Harry Potter und der Gefangene von Askaban
Beispiel?«, sagte Harry.
»Zum Beispiel Black jagen«, sagte Ron scharf.
Harry war sonnenklar, dass sie dieses Gespräch geübt hatten, während er geschlafen hatte. Er sagte nichts.
»Das wirst du nicht tun, oder, Harry?«, sagte Hermine.
»Weil Black es nicht wert ist, dass du seinetwegen stirbst«, sagte Ron.
Harry sah sie an. Sie schienen überhaupt nichts zu begreifen.
»Wisst ihr, was ich jedes Mal, wenn ein Dementor in meine Nähe kommt, sehe und höre?« Ron und Hermine schüttelten die Köpfe und warteten gespannt. »Ich kann hören, wie meine Mutter schreit und Voldemort anfleht. Und wenn ihr eure Mutter so hättet schreien hören, kurz bevor sie umgebracht wurde, dann würdet ihr es nicht so schnell vergessen. Und wenn ihr herausgefunden hättet, dass jemand, der angeblich ihr Freund war, sie verraten und ihr Voldemort auf den Hals gehetzt hätte –«
»Aber daran kannst du doch nichts ändern!«, sagte Hermine, die sehr mitgenommen aussah. »Die Dementoren werden Black fangen und ihn nach Askaban zurückbringen – geschieht ihm recht!«
»Ihr habt gehört, was Fudge gesagt hat. Askaban setzt Black nicht dermaßen zu wie normalen Menschen. Für ihn ist die Strafe nicht so schlimm wie für andere.«
»Also, was willst du damit sagen?«, sagte Ron angespannt. »Willst du etwa – Black umbringen, Harry?«
»Red keinen Unsinn«, sagte Hermine mit einem Anflug von Panik in der Stimme. »Harry will niemanden umbringen, oder, Harry?«
Wieder antwortete Harry nicht. Er wusste nicht, was er tun wollte. Er wusste nur, dass er die Vorstellung, nichts zu unternehmen, während Black in Freiheit war, fast nicht ertragen konnte.
»Malfoy weiß es«, sagte er plötzlich. »Wisst ihr noch, was er in Zaubertränke gesagt hat? ›Ich an deiner Stelle würde ihn selbst jagen … ich wollte Rache.‹«
»Willst du etwa auf Malfoys Rat hören statt auf unseren?«, sagte Ron zornig. »Hör zu … Weißt du, was Pettigrews Mutter bekommen hat, nachdem Black ihn erledigt hatte? Dad hat es mir erzählt – den Merlin-Orden, erster Klasse, und einen Finger ihres Sohnes in einer Schachtel. Das war das größte Stück von ihm, das sie finden konnten. Black ist wahnsinnig, Harry, und er ist gefährlich –«
»Malfoys Vater muss es ihm erzählt haben«, sagte Harry, ohne auf Ron zu achten.
»Er war im engsten Kreis um Voldemort –«
»Nenn ihn gefälligst Du-weißt-schon-wer«, warf Ron unwirsch ein.
»– also wussten die Malfoys offensichtlich, dass Black für Voldemort arbeitete –«
»– und Malfoy würde es liebend gern sehen, wenn du auch in eine Million Stücke zerfetzt wirst, wie Pettigrew! Begreif doch, Malfoy wartet doch nur darauf, dass du dich umbringen lässt, bevor er im Quidditch gegen dich spielen muss.«
»Harry, bitte«, sagte Hermine und in ihren Augen glitzerten jetzt Tränen, »bitte sei vernünftig. Black hat etwas Schreckliches, etwas Abscheuliches getan, aber bring dich nicht selbst in Gefahr, das will Black doch gerade … o Harry, du würdest Black doch direkt in die Hände spielen, wenn du nach ihm suchen würdest. Deine Mum und dein Dad würden nicht wollen, dass er dir etwas antut, oder? Sie würden nie und nimmer wollen, dass du ihn suchst!«
»Ich werde nie wissen, was sie gewollt hätten, denn dank Black habe ich nie mit ihnen gesprochen«, sagte Harry barsch.
Stille trat ein. Krummbein reckte sich genüsslich und fuhr seine Krallen aus. In Rons Tasche zitterte es.
»Sieh mal«, sagte Ron, offenbar auf der Suche nach einem anderen Thema, »wir haben Ferien! Bald ist Weihnachten! Lass uns – lass uns runtergehen und bei Hagrid reinschauen, wir haben ihn schon seit Ewigkeiten nicht mehr besucht.«
»Nein!«, warf Hermine rasch ein, »Harry darf das Schloss nicht verlassen, Ron –«
»Ja, lasst uns gehen«, sagte Harry und richtete sich auf, »dann kann ich ihn fragen, wieso er Black immer ausgelassen hat, als er mir alles über meine Eltern erzählte.«
Schon wieder wegen Sirius Black zu streiten war natürlich nicht Rons Absicht gewesen.
»Oder wir könnten eine Partie Schach spielen«, sagte er hastig, »oder Koboldstein, Percy hat ein Spiel dagelassen –«
»Nein, wir besuchen Hagrid«, sagte Harry bestimmt.
So holten sie ihre Umhänge aus den Schlafsälen, kletterten durch das Porträtloch (»Stellt euch und kämpft, ihr gelbbäuchigen Bastarde«), stiegen ins verlassene Schloss hinunter und traten durch die Eichenportale hinaus ins Freie.
Langsam schlurften sie
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