Harter Schnitt
dafür war, dass einem in die Brust geschossen wurde. » Dann kommt Bösewicht Nummer zwei, wahrscheinlich von dort.« Er deutete zum Durchgang zwischen Küche und Esszimmer. » Es kommt zum Kampf. Evelyn verliert ihre Waffe. Sehen Sie dort?«
Will blickte zu dem Plastikmarker auf dem Boden. Dank Charlies Hinweis erkannte er dort den schwachen, blutigen Umriss eines Revolvers.
» Evelyn schnappt sich das Messer von der Arbeitsfläche. Ihr Blut ist auf dem Griff, nicht auf der Klinge.«
Amanda unterbrach ihn. » Auf dem Messer ist nicht nur ihr Blut?«
» Nein. Nach ihrer Personalakte ist Evelyn 0 -positiv. Wir haben B-negativ auf der Klinge und hier vor dem Kühlschrank gefunden.«
Sie schauten alle auf ein Dutzend große, runde Blutstropfen auf dem Boden hinunter.
Mittal erläuterte: » Es ist eine passive Tropfenverteilung. Arterien wurden nicht verletzt, sonst gäbe es ein Spritzmuster. Alle Proben wurden für eine DNA -Analyse ins Labor geschickt. Ich schätze, die Ergebnisse haben wir in einer Woche.«
Ein Lächeln huschte über Amandas Lippen, während sie das Blut anstarrte. Sie klang ein wenig triumphierend. » Hat irgendeiner der Toten B-negativ?«
Charlie schaute noch einmal Mittal an. Der Mann nickte zustimmend. » Der Asiate in dem hässlichen Hemd war 0 -positiv, was rassenübergreifend eine ziemlich häufige Blutgruppe ist. Es ist Evelyns Gruppe. Es ist meine Gruppe. Der andere, den wir wegen seines Tattoos Ricardo nennen, war B-negativ, aber jetzt kommt der Knaller: Er hat keine Stichverletzungen. Ich meine, irgendwann blutete er. Er wurde offensichtlich gefoltert. Aber das Blut, von dem wir hier sprechen, findet sich in einer größeren Menge, als jede…«
Amanda unterbrach ihn. » Wir haben da draußen jemanden mit einer Stichwunde, der die Blutgruppe B-negativ hat. Ist das selten?«
» Weniger als zwei Prozent der amerikanischen Bevölkerung kaukasischer Herkunft sind B-negativ«, erwiderte Charlie. » Bei den Asiaten sind es ein Viertelprozent, bei den Hispanos etwa ein Prozent. Das heißt also, es ist eine sehr seltene Blutgruppe, was es möglich macht, dass unser toter B-negativer Ricardo genetisch verwandt ist mit unserem flüchtigen und verletzten B-negativ.«
» Wir haben da draußen also einen Verletzten mit Blutgruppe B-negativ.«
Dieses eine Mal war Charlie schneller als sie. » Ich habe bereits an alle Krankenhäuser im Umkreis von hundert Meilen eine Suchanfrage nach Stichwunden jeder Art herausgegeben– männlich, weiblich, weiß, schwarz, orange. Nur in der letzten halben Stunde hatten wir drei Fälle, die wir bereits ausschließen konnten, weil sie im häuslichen Umfeld passierten. Es werden mehr Leute gestochen, als ich gedacht hätte.«
Mittal versicherte sich, dass Charlie fertig war, und wies dann auf das auf dem Boden verschmierte Blut. » Diese Schuhabdrücke deuten auf einen Kampf zwischen einer kleinen Frau und einem Mann mittlerer Größe und einem Gewicht von ungefähr siebzig Kilo hin. An der Verteilung von Hell und Dunkel in den Abdrücken können wir erkennen, dass eine Hebung des inneren Fußrands, also eine Supination, vorliegt.«
Amanda unterbrach die Vorlesung. » Kommen wir zurück zur Stichwunde. Könnte sie tödlich sein?«
Mittal zuckte die Achseln. » Das müssen Sie den Medical Examiner fragen. Wie bereits zuvor gesagt, gibt es kein Spritzmuster auf den Wänden oder der Decke, woraus wir schließen können, dass keine Arterie verletzt wurde. Diese Tropfenverteilung hier könnte vielleicht Folge einer Kopfwunde sein, bei der es bei minimaler Schädigung eine relativ hohe Blutmenge gibt.« Er schaute Charlie an. » Pflichten Sie mir bei?«
Charlie nickte, fügte aber hinzu: » Auch eine Bauchwunde könnte so bluten. Ich bin mir nicht sicher, wie lange man mit so etwas durchhält. Falls man den Filmen glaubt, nicht lange. Falls ein Lungenflügel getroffen wurde, hätte er vielleicht eine Stunde, bis er erstickt. Es kommt zu keinem arteriellen Spritzen, es ist also eine sickernde Wunde. Was die Möglichkeit einer Kopfwunde angeht, bin ich mit Dr. Mittal einer Meinung…« Er zuckte die Achseln, hatte dann aber doch einen Einwand. » Die Klinge war von der Spitze bis zum Heft mit Blut bedeckt, was darauf hindeuten könnte, dass das Messer tief in den Körper eindrang.« Er sah Mittals Stirnrunzeln und ruderte zurück. » Allerdings könnte es auch sein, dass das Opfer das Messer packte, wodurch seine Hand verletzt und die Klinge mit Blut bedeckt
Weitere Kostenlose Bücher