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Harter Schnitt

Harter Schnitt

Titel: Harter Schnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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war. Opfer des Bombenanschlags im Centennial Olympic Park waren hier behandelt worden. Grady war noch immer das beste Unfallkrankenhaus in der ganzen Gegend. Opfer mit ernsten, lebensbedrohlichen Verletzungen wurden alle zur Behandlung hierhergeflogen, was bedeutete, dass der Medical Examiner des Fulton County hier eine Filiale hatte, um die Toten in der Leichenhalle unten im Keller obduzieren zu können. Zu jedem Zeitpunkt warteten zwei oder drei Leichen auf den Transport. Bevor Sara damals den Job des Coroners im Grant County übernommen hatte, hatte sie im Institut des Medical Examiner an der Pryor Street in der Innenstadt eine Ausbildung gemacht. Sie waren permanent unterbesetzt gewesen und hatten viele Mittagspausen mit Leichenfahrten zum Grady zugebracht.
    Die Aufzugstür ging auf. George, einer der Wachmänner, kam heraus. Sein Körper füllte den Korridor fast aus. Er war Football-Spieler gewesen, bis ein ausgerenkter Knöchel ihn davon überzeugt hatte, einen anderen Karriereweg einzuschlagen.
    » Dr. Linton.« Er hielt ihr die Tür auf.
    » George.«
    Er zwinkerte ihr zu, und sie lächelte.
    In der Kabine wartete bereits ein junges Paar. Sie hielten sich fest in den Armen, während der Aufzug einen Stock nach unten fuhr. Das war eines der Probleme, wenn man in einem Krankenhaus arbeitete. Wohin man sich auch wandte, überall stieß man auf Menschen, die einen der schlimmsten Tage ihres Lebens durchmachten. Vielleicht war das die Veränderung, die Sara in ihrem Leben brauchte– nicht ihre Wohnung zu verkaufen und sich einen gemütlichen Bungalow zu kaufen, sondern wieder eine private Praxis zu eröffnen, in der die einzige Notfallsituation des Arbeitstages die Entscheidung war, welcher Pharmavertreter einen zum Mittagessen einladen durfte.
    Zwei Etagen tiefer im Kellergeschoss war es deutlich kühler. Sara knöpfte ihren Arztmantel zu, als sie am Archiv vorbeiging. Im Gegensatz zu früher, als sie am Grady ihre Assistenzzeit absolviert hatte, musste man jetzt nicht mehr für Krankenakten Schlange stehen. Alles war automatisiert, Patienteninformationen nur so weit weg wie der nächste Tablet-Computer mit Zugriff auf das Intranet des Krankenhauses. Röntgenaufnahmen konnte man auf Monitoren in den Krankenzimmern betrachten, und die Medikationen waren auf den Armbändern der Patienten codiert. Als das einzige verbliebene öffentlich finanzierte Krankenhaus in Atlanta stand das Grady beständig am Rande des Bankrotts, aber wenigstens versuchte es, mit Stil unterzugehen.
    Vor der dicken Doppeltür, die die Leichenhalle vom Rest des Krankenhauses trennte, blieb Sara stehen. Das Rauschen des Luftdruckwechsels war zu hören, als die isolierten Stahltüren sich öffneten.
    Der Aufseher schien überrascht zu sein, Sara hier zu sehen. Er war so sehr Grufti, wie man es in blauer Krankenhauskluft sein konnte. Alles an ihm verkündete, dass er zu cool war für diesen Job. Seine gefärbten schwarzen Haare waren zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst; seine Brille sah aus, als hätte sie John Lennon gehört; sein Lidstrich wirkte wie aus einem Kleopatra-Film. Für Sara ließen ihn der Schmerbauch und der Fu-Manchu-Bart aussehen wie Spike, Snoopys Bruder. » Haben Sie sich verlaufen?«
    » Junior«, las sie von seinem Namensschild ab. Er war jung, wahrscheinlich in Nans Alter. » Ich habe mich gefragt, ob jemand vom Fulton Medical Examiner hier war.«
    » Larry. Er lädt gerade hinten auf. Gibt es ein Problem?«
    » Nein, ich wollte nur ein bisschen an seinem Wissen teilhaben.«
    » Wusste gar nicht, dass er Wissen hat.«
    Ein dünner Hispano kam aus dem hinteren Raum. Die Krankenhauskluft hing an ihm wie ein Bademantel. Er war etwa so alt wie Junior, was hieß, dass er vor ein paar Wochen wahrscheinlich noch in Windeln herumgelaufen war. » Sehr lustig, jefe .«Er boxte Junior in den Arm. » Was brauchen Sie, Doc?«
    Das lief nicht so wie geplant. » Nichts. Tut mir leid wegen der Störung, Jungs.« Sie wandte sich zum Gehen, doch Junior hielt sie zurück.
    » Sie sind Dales neue Lady, nicht? Er meinte, Sie sind eine große Rothaarige.«
    Sara biss sich auf die Lippe. Was hatte Dale mit diesen Zehnjährigen zu schaffen?
    Juniors Gesicht verzog sich zu einem Grinsen. » Dr. Linton, nehme ich an.«
    Sie hätte gelogen, wenn nicht ihr Ausweis an der Brusttasche gebaumelt hätte. Und die Tatsache, dass sie die einzige rothaarige Ärztin im Krankenhaus war.
    Larry zeigte sich hilfsbereit: » Würde mich sehr freuen, Dales Neuer

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