Harry Potter und der Feuerkelch
hinunter. Harry wusste, dass Hagrid ihn nicht sehen konnte, doch Moody hatte ihm offenbar erzählt, dass er hier saß. Hagrid beugte sich jetzt über den Tisch, tat so, als würde auch er das B . ELFE . R -Notizbuch lesen, und flüsterte dann so leise, dass nur Harry ihn hören konnte: »Harry, komm heut um Mitternacht runter zu meiner Hütte. Trag diesen Umhang.«
Dann richtete er sich auf und sagte laut: »War nett, dich zu sehen, Hermine«, zwinkerte und ging davon. Moody folgte ihm.
»Warum will er, dass ich ihn um Mitternacht treffe?«, fragte Harry vollkommen überrascht.
»Keine Ahnung, was er vorhat«, sagte Hermine ebenfalls verdutzt. »Und ich weiß auch nicht, ob du gehen solltest, Harry …« Sie sah sich nervös um und zischte: »Denn dann verpasst du vielleicht Sirius.«
Sie hatte Recht. Hagrid um Mitternacht zu treffen hieß, dass es für die Zusammenkunft mit Sirius ganz schön knapp wurde; Hermine schlug vor, sie sollten Hedwig schicken, um Hagrid abzusagen – immer vorausgesetzt, sie würde sich dazu herablassen –, doch Harry hielt es für besser, Hagrid kurz anzuhören und dann rasch wieder zu verschwinden. Er war sehr neugierig, was es sein könnte; noch nie hatte Hagrid ihn gebeten, so spät noch zu kommen.
Um halb zwölf nachts zog Harry, der verkündet hatte, er wolle heute früh schlafen gehen, den Tarnumhang erneut an, ging hinunter und schlich sich durch den Gemeinschaftsraum. Es waren durchaus noch einige Mitschüler da. Die Creevey-Brüder hatten es geschafft, einen Stapel »Ich bin für CEDRIC DIGGORY «-Anstecker in die Finger zu bekommen, und versuchten sie jetzt zu verhexen, damit es stattdessen »Ich bin für HARRY POTTER « hieß. Bislang jedoch war es ihnen nur gelungen, die erste Aufschrift zu löschen, so dass jetzt nur noch POTTER STINKT angezeigt wurde. Harry drückte sich an ihnen vorbei zum Porträtloch und wartete, die Augen auf die Uhr gerichtet, gut eine Minute. Dann öffnete Hermine von der anderen Seite die fette Dame, wie sie es abgemacht hatten. Er glitt mit einem geflüsterten »Danke!« an ihr vorbei und machte sich auf den Weg durch das Schloss.
Draußen auf den Ländereien war es stockfinster. Harry lief über das Gras auf die Lichter von Hagrids Hütte zu. Auch die riesige Beauxbatons-Kutsche war hell erleuchtet; Harry konnte Madame Maxime drinnen reden hören, als er an Hagrids Tür klopfte.
»Bist du das, Harry?«, flüsterte Hagrid, öffnete die Tür und spähte umher.
»Ja«, sagte Harry, huschte hinein und zog sich den Umhang vom Kopf. »Was gibt’s?«
»Will dir nur was zeigen«, sagte Hagrid.
Hagrid machte einen ungeheuer aufgeregten Eindruck. Er trug eine Blume im Knopfloch, die einer übergroßen Artischocke ähnelte. Es schien, als würde er inzwischen auf Schmierfett verzichten, doch er hatte offensichtlich versucht sich zu kämmen – ein paar abgebrochene Kammzähne waren in die Haare verknotet.
»Um was geht es denn?«, sagte Harry lustlos und fragte sich, ob die Kröter vielleicht Eier gelegt hatten oder ob Hagrid es wieder einmal geschafft hatte, einem Wildfremden in der Kneipe einen dreiköpfigen Riesenhund abzukaufen.
»Sei leise, versteck dich unter deinem Umhang und komm mit«, sagte Hagrid. »Fang lassen wir hier, dem wird es nicht gefallen …«
»Hör mal, Hagrid, ich kann nicht lange bleiben … ich muss um ein Uhr wieder im Schloss oben sein –«
Doch Hagrid hörte nicht zu; er öffnete die Hüttentür und marschierte hinaus in die Dunkelheit. Harry beeilte sich, mit ihm Schritt zu halten, und stellte überrascht fest, dass Hagrid ihn zur Kutsche der Beauxbatons führte.
»Hagrid, was –?«
»Schhh!«, machte Hagrid und klopfte dreimal gegen die Tür mit den gekreuzten goldenen Zauberstäben.
Madame Maxime öffnete. Sie hatte einen Seidenschal um ihre massigen Schultern geschlungen und lächelte, als sie Hagrid sah. »Aa, ’Agrid … ist es schon Sseit?«
»Bong-soar«, sagte Hagrid und strahlte sie an, dann reichte er ihr die Hand und half ihr die goldenen Stufen hinunter.
Madame Maxime schloss die Tür hinter sich, Hagrid bot ihr den Arm an und sie machten sich auf den Weg um die Koppel mit Madame Maximes geflügelten Riesenpferden. Harry, vollkommen perplex, musste rennen, um Schritt zu halten. Hatte Hagrid ihm nur Madame Maxime zeigen wollen? Er konnte sie doch jederzeit sehen … sie war ja nicht gerade schwer zu verfehlen …
Doch offenbar hatte Hagrid Madame Maxime ebenfalls zu diesem Ausflug eingeladen,
Weitere Kostenlose Bücher