Harry Potter und der Feuerkelch
Hermine unwirsch.
Aufgeregt suchten sie die Ländereien des Schlosses ab, über die jetzt die Nacht hereinbrach, doch nichts rührte sich; alles war friedlich, still und eigentlich wie immer. Harry wurde allmählich kalt. Wenn sie sich nur beeilen würden … vielleicht bereiteten die ausländischen Schüler einen dramatischen Auftritt vor … ihm fiel ein, was Mr Weasley im Zeltlager vor der Quidditch-Weltmeisterschaft gesagt hatte – »Immer dasselbe, wir können es einfach nicht lassen, ein wenig zu prahlen, wenn wir zusammenkommen …«
Und dann rief Dumbledore aus der hinteren Reihe, wo er mit den anderen Lehrern stand – »Aha! Wenn ich mich nicht sehr täusche, nähert sich die Delegation aus Beauxbatons!«
»Wo?«, fragten viele Schüler begierig und blickten alle in verschiedene Richtungen.
»Dort!«, schrie ein Sechstklässler und deutete hinüber zum Wald.
Etwas Großes, viel größer als ein Besen – oder auch hundert Besen –, kam in sanften Wellen über den tiefblauen Himmel auf das Schloss zugeflogen.
»Ein Drache!«, kreischte eine Erstklässlerin und geriet völlig aus dem Häuschen.
»Blödsinn … es ist ein fliegendes Haus!«, sagte Dennis Creevey.
Dennis war mit seiner Vermutung schon näher dran … Als die gigantische schwarze Gestalt über die Baumspitzen des Verbotenen Waldes strich und ins Licht der Schlossfenster glitt, sahen sie, dass es eine riesige pastellblaue Kutsche war, groß wie ein stattliches Haus, die auf sie zurauschte, durch die Lüfte gezogen von einem Dutzend geflügelter Pferde, allesamt Palominos, jedoch so groß wie Elefanten.
Die ersten drei Schülerreihen wichen zurück, als die Kutsche sich neigte und mit ungeheurer Geschwindigkeit zum Landen ansetzte – dann, mit einem alles erschütternden Krachen, das Neville rückwärts auf den Fuß eines Slytherin-Fünftklässlers springen ließ, schlugen die Pferdehufe, größer als Teller, auf festem Grund auf. Eine Sekunde später landete auch die Kutsche und federte auf ihren riesigen Rädern auf und ab, während die goldenen Pferde ihre riesigen Köpfe zurückwarfen und mit ihren großen feuerroten Augen rollten.
Harry konnte gerade noch erkennen, dass auf der Kutschentür ein Wappen prangte (zwei gekreuzte goldene Zauberstäbe, aus denen jeweils drei Funken stoben), als auch schon die Tür aufging.
Ein Junge in blassblauem Umhang sprang aus der Kutsche, bückte sich, machte sich einen Moment lang auf dem Kutschboden zu schaffen, zog dann eine ausklappbare goldene Treppe heraus und sprang respektvoll einen Schritt zurück. Harry sah einen hochhackigen, schimmernd schwarzen Schuh aus der Kutsche auftauchen – ein Schuh von der Größe eines Kinderschlittens –, dem sogleich die größte Frau folgte, die er je gesehen hatte. Das erklärte natürlich die Größe der Kutsche und der Pferde. Einigen Umstehenden stockte der Atem.
Harry hatte bisher nur einen Menschen gesehen, der so groß war wie diese Frau, und das war Hagrid; er war sich nicht sicher, ob Hagrid auch nur um einen Zentimeter größer war. Doch irgendwie – vielleicht nur, weil er an Hagrid gewöhnt war – schien diese Frau (die sich jetzt am Fuß der Treppe zu der mit aufgerissenen Augen wartenden Menge umsah) von noch unnatürlicherer Größe zu sein. Als sie in das Licht trat, das aus der Eingangshalle flutete, zeigte sich, dass sie ein hübsches, olivfarbenes Gesicht hatte, große, schwarze, feucht schimmernde Augen und eine schnabelähnliche Nase. Ihr Haar war im Nacken zu einem glänzenden Knoten zusammengebunden. Sie war von Kopf bis Fuß in schwarzen Satin gekleidet und an ihrem Hals und ihren dicken Händen glitzerten viele prächtige Opale.
Dumbledore fing an zu klatschen; ihm folgend brachen auch die Schüler in Applaus aus, und viele stellten sich auf die Zehenspitzen, um diese Frau besser sehen zu können.
Die Anspannung in ihrem Gesicht wich einem dankbaren Lächeln und sie schritt auf Dumbledore zu und streckte ihm ihre funkelnde Hand entgegen. Dumbledore, der selbst nicht gerade klein war, musste sich kaum bücken, um sie zu küssen.
»Meine liebe Madame Maxime«, sagte er. »Willkommen in Hogwarts.«
»Dumbly-dorr«, sagte Madame Maxime mit tiefer Stimme. »Isch ’offe, Sie befinden sisch wohl?«
»In exzellenter Verfassung, danke, Madame«, sagte Dumbledore.
»Meine Schüler«, sagte Madame Maxime und wies mit ihrer riesigen Hand lässig nach hinten.
Harry, der wie gebannt auf Madame Maxime gestarrt hatte, sah jetzt,
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