Harter Schnitt
Rücken war für ihn wie eine Wand aus Eis. Er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte, deshalb ignorierte er es und setzte sich vor Faith auf den Couchtisch.
Sie trank einen großen Schluck Wasser, bevor sie sagte: » Mein Kopf bringt mich um.« Der Schock des Geschehenen traf sie wie ein Blitzschlag. » Wo ist meine Mutter?« Sie versuchte aufzustehen, aber Will drückte sie auf die Couch zurück. » Wo ist sie?«
» Sie suchen nach ihr.«
» Die kleinen Mädchen…«
» Es geht ihnen gut. Bitte, nur noch einen Augenblick sitzen bleiben, okay?«
Sie sah sich um, und ein wenig ihrer Wildheit kehrte zurück. » Wo ist Emma?«
» Sie ist bei Mrs. Levy und schläft. Ich habe Jeremy im College angerufen…«
Faith’ Mund klappte auf. Will sah, dass das Leben zu ihr zurückkehrte. » Was haben Sie ihm gesagt?«
» Ich habe mit Victor gesprochen. Er ist immer noch der Studentendekan. Ich wusste, Sie hätten nicht gewollt, dass ich einen Polizisten in Jeremys Klassenzimmer schicke.«
» Victor.« Faith presste die Lippen zusammen. Sie war mit Victor eine Weile zusammen gewesen, aber vor fast einem Jahr hatten sie sich getrennt. » Bitte sagen Sie mir, dass Sie Emma nicht erwähnt haben.«
Will wusste nicht mehr genau, was er Victor gesagt hatte, aber er vermutete, dass Faith es noch nicht geschafft hatte, dem Mann zu sagen, dass er eine Tochter hatte. » Tut mir leid.«
» Egal.« Sie stellte die Wasserflasche ab, doch ihre Hand zitterte, und so spritzten ein paar Tropfen auf den Teppich. » Was sonst noch?«
» Wir versuchen, Ihren Bruder zu finden.« Dr. Zeke Mitchell war Chirurg bei der Air Force und irgendwo in Deutschland stationiert. » Amanda setzt sich mit einem Freund bei der Dobbins Air Reserve in Kontakt. Das kürzt den Dienstweg ein wenig ab.«
» Mein Handy…« Sie schien sich zu erinnern, wo sie es gelassen hatte. » Mama hat seine Nummer neben dem Telefon in der Küche.«
» Ich hole sie, sobald wir fertig sind«, versprach Will. » Erzählen Sie mir, was passiert ist.«
Faith holte stockend Luft. Er merkte, dass sie zu kämpfen hatte mit dem Wissen darüber, was sie getan hatte. » Ich habe zwei Menschen getötet.«
Will nahm ihre beiden Hände. Ihre Haut war kalt und feucht. Sie zitterte leicht, aber er glaubte nicht, dass es vom Blutzucker kam. » Sie haben zwei kleine Mädchen gerettet, Faith.«
» Der Mann im Schlafzimmer…« Sie hielt inne. » Ich verstehe nicht, was passiert ist.«
» Sind Sie wieder verwirrt? Soll ich Dr. Linton holen?«
» Nein.« Sie schüttelte so heftig den Kopf, dass er schon dachte, er sollte Sara zurückholen. » Sie ist nicht schlecht, Will. Meine Mom hat keinen Dreck am Stecken.«
» Wir müssen nicht darüber…«
» Doch, wir müssen darüber reden«, beharrte Faith. » Auch falls sie früher mal was Illegales getan haben sollte, sie ist seit fünf Jahren nicht mehr im Dienst. Sie geht zu keinen Wohltätigkeitsveranstaltungen und sonstigen Ereignissen. Sie redet mit niemandem aus diesem alten Leben. Sie spielt freitags Karten mit ein paar älteren Damen aus dem Viertel und geht jeden Mittwoch und jeden Sonntag in die Kirche. Sie passt auf Emma auf, wenn ich bei der Arbeit bin. Ihr Auto ist fünf Jahre alt. Sie hat eben die letzte Rate der Haushypothek abbezahlt. Sie ist nicht in etwas verwickelt. Es gibt keinen Grund, warum irgendjemand denken sollte…« Ihre Lippen fingen an zu zittern. Die Augen wurden feucht.
Will berichtete ihr das wenige Konkrete, das er wusste. » Draußen steht ein Mobiles Kommandozentrum. Alle Highways werden überwacht. Evelyns Foto wird in allen Nachrichtensendungen gezeigt. Jeder Streifenwagen hat ihr Bild. Wir scheuchen alle Informanten auf, um herauszufinden, ob sie irgendwas gehört haben. Ihre sämtlichen Telefone werden überwacht, für den Fall, dass es eine Lösegeldforderung gibt. Amanda hat zwar einen Anfall bekommen, aber die Polizei hat einen ihrer Detectives in ihrem Haus, der E-Mail und Anrufe überwacht. Jeremy ist bei Ihnen zu Hause. Sie haben einen Zivilbeamten für ihn abgestellt. Bei Ihnen ist auch jemand.«
Faith hatte selbst schon Entführungsfälle bearbeitet. » Glauben Sie wirklich, dass es eine Lösegeldforderung geben wird?«
» Könnte passieren.«
» Das waren Texicanos. Die haben nach etwas gesucht. Deshalb haben sie meine Mutter mitgenommen.«
Will fragte: » Wonach haben sie gesucht?«
» Ich weiß es nicht. Das Haus war völlig auf den Kopf gestellt. Der Asiate meinte, sie würden
Weitere Kostenlose Bücher