Harry Potter - Gesamtausgabe
sage Ihnen noch mal, Cornelius, wenn Sie Hagrid mitnehmen, wird uns das keinen Schritt weiterbringen«, sagte Dumbledore. In seinen blauen Augen brannte ein Feuer, das Harry noch nie gesehen hatte.
»Sehen Sie es doch mal von meinem Standpunkt«, sagte Fudge und fummelte an seinem Hut. »Ich stehe mächtig unter Druck. Man erwartet von mir, dass ich handle. Wenn sich herausstellt, dass Hagrid unschuldig ist, kommt er zurück und die Sache ist erledigt. Aber ich muss ihn mitnehmen. Geht nicht anders. Täte sonst nicht meine Pflicht –«
»Mich mitnehmen?«, sagte Hagrid und zitterte. »Wohin mitnehmen?«
»Nur für kurze Zeit«, sagte Fudge und wich Hagrids Blick aus. »Keine Strafe, Hagrid, eher eine Vorsichtsmaßnahme. Wenn jemand anders erwischt wird, kommen Sie mit einer offiziellen Entschuldigung raus –«
»Nicht Askaban?«, krächzte Hagrid.
Bevor Fudge antworten konnte, pochte es erneut laut an der Tür.
Dumbledore öffnete. Nun fing sich Harry einen Ellenbogenstoß in die Rippen ein, er keuchte hörbar.
Mr Lucius Malfoy betrat Hagrids Hütte, gehüllt in einen langen schwarzen Reiseumhang, mit einem kalten und zufriedenen Lächeln auf dem Gesicht. Fang begann zu knurren.
»Schon hier, Fudge«, sagte er anerkennend. »Sehr schön …«
»Was haben Sie hier zu suchen?«, rief Hagrid wutentbrannt. »Raus aus meinem Haus!«
»Guter Mann, bitte seien Sie versichert, es ist mir kein Vergnügen, in Ihrem – ähm – Sie nennen es Haus? – zu sein«, sagte Lucius Malfoy und sah sich verächtlich in der kleinen Hütte um. »Ich habe in der Schule vorbeigeschaut, und man hat mir gesagt, der Schulleiter sei hier.«
»Und was genau wollen Sie von mir, Lucius?«, fragte Dumbledore. Er sprach sehr höflich, doch immer noch loderte das Feuer in seinen Augen.
»Schreckliche Angelegenheit, Dumbledore«, sagte Malfoy lässig und zog eine lange Pergamentrolle hervor. »Aber die Schulräte sind der Auffassung, es sei an der Zeit, dass Sie einem andern Platz machen. Laut dieser Anordnung hier werden Sie vorläufig beurlaubt – Sie finden alle zwölf Unterschriften unter diesem Dokument. Ich fürchte, wir sind der Meinung, dass Sie die Sache nicht mehr im Griff haben. Wie viele Angriffe gab es bisher? Zwei neue heute Nachmittag, nicht wahr? Wenn es so weitergeht, gibt es bald keine Muggelstämmigen mehr in Hogwarts, und wir alle wissen, welch schlimmer Verlust das für die Schule wäre.«
»Oh, nun aber immer mit der Ruhe, Lucius«, sagte Fudge nervös, »Dumbledore beurlauben – nein, nein – das ist das Letzte, was wir jetzt wollen –«
»Die Ernennung – oder Entlassung – eines Schulleiters ist Aufgabe der Schulräte, Fudge«, sagte Mr Malfoy beiläufig. »Und da es Dumbledore nicht gelungen ist, diese Angriffe zu stoppen –«
»Hören Sie mal, Lucius, wenn Dumbledore nichts dagegen ausrichten kann –«, sagte Fudge mit schweißnasser Oberlippe, »wer soll es dann schaffen?«
»Das werden wir sehen«, sagte Mr Malfoy gehässig. »Doch da wir alle zwölf abgestimmt haben –«
Hagrid sprang auf und sein zottiger schwarzer Kopf streifte die Decke.
»Und wie viele mussten Sie bedrohen und erpressen, bevor sie zugestimmt haben, Malfoy, eh?«, polterte er los.
»Mein guter Mann, wissen Sie, Ihr Temperament wird Sie eines Tages noch in Schwierigkeiten bringen, Hagrid«, sagte Malfoy. »Ich würde Ihnen raten, die Wachen in Askaban nicht dermaßen anzuschreien. Die mögen das gar nicht.«
»Sie können Dumbledore nicht entlassen!«, rief Hagrid, und Fang, der Saurüde, kauerte sich in seinem Korb zusammen und wimmerte. »Wenn Sie ihn entlassen, haben die Muggelkinder keine Chance! Das nächste Mal werden sie umgebracht!«
»Beruhige dich, Hagrid«, sagte Dumbledore barsch. Er sah Lucius Malfoy an.
»Wenn die Schulräte mich aus dem Weg haben wollen, Lucius, werde ich natürlich zurücktreten.«
»Aber –«, stammelte Fudge.
»Nein!«, knurrte Hagrid.
Dumbledores hellblaue Augen blickten unverwandt in die kalten grauen Augen Malfoys.
»Allerdings«, sagte Dumbledore, sehr langsam und deutlich sprechend, so dass keinem ein Wort entging, »allerdings werden Sie feststellen, dass ich diese Schule erst dann endgültig verlasse, wenn mir hier keiner mehr die Treue hält. Und wer immer in Hogwarts um Hilfe bittet, wird sie auch bekommen.«
Eine Sekunde lang war sich Harry fast sicher, dass Dumbledores Augen in die Ecke herüberflackerten, in der er und Ron sich versteckt hatten.
»Bewundernswerte
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