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Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie

Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie

Titel: Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: beltz Verlag
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ab, sein unsteter Blick ging über in einen Ruhe vermittelnden Austausch von Blicken. Er schloss gar öfter die Augen und fing an, vertieft zu atmen. Die Atmung führte ihn sicher zu sich selbst. So kam er am zuverlässigsten bei sich an. Wenn er nach solchen Stunden wegging, war sein Gesicht gelöster, der Gang fester, aufrechter, sicherer. Andere Übungen dienten verstärkt dazu, Türen aus der philosophierenden Kopflastigkeit des jungen Mannes zu seinen verhuschten Gefühlen zu öffnen. Die Verbindung seiner unbezogenen Innenwelt mit der belebten Außenwelt vollzog sich zwar in seinem ganz individuellen, eher langsamen Rhythmus, aber sie zeigte Wirkungen. Der mittlerweile im guten Sinn erwachsen gewordene Mann bewegt sich sicher und realitätsangemessen in seinen Lebensbezügen. Er fühlt sich »zentriert«. Sein früheres Philosophieren hat den Charakter echter Belesenheit angenommen und ist mit Teilhabe am Leben verbunden. Eine innere Bereicherung sind neu gewonnene Freunde, die viel und gern mit ihm sprechen und ihn in früher gescheute Freizeitaktivitäten einbinden.
Ich fühle mich so hin-
und hergerissen …
    Ein Klient, der, als er zu mir in die Beratung kam, den Eindruck machte, mit einem nur unzureichend gekitteten Riss in der Seele durchs Leben zu gehen, ist mir in besonderer Erinnerung geblieben.
    Bereits als er zum ersten Gespräch die Treppe zum Beratungszimmer hinaufstieg und noch bevor wir außer unserer telefonischen Verabredung überhaupt ein weiteres Wort miteinander gewechselt hatten, fiel mir ein merkwürdiger Widerspruch an ihm auf. Nachdem er mir gegenübersaß und mich zum Ankommen erst einmal abtastend und mit durchdringendem Blick beäugte, sprang mir besagter Widerspruch richtiggehend in die Augen. Gemäß allen nonverbalen Signalen, die mir vom Klienten zuflossen, schätzte ich ihn ohne Zögern auf exakt 18 Jahre. Gleichzeitig war ich mir absolut gewiss, dass das unmöglich sein wahres Alter sein konnte. Sein Aussehen, seine Statur und besonders seine bereits leicht ergrauten Haare entsprachen so ganz und gar nicht einem 18-jährigen jungen Mann. Tatsächlich betrug sein biologisches Alter 29 Jahre. In den Kernbereichen der Persönlichkeitsentwicklung war indes seine Reifung blockiert. Mit 18 Jahren hatte er es aufgegeben, innerlich weiterzuwachsen.
    Seine Geschichte ergab ein wohl vertrautes Bild: Seine Eltern hatten sich sehr früh scheiden lassen. Weder von seinem leiblichen Vater noch von sonst einer männlichen Identifikationsfigur erfuhr er je männliche Unterstützung. Seine Mutter zog ihn zwar groß, vermittelte ihm aber nie das Gefühl, willkommen zu sein. Um ungestörter ihrem eigenen Leben nachgehen zu können, schob sie ihn mal hierhin, mal dorthin. Stabiler, emotional zuverlässiger Halt war für den Klienten ein unbekanntes Gefühl. Als Folge davon verspürte er leidvoll, wie sehr es ihm an Selbstbewusstsein mangelte. In seiner Männlichkeit war er gar derart verunsichert, dass er bis in die Gegenwart noch nie eine sexuelle Begegnung mit einer Frau hatte. Er war eindeutig nicht homosexuell, wie ich es für einen kurzen Moment in Erwägung gezogen hatte. Es war ihm sichtbar unbehaglich zumute, über seine »Jungfräulichkeit« zu sprechen. Gleichzeitig entlastete es ihn deutlich von seinen drückenden Gefühlen, mit diesem Geheimnis, das er bis dahin noch niemandem anvertraut hatte, ratlos allein zu sein. Wir kamen deshalb so frühzeitig darauf zu sprechen, weil ich ihn sehr konsequent und direkt, aber voller Taktgefühl mit meinen Wahrnehmungen seiner Person konfrontierte. Ich war mir nämlich ziemlich sicher, dass wir nicht allzu viel Zeit miteinander verbringen würden.
    Der Klient war nicht aus eigenem Antrieb zur Drogenberatung gekommen. Seine Mutter, die ihn mit 18 Jahren, dem Alter, ab dem er sich seelisch nicht wirklich weiterentwickelte, allein ließ, weil sie mit einem neuen Lebensgefährten vorübergehend in eine entferntere Stadt zog, hatte ihn unter Druck gesetzt. Von ihrem eigenen, durchgehend schlechten Gewissen ihrem Sohn gegenüber geplagt, war es ihr nie gelungen, ihn loszulassen. Sie hielt ihn im Gegenteil in Unselbstständigkeit. Wenn es in der Realität für ihren Sohn eng wurde, sprang sie laufend ein, um die Kastanien für ihn aus dem Feuer zu holen. Allzu lange Jahre versuchte sie sich zudem mit üppigen Geldzuwendungen von ihren Schuldgefühlen freizukaufen. Nun endlich hatte sie sich ihrerseits auf Anraten dazu durchgerungen, ihrem Sohn den

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