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Hartland

Hartland

Titel: Hartland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Buescher
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Hügel. Jede Nacht Schießereien im Viertel, Bandenkriege und sie mittendrin. «Sie brachen ins Haus ein und veränderten Dinge dort, einfach, um uns zu zeigen, wir können euch jederzeit finden und töten.» Und Johnny, der mit uns fuhr, erzählte von seiner Zeit als Unfallwagenverwerter in Dallas. «Alle paar Tage ein Toter, auf den Highways ein Wrack nach dem andern. Viele fuhren wie Verrückte, es gab ständig neue Wracks, und ich habe sie abgeschleppt, es war ein gutes Geschäft, das kann ich dir sagen, da konntest du viel Geld machen. Aber es ging nicht mehr. Wenn du nicht in die Bandenkriege hineingerissen werden willst, kannst du nur weg, raus aus Dallas. Du bist allein. Du änderst nichts, gar nichts. Du kannst nur gehen, das haben wir getan.» Er schwieg. Dann fragte er: «Kennst du die Bibel? Weißt du, was Sodom und Gomorrha ist – ja? Dann weißt du, was Dallas war in diesen Jahren!» Er formte die Hand zur Pistole, ließ sie zucken wie vom Rückstoß und ahmte das Geräusch von Schüssen nach: «Paff! Peng!»
    Der Hurrikan
    Waco – es genügte, den Namen der Stadt zu nennen, um Bilder von Wahn, Verhängnis, Tod heraufzubeschwören, Fernsehbilder von der Belagerung, der Erstürmung, dem blutigen Untergang der Davidianersekte. Waco war die Hitze in Stein, staubiggelb und staubigrot, die Fassadenfarben des tiefen Südens, erste Palmen. Die Hitze sammelte sich jeden Morgen auf den Plätzen und vollendete ihre schrankenlose Herrschaft jeden Nachmittag. Ich lief einen Zickzackkurs von Vordach zu Vordach, von Schatten zu Schatten, es war nur eine Frage der Zeit, bis ich das teure, klimatisierte Hotel betreten würde, zu dem ich so schlecht paßte, in dessen Nähe ich aber die ganze Zeit herumlungerte.
    Waco schien noch ausgestorbener als andere Städte, seine Bars und Cafés waren noch abgedunkelter als sonst. Buchstäblich niemand ließ sich auf den Straßen blicken, außer ein paar ahnungslosen dünnen Studentinnen in der Universitätsgegend, als läge etwas in der Luft und man bliebe besser in Deckung. Man unterhielt ein Texas-Ranger-Museum und beschwor auch sonst die Vergangenheit, aber auch ohne das, so wie es war, gab Waco mir das Gefühl, in eine sirrende, lauernde Stadt zu kommen, trotz ihres modernen Anstrichs, nicht viel anders als vor hundertzwanzig Jahren. Ich schnippte meine Bedenken fort und betrat das Hotel – der einzige staubige Gast unter lauter festlich gekleidetenHochzeitsgästen, denn eine große Hochzeit würde an diesem Abend stattfinden, aber man gab sich Mühe, mich das Befremden über mein Aussehen nicht spüren zu lassen, dafür war ich dankbar.
    Derweil kündigte das Fernsehen einen Hagelsturm an. Mehrere Tornados waren auf dem Weg nach Waco, ihr Vorankommen wurde minutengenau beobachtet. Ein
storm chaser
berichtete live von der Front, einer jener Tornadoverrückten, die in die Wirbelstürme hineinfuhren, um ihnen so nahe wie möglich zu sein. Nach einer Weile ging ich wieder hinaus. Der Himmel war gleißend blau, die Hitze stand im Zenit. Nur ein kleines, lächerlich kleines Gewölk kroch herbei, als habe ein Kind einen schwarzen Klecks ins totale Blau gemalt. Doch der Klecks wurde größer und größer, bald nahm er ein Fünftel, ein Viertel, ein Drittel des Himmels ein. Niemand machte sich etwas daraus, die Leute nicht, die sich jetzt, gegen Abend, blicken ließen, um auszugehen, die Sonne nicht und der Himmel auch nicht, er blieb gleißend blau, die Sonne brannte weiter auf Waco nieder, und die Leute schauten nicht einmal hinauf. Sie hatten recht, so gelassen zu bleiben, das Gewölk verzog sich so schnell, wie es heraufgezogen war – ein Vorzeichen nur.
    Ein Freitagabend war es, alle hatten sich feingemacht, die einen gingen zur Hochzeit, die anderen in den Club auf der Südseite des Platzes, dort trat ein beliebter Countrysänger auf, von dem ich noch nie gehört hatte. Herren im Smoking und Damen in Abendroben stiegen die große Treppe zum Hotelfoyer herab wie Stars in einer Fernsehshow, gefolgt von ihren Töchternin giftgrünen oder roten Roben. Draußen auf dem Platz mischten sich Hochzeitsgäste und Konzertbesucher. Junge Männer mit Cowboyhüten und Cowboystiefeln parkten ihre schweren Pickups, Mustangs und Hummers und drängten in die Musikhalle. Erst recht hatten sich ihre jungen Frauen herausgeputzt für diesen Abend. Eine kam mit schwarzem Cowboyhut, geschmückt mit schwarzem Flor und Federn, eine andere schulterblattfrei, ins linke Schulterblatt hatte sie sich

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