Harrys Höllen-Cocktail
Champagnerkorken, wenn sie aus den Flaschenhälsen in die Luft schössen und fast die Decke berührten. Der Umsatz war enorm. Da konnte sich der gute Harry wirklich nicht beklagen. Ich hatte ihn mir ansehen können, er mich noch nicht. Bis er eine Lücke entdeckte, mich sein Blick traf, und er für die Dauer von zwei Sekunden regelrecht erstarrte.
Wußte er Bescheid?
Seine Augen schienen noch eisiger zu werden, aber der Ausdruck verschwand sehr schnell, wurde regelrecht gleichgültig, und Harry drehte sich um, damit er seiner Arbeit nachgehen konnte.
Eine der Kellnerinnen kam vorbei. »Wollt ihr was?« fragte sie.
»Champagner-Cocktail!« bestellte Germaine. Bill und ich nahmen Whisky.
Die Kleine schaffte es, die Getränke zu bringen, ohne daß etwas verschüttet wurde. Mit wütenden Worten, die schon Beschimpfungen ähnelten, verschaffte sie sich freie Bahn. Man kannte das hier, und die Gäste lachten, während sie noch enger zusammenrückten. Bill zahlte die Rechnung.
Ich empfand die Summe als unverschämt, aber man war in Cannes!
Wer gehörte zu den Höllenbrüdern?
Darüber dachte ich nach, als ich die ersten Schlucke nahm. Zahlenmäßig taten sich Männlein und Weiblein nichts, da herrschte Gleichgewicht, jeder konnte zu den Höllenbrüdern gehören. Einem Gangster sieht man es nicht an, daß er einer ist. Einem Diener der Schwarzen Magie auch nicht. Werverbarg sich hinter den lächelnden, manchmal auch maskenhaft starren Gesichtern?
Ich konnte nur raten.
War es vielleicht der dunkelhaarige Playboy mit dem blitzenden Lächeln und der Kapitänsmütze auf dem Kopf, die er zum dunkelblauen Blazer trug. Er hatte sich gleich zwei Mädchen geschnappt, die in seinen Armen hingen und ihm abwechselnd, weil seine Hände ja beschäftigt waren, Drinks einflößten.
Meine Gedanken wurden unterbrochen, weil mich Germaine Gradie angestoßen hatte.
Bevor ich sie fragen konnte, was los war, schob sie sich vor und erreichte die Bar, wo wie durch ein Wunder Plätze frei geworden waren. Sogar für uns drei.
Bill hatte sich ebenfalls schon einen Platz ergattert, ich kam als letzter und stellte mich neben ihn.
»Das klappte ja gut«, sagte ich und mußte mich schräg hinstellen.
»Stehst du bequem?« fragte Bill.
»Ja.«
»Das glaube ich, aber tu mir einen Gefallen und nimm deinen Fuß von meinem Zeh.«
»Und ich dachte schon, hier gäbe es einen weichen Fußboden.«
»So kann man sich irren.«
Harry kam. Germaine hatte einen Hocker ergattert. Sie schaute den Keeper lächelnd an. »Hi, Harry.«
»Germaine, wie nett.« Er reichte ihr die Hand. Dabei traf uns ein Blick seiner kalten Augen. »Sind das deine Freunde?«
»Sicher.«
»Dann sind sie auch meine. Ich grüße euch.« Auch wir bekamen einen Händedruck.
»Sie sind aus der Branche!« erklärte Geimaine.
»Auch Mode?«
»So ist es.«
»Und was macht Ducce?« Harry fragte es mit dem unschuldigsten Gesicht der Welt.
»Er lebt nicht mehr.«
»Ach.«
»Ja«, sagte Germaine, »er ist tot. Es erwischte ihn in London.«
Der Keeper verzog das Gesicht. »Da möchte ich nicht sterben, wirklich nicht. Tut mir leid um Yves. War ein netter Kerl. Wir trinken noch einen aef ihn. Bis gleich.« Er winkte lässig und kümmerte sich wieder um die anderen Gäste.
»Das also war Harry«, sagte Bill.
»Das ist er«, erwiderte Cermaine.
»Und?« Bill räusperte sich. »Hat er sich verändert?«
Germaine rauchte und blies den Qualm gegen eine der strahlenden Untertassen. »Nein, er ist völlig normal. Keine Veränderung. Anscheinend sieht er alles sehr gelassen. Aber schauspielern konnte er schon immer.«
Ich wechselte das Gesprächsthema. »Sehen Sie eigentlich alte Bekannte hier?«
Sie verzog die Mundwinkel. »Jede Menge.«
»Aber Sie wissen nicht, wer zu dem Club gehört?«
»Nein.«
»Das ist natürlich schlecht.«
»Wer könnte denn dazu gehören?« fragte ich.
Sie lächelte knapp. »John, Sie stehen noch immer schräg. Der Typ, der sie mit seinem Rücken fast berührt, ist einer aus der Kosmetikbranche. Ein Generalvertreter. Mit ihm hatte Yves auch zu tun.«
»Interessant.«
Bill kannte mich. »Willst du ihn testen?«
»Weshalb nicht?«
»Ohne Kreuz?«
»Das geht auch anders«, erwiderte ich und legte den linken Zeigefinger gegen die Lippen, als Bill noch eine Zusatzfrage stellen wollte. Mit der rechten Hand griff ich in die Tasche. Dort befand sich magische Kreide. Sie wurde aus Tierfetten hergestellt, die man kochte und in die man einige spezielle
Weitere Kostenlose Bücher