Harrys Höllen-Cocktail
auch Harrys Bar lag.
Eine Gruppe Rocker parkte auf der Fahrbahn und dem Gehsteig. Sie hockten startbereit auf ihren Maschinen und schauten uns kalt an, als wir sie passierten.
Im Freien saß kaum jemand, weil es doch bei Dunkelheit ziemlich kühl wurde. Dafür waren die meisten Bars und Kneipen übervoll. Aus vielen schallte knallharte Rockmusik.
Vor Harrys Bar war ebenfalls etwas los. Die grüne Leuchtschrift konnte einfach nicht übersehen werden. Auch die Eingangstür war grün gestrichen. In der oberen Hälfte befand sich der runde Ausschnitt eines Gucklochs.
Vor der Tür hielten sich die Typen auf. Da kreisten sogar Champagnerflaschen. Eine besonders lustige Clique hatte sich hier zusammengefunden. Natürlich alle jung, schmalhüftig und verwegen. Die Mädchen kreischten.
Von uns nahmen sie keine Notiz, so drückten wir uns an ihnen vorbei und stießen die Tür auf.
Bargerüche sind wohl in aller Welt gleich. Ob in London, Berlin, New York oder Cannes. Auch hier empfing uns der typische Geruch von Parfüm, Alkohol, Körperwärme und Rauch.
Es war schon sehr voll. Platz konnte man kaum bekommen. Einige Gäste standen zwischen den Tischen und unterhielten sich, während sie tranken.
Die Mädchen, die bedienten, hatten alle Hände voll zu tun. Sie waren nur leicht bekleidet, und in ihren Augen stand jetzt schon die Übermüdung zu lesen.
Französisch und italienisch wurde gesprochen. Man unterhielt sich lautstark und gestenreich. Man sprühte über. Ob Softie oder Macho, vertreten war alles, und jeder, der wollte, bekam auch eine Begleitung. Eine Tanzfläche gab es ebenfalls. Sie schwebte über dem Boden. Vier an der Decke befestigte Eisenstäbe hielten sie jeweils an den Ecken fest. Zur Fläche hin führte eine schmale Leiter. Buntes Licht wurde auf die Platte geschleudert und ließ die sich dort bewegenden Paare aussehen wie Clowns.
Wir kämpften uns allmählich vor bis zur Theke. Ich dachte daran, daß ich mein Kreuz nicht mitgenommen hatte. Praktisch zum erstenmal freiwillig. Verlassen mußte ich mich auf den Dolch, die Beretta, auch auf die magische Kreide.
Fenster waren auch vorhanden. Man hatte die Scheiben in kleine Quadrate eingeteilt. Jeweils eines stand an der oberen linken Seite stets offen, damit auch ein wenig frische Luft in den Laden wehte. Nahe der Theke wurde der Rauch noch dichter. In dicken Schwaden umschwebte er die futuristisch anmutenden Lampen, die an Stahlseilen von der Decke hingen und mich an fliegende Untertassen erinnerten. Zum Glück schwebten sie so hoch, daß wir uns nicht die Köpfe stießen. Die Bar, Theke oder der Tresen, was immer man auch sagte, erinnerte mich an ein Cockpit. Halbrund mit einer Außenverkleidung aus Aluminium. Die Flocker sahen sehr bequem aus und waren mit rotem Samtstoff bezogen.
Natürlich war jeder Hocker belegt. Dazwischen klemmten sich zwei, manchmal auch drei Gäste, die sehr lange Arme haben mußten, wenn sie ihre auf der Bar abgestellten Gläser wieder anheben wollten. Zum Glück hielt sich die Lautstärke der Musik in Grenzen, so daß man sich auch noch unterhalten konnte.
Hinter der Bar stand Harry.
Das mußte er einfach sein.
Ich schaute durch die Lücke zwischen zwei Schultern und sah ihn in seinem Element. Er trug ein silberfarbenes Smoking-Jackett mit schwarzem Samtkragen und violett schimmernden Revers. Dazu ein weißes Hemd und eine ebenfalls violette Fliege.
Sein Haar war gescheitelt, sehr modern geschnitten, das heißt kurz und gleichzeitig länger im Nacken. Sein Gesicht zeigte die beneidenswerte Bräune eines ewigen Urlaubers. Man konnte die Gesichtszüge des Mannes als markant bezeichnen, vielleicht ein wenig zu hart, aber es gibt ja Frauen, die so etwas mögen.
Schmale Lippen, leicht hervorstehende Wangenknochen, kräftige Hände und Augen von einereisigen oder faszinierenden Bläue, wie Trencc Hill sie hatte.
Harry stand nicht allein hinter der Bar. Ein rothaariges Geschöpf half ihm beim Mixen. Die Kleine trug ein schulterfreies Wickelkleid aus grüner Seide. Sie wirkte sehr sexy.
Leider kamen wir nicht mehr weiter. »Soll ich mal die Ramme spielen?« hörte ich Bill fragen.
»Dann werfen sie uns gleich raus.«
»Es wird immer mal ein Platz frei«, sagte Germaine, »laßt uns so lange warten.«
»Dann stehen wir im Weg.«
»Was ist das schon, John? Hier steht sowieso jeder dem anderen fast auf den Füßen.« Damit hatte sie auch wieder recht. In die Musik hinein hörten wir hin und wieder das Knallen der
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