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Haschisch

Haschisch

Titel: Haschisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar A. H. Schmitz
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war, stellte man ihn einfach schräg, bis ein Teil der Flüssigkeit überlief, die sich wie kriechendes Gewürm lautlos und dick in die Stollen verteilte. Dann wurde weiter gepantscht. Zuletzt klebte die Alte auf einer Etikette das Datum des folgenden Tages an den Kessel, den mehrere Schmuggler verschlossen. Man schob ihn bis vor eine eiserne Tür. Durch den geöffneten Flügel sah ich nichts als den gestirnten Himmel. Ich merkte, daß wir uns sehr hoch befinden mußten. Der Kessel wurde bis auf die Schwelle geschoben, das Skelett gab ihm einen Tritt, und nun rollte er auf einer Art Rutschbahn ins Tal. Die Schmugglerbande heulte ihm die gröbsten Ausdrücke nach, spie hinunter und verunreinigte überhaupt die Rutschbahn aufs unflätigste.
    »Er ist geplatzt«, rief einer entzückt, und ich stellte mir lebhaft vor, wie dieses elende Gebräu die Welt am folgenden Morgen überschwemmen würde. Offenbar gab es jeden Tag solch eine Portion.
    Nun schien der Zweck erreicht zu sein, man schloß die Tür. Ich aber tat, als ob ich schliefe, denn ich verhehlte mir nicht, daß ich in einen ungewöhnlichen Kreis geraten war, dessen Tun und Treiben ich weiter beobachten wollte. Bald aber geriet ich, wie sehr ich auch dagegen ankämpfte, in Halbschlummer. Ich träumte lebhaft, doch ich wußte, daß es Träume waren.
    Zuerst sah ich Manolitha, göttlich schön, wie sie in meiner Phantasie lebte, mit ihrer Krone goldener Haare und den Sternen im Antlitz. Ich wußte, daß es ein Traumbild war, aber ich erfreute mich daran. Doch da kam einer der Schmuggler, suchte mit den Händen etwas über dem Haupte Manolithas, rollte behutsam das vollständige Bild zusammen und reichte es der Alten, die es in einen der Stollen trug. An Stelle des Bildes sah ich eine merkwürdige Haustür mit grünen Jalousien. Darüber hing eine transparent erleuchtete Hausnummer in der Größe einer Fensterscheibe. Daneben stand zwischen zwei ordinären Amoretten auf einem Schild:

Nachtschelle für Mlle Rose, Modes.
    Ich war so keck, auf die Klingel zu drücken, und sah hinter den Jalousien zwei spähende Augen. Ein Spalt der Tür wurde geöffnet, und ein recht anständig gekleidetes Mädchen mit etwas pockennarbigem Gesicht flüsterte: »Sie sind doch empfohlen ... durch Dr. M., nicht? ... Sie wissen, nur auf Empfehlung lassen wir ...«
    Ich nickte bloß und trat ein. Am Ende des Korridors sah ich wieder in das halboffene rote Gemach, in dem die 500 nackten Frauen lagerten, die nun mir gehörten. Aber die Tür flog gleich zu.
    Das anständige Mädchen schob mich auf eine breite, verschnörkelte Holztreppe, wie sie in alten Bürgerhäusern sind. Ich ging hinauf. Es roch nach samstäglicher Putzerei. Im vierten Stock war eine Glastür, vor der auf einem Schildchen mein Name stand. Ich öffnete mit meinem Hausschlüssel, der in das Schloß paßte. Im Zimmer war ein Kaffeetisch gedeckt, beim Schein einer geblümten Petroleumlampe strickte Manolitha Socken. Hinter dem Tisch stand ein Ledersofa mit einem gehäkelten, kranzförmigen Pfühl, darüber hingen Familienporträts in ovalen Rahmen.
    Manolitha stand auf. Sie nahm sich als Hausfrau recht gut aus. »Alter«, sagte sie, »es ist gut, daß du kommst. Bereits dreimal war der Metzger mit der Rechnung ...«
    Ich wollte auf sie zugehen und ihr schlicht gescheiteltes Haar küssen, aber da kam wieder der Schmuggler, machte sich über Manolithas Kopf zu schaffen und rollte das Traumbild auf, das die Alte wieder in den Stollen trug. Statt in dem altmodischen Zimmer mit dem Kaffeegeruch befand ich mich in einem kleinen Gemach voll orientalischer Teppiche am Boden und an den Wänden. Ein Diener erwartete mich mit Tee. Neben meiner Tasse lag ein Haufen eingelaufener Briefe und Telegramme, nach denen ich griff, während der Diener mir die Stiefel auszog. Im Nebenzimmer brannten zahllose Kerzen vor Spiegeln. In der Mitte war ein Tisch mit reichem Silber und Porzellan gedeckt, seltene Blumen dufteten in bunten Vasen. Der Diener bemerkte bescheiden, alles sei für das Diner angeordnet, wie ich es befohlen hätte. In diesem Augenblick schellte es, ich wurde ans Telephon gerufen.
    Als ich aber die Hörmuschel ans Ohr legte, bemerkte ich, daß ich einen Guckkasten vor mir hatte. Ich sah darin ein wundervolles Bild. Tief im Abgrund wand sich ein Fluß zwischen südländisch üppig bewachsenen Ufern, an denen ein fast schwarzer Lorbeerhain zwischen hellerem Grün hervorstach. Aus diesem Hain erhob sich eine Gestalt, die immer höher

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