßte uns mit einem ehrerbietigen Nicken. „Gnädige Frau. Darf ich Ihre Capes nehmen?“
„Danke“, sagte Anastasia, „aber die gehören zur Uniform. Wenn Sie uns bitte direkt zu Ms. Raith führen könnten?“
Der Wächter nickte. „Ich möchte Sie allerdings um eins bitten, ehe Sie die Gastfreundschaft dieses Hauses in Anspruch nehmen. Geben Sie mir beide Ihr Wort, dass Sie sich hier mit guten Absichten aufhalten und keine Gewalt ausüben werden, solange Sie Gast sind.“
Anastasia machte Anstalten, ihm zuzustimmen, aber ich stellte mich rasch vor sie. „Nein, verdammt noch mal!“
Der Wachmann kniff die Augen zusammen, wodurch er gleich viel weniger entspannt wirkte. „Wie bitte?“
„Gehen Sie und sagen Sie Lara, dass noch nicht entschieden ist, ob wir dieses Haus bis auf die Grundfesten auseinandernehmen oder nicht. Sagen Sie ihr, dass Blut geflossen ist und etwas davon meiner Ansicht nach auch an ihren Händen klebt. Teilen Sie ihr mit, wenn ihr nach reiner Luft zwischen uns ist, sollte sie sich mit uns unterhalten. Sagen Sie ihr, wenn sie nicht mit uns reden will, reicht mir das als Antwort, und sie wird mit den Konsequenzen leben müssen.“
Der Wächter starrte mich an. „Sie haben eine ganz schön hohe Meinung von sich. Haben Sie halbwegs einen Begriff davon, wer hier wohnt? Wissen Sie, wo Sie hier stehen?“
„Klar!“, sagte ich. „Im Auge des Sturms.“
Zwischen dem Mann und mir breitete sich ungemütliches Schweigen aus. Er gab als Erster nach. „Ich sage ihr Bescheid. Sie warten bitte hier.“
Ich nickte, woraufhin er im Inneren des Hauses verschwand.
„Im Auge des Sturms?“, flüsterte Anastasia. „War das nicht doch einen Tick zu melodramatisch?“
„Eigentlich wollte ich sagen: ‚da, wo sie gleich deine Leiche finden werden’“, flüsterte ich zurück. „Aber das wäre zu persönlich gewesen. Er macht ja nur seine Arbeit.“
Anastasia schüttelte den Kopf. „Verrätst du mir auch noch, warum das hier kein höflicher Besuch wird?“
„Wenn alle manierlich sind, ist Lara am gefährlichsten“, sagte ich. „Das weiß sie. Ich will nicht, dass sie sich wohlfühlt. Wenn sie befürchten muss, dass hier gleich die Hölle lossein könnte, kriegen wir leichter Antworten aus ihr raus.“
„Ich fände es einfacher, sie zu befragen, wenn wiruns nicht darum zu sorgen bräuchten, dass hier gleich die Hölle lossein könnte“, gab Anastasia weise zu bedenken. „Sie ist nun mal im Vorteil. Ist dir zum Beispiel aufgefallen, dass an der Wand hier unten der Putz ziemlich neu ist?“
Ich schaute mich um. Sie hatte recht. „Ja und?“
„Wenn ich für die Verteidigung
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