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Hartland

Hartland

Titel: Hartland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Buescher
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das war nicht das Schlimmste. Ich besaß nichts mehr außer dem, was ich am Leibe trug, dem Paß in der Hemdtasche und den paar hundert Dollar in bar in der Hosentasche, die ich mir zuletzt besorgt hatte. Früh am Morgen, bevor ich La Grange verlassen hatte, war ich noch einmal zu den Eichen gegangen. An eine hatte ich den Rucksack gelehnt, den schleppst du heute noch lange genug, sagte ich mir. Ich lief von Baum zu Baum, und immer lockte mich ein noch prachtvollerer, erstaunlicherer, ich lief weiter und weiter in die Eichen hinein und vergaß die Zeit. Als ich merkte, daß ich auch den Rucksack vergessen hatte, kehrte ich um, aber ich fand ihn nicht mehr.
    Je verzweifelter ich suchte, desto verworrener wurde La Grange. Je verbissener ich mich auf den Weg konzentrieren wollte, den ich gegangen war, auf Merkmale der Eiche, an die ich den Rucksack gelehnt hatte, auf Zeichen, die ich mir doch eingeprägt hatte, desto irrer wurde ich an jeder Baumsilhouette, an jeder Straße, in die ich bog. So viele Eichen, so viele Zeichen. Im Rucksack war fast alles, was ich bei mir hatte. Ich gab nicht auf – aber es war sinnlos. Suchend, herumirrend hatteich inzwischen jede Orientierung verloren. Vielleicht hatte jemand den herrenlosen Rucksack mitgenommen, vielleicht in bester Absicht. Vielleicht stand der Rucksack immer noch hinter der Eiche, in deren Obhut ich ihn gelassen hatte, und ich war dreimal daran vorbeigelaufen.
    Der dunkle Tag wurde noch dunkler, jetzt brach das Unwetter los. In Sekunden war alles triefnaß an mir. Seit La Grange, seit ich ohne Rucksack lief, hatte niemand mehr für mich angehalten. Kein Wunder, jetzt war ich der, den mir die Warner ausgemalt hatten – ein Hobo, ein Freak, ein Niemand ohne Gepäck auf der Landstraße irgendwo in Amerika.
    Dann geschah das Erstaunliche. Ein Pickup hielt, ich rannte hin. Der Fahrer bedauerte, vorne bei ihm sei alles vollgestopft, ob mir die Ladefläche recht sei. Sie war mir recht, was sonst. Ich sprang auf. So gut es ging, drückte ich mich zwischen die Fahrerkabine und den Kranaufbau, mit dem ich mir den Platz teilte, aber beide schützten mich nicht, denn der Regen kam nicht von irgendeiner Seite, er ging senkrecht auf mich nieder. Naß wie ein Fisch hockte ich auf der Ladefläche und wärmte mich an dem Gedanken, daß das Unwetter bald vorüber sei.
    Als wir den nächsten Ort erreichten, hielt mein Retter an einer Tankstelle und ließ mich abspringen. Ich sagte ihm, was mir passiert war. Nur ein Satz, kein Wort zuviel, und was tat er, ein einfacher Handwerker? Er fragte: «You need money?» Ich dankte ihm und schüttelte den Kopf, nein, Geld war nicht, was ich jetzt brauchte, die Scheine in der Hosentasche waren klatschnaß, aberich würde sie schon wieder trocknen. Er wünschte mir Glück und fuhr weiter. Ich ging in die Tankstelle und fragte den Mann an der Kasse nach einem Motel, einem billigen, ich mußte meine nassen Dollars einteilen. Er sah mich von oben bis unten an, und obwohl sich hinter mir eine Schlange bildete und mancher es sicher eilig hatte, ließ er sie alle warten und telefonierte so lange, bis er eine Adresse hatte, die schrieb er mir auf.
    Ich dankte auch ihm und ging weiter in Richtung Stadt. Wieder hielt ein Auto. «Need a ride?» – «Danke, nicht nötig, ich will nur zu diesem Motel.» Ich winkte mit dem Zettel. Der Fahrer aber ließ nicht locker, drei Motels gebe es hier, es mache ihm nichts aus, mich kurz herumzufahren und sie mir zu zeigen. Es endete damit, daß er mich in die nächste Stadt fuhr. Unterwegs nannte er mir seinen Beruf. Undertaker. Leichenbestatter.
    Der Handwerker, der mich aus dem Unwetter auflas. Der Mann in der Tankstelle, der mir half, unbekümmert um seine Kunden. Und nun der Bestatter. Sie machten nicht viele Worte, sie boten dem nassen Kerl von der Landstraße an, was sie gerade zu geben hatten, tippten an ihren Hut und waren fort. Komme, was wolle, das würde ich Texas nicht vergessen.
    Das Paradies
    In Corpus Christi sah ich den ersten wilden Pelikan meines Lebens, er schwebte über dem Karibischen Meer – weiße Segel, Palmen, die langgeschwungene Küstenlinie, im Dunst sich verlierend. Alles abwerfen, in die Wellen rennen, wie hatte ich mich danach gesehnt in den Monaten auf der Straße. Ich sah an mir herab. Da war nicht mehr viel abzuwerfen. Ich rechnete. Mein Geld war längst wieder trocken; wenn ich mich einschränkte, würde es reichen bis zum Rio Grande. Der Pelikan zog seine Bahn. Er flog nach

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