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Haschisch

Haschisch

Titel: Haschisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar A. H. Schmitz
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Blicke wieder über die Merkwürdigkeiten am Boden und an den Wänden. Mein Herz ging auf, als ich darunter zwischen vielem Unrat reine Dichterworte, tiefsinnige Symbole, erhabene Weisheitssprüche hervorschimmern sah.
    »Wer dahinein Ordnung brächte«, rief ich begeistert aus, »würde das Zeug zu der wundervollsten Dichtung finden, schenken Sie mir das Gerumpel, mich soll die Mühe nicht verdrießen!«
    Die Schmuggler erklärten sich gerne bereit.
    Derweil waren wir wieder hungrig geworden. Wir speisten zusammen in dem Felsenviereck. Bei Tisch erfuhr ich bemerkenswerte Einzelheiten über das Dasein dieser Menschen. Sie lebten vom Tauschhandel. Klein hatten sie angefangen; einige ihrer Kostbarkeiten wollten sie am Weg gefunden haben. Sie vermehrten ihren Besitz durch vorteilhafte Tauschgeschäfte. Ich gewann immer mehr den Eindruck, als ob das alles nicht immer redlich zuginge.
    »Sie werden uns doch auch etwas als Entgelt für unsere Gaben zurücklassen?« fragte man mich.
    Ich erschrak, denn ich hatte nichts bei mir als eine recht miserable deutsche Dichterzigarre.
    »Beunruhigen Sie sich nicht. Sie lassen uns drei Ihrer Träume, und wir sind zufrieden.«
    »Träume?« rief ich aufatmend. »Davon habe ich genug. Wenn Sie ein Mittel wissen, mich schmerzlos von einigen zu befreien...«
    Wir kamen dann auf andere Gesprächsthemen, auf Politik, auf die damals herrschende Unzufriedenheit der Völker mit ihren Regenten. Die Schmuggler taten so, als hätten sie dabei irgendwie die Hand im Spiel.
    »Nein, nein«, rief einer aus, »die echte Revolution geben wir so bald nicht wieder her. Wir haben sie nur mühsam zurückbekommen gegen die Heuchelei, die doch sonst so hoch im Preise stand. Aus Frankreich erhalten wir fast täglich Briefe, wir möchten sie wieder hergeben, sie wollen uns dafür die Glorie Bonapartes ungeschmälert ausliefern. Aber wir tun es nicht. Sie bekommen höchstens ein paar Barrikadenkämpfe.« Ich bemerke, daß das Jahr 48 vor der Tür stand.
    Ein über alle Maßen widerliches, trockenes Lachen tönte aus der Ecke. Es war ein Heiterkeitsausbruch des Skeletts.
    »Großmäuler Ihr«, rief die Alte, »Ihr müßt sie ja doch hergeben, wenn die Dame Schicksal kommt und es verlangt. Hi ... hi ... Gut, daß die Euch ein wenig überwacht, sonst würdet Ihr die ganze Welt auf den Kopf stellen. Hi ... hi ...«
    Der Schmuggler, der vorher gesprochen hatte, faßte schweigend die Alte an einem Strick, den sie stets um den linken Knöchel trug und hängte sie damit, den Kopf nach unten, an einen Nagel, der hoch aus der Felswand ragte. Sie wimmerte ein wenig, war aber anscheinend an diese wohlverdiente Züchtigungsart gewohnt. Die 500 Frauen, zu denen die Pforte noch offen stand jauchzten, die zunächst Liegende sagte mit etwas fremdländischem Akzent, sie würde sich so etwas nicht bieten lassen. Mit ihr hätte es aber wohl kaum einer versucht. Sie besaß königliche Formen.
    Meine üble Meinung von diesen Leuten bestätigte sich immer mehr. Sie waren gewiß Kenner der Echtheit, in deren Besitz sie sich zu setzen wußten, um sie zu entwürdigen. Natürlich machten sie glänzende Geschäfte, wenn sie die große Revolution in zahllose Barrikadenkämpfe verzettelten, die sie einzeln feilboten. Ich konnte mir vorstellen, wie viel besonnene Gedanken und ehrwürdige Empfindungen sie sich für solche Nichtigkeiten bezahlen ließen, und es dämmerte mir, auf welchen unlauteren Kniffen das Geschäft dieser Menschen beruhte. Ein unheimlicher Gedanke stieg in mir auf: Wenn sie noch eine Zeitlang so weiter wirtschafteten, würden sie schließlich alles Wertvolle aus der Welt herausgezogen und ihre Scheinwerte und Verdünnungen hineingeschmuggelt haben. Mir graute vor der Feigheit, Heuchelei, Unwahrheit, Bedrückung, die dann zur Herrschaft kämen, während die Freiheil, die Schönheit, die Erkenntnis in Felsenkammern als Kuriositäten moderten oder alchimistisch entstellt würden. Es war nur gut, daß sie wenigstens vor dem Schicksal Angst hatten, vielleicht weil es das einzige auf der Welt ist, womit man nicht Handel treiben kann.
    Man muß mir etwas Einschläferndes in das Getränk gegossen haben. Nur mit Mühe bemerkte ich noch, wie das Skelett wieder abgehängt wurde, einen überkochenden Kessel aus einem Stollen holen und in die Mitte rücken mußte und unter Höllenlärm der Schmugglerbande darin herumquirlte. Man warf mir unerkennbare Gegenstände hinein, Flaschen wurden darüber ausgegossen. Wenn der Kessel zu voll

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