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Haschisch

Haschisch

Titel: Haschisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar A. H. Schmitz
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mir stieg eine Freitreppe, die von zwei Kandelabern erleuchtet wurde, zum Hochparterre hinauf. Oben erwarteten mich zwei Diener, die stumm ein Glasportal öffneten, durch das ich in ein helles, durchwärmtes Treppenhaus trat. Man schob mich gewissermaßen durch eine Flügeltür in ein dunkles Zimmer. Meine Füße fühlten einen dichten Teppich. Ich atmete jenen seltsamen Duft von feinem Holz und schweren Seidenstoffen, der in üppigen, wenig betretenen Räumen herrscht. Langsam tastete ich mich bis zu einem Sessel. Dann hörte ich, wie an einer entfernten Wand eine Tür auf- und zugeschoben wurde.
    »Wo sind Sie, mein Freund?« fragte die mir bekannte tiefe Stimme mit einem Ton von Vertraulichkeit, der mich nach unserem letzten Abschied überraschen mußte. »Bleiben Sie, ich werde Sie finden.«
    Ich vernahm, wie sie über den Teppich herankam, dann fühlte ich ihre Hände in meinem Haar.
    »Folgen Sie mir«, flüsterte sie.
    Wieder umschloß ich jene magere Hand, die mich führte. Ich atmete die vertrauliche Atmosphäre, die Frauen ausströmen, welche ganze Wintertage unter leichten Gewändern in ihren warmen, parfümierten Gemächern geblieben sind. Wir traten in ein anstoßendes, sehr heißes Zimmer, worin feuchte tropische Pflanzen leben mußten. Sie zog mich auf einen Divan. Das Dunkel war so undurchdringlich, daß ich nicht einmal vermuten konnte, auf welcher Seite sich die Fenster befanden.
    »Ich habe Sie nun gesehen«, begann sie, »man hat Sie mir gezeigt.«
    »Das ist ein Kompliment«, erwiderte ich.
    »Wieso?«
    »Daß Sie dennoch das Abenteuer fortsetzen.«
    »Ich finde Sie in der Tat totenhaft häßlich. Aber das ist Ihre Chance bei mir.«
    »Dann sind Sie ja lasterhaft.«
    »Und das Laster, Sie zu lieben, heißt Satanismus«, sagte sie leise lachend.
    »Ich fürchte, Ihre Lasterhaftigkeit ist nur literarisch«, erwiderte ich plötzlich skeptisch.
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Sie haben vielleicht in London oder in Paris in literarischen Kreisen gelebt, wo es noch vor kurzem für sehr elegant galt, seltenen Lastern zu frönen.«
    »Niemals. Nur Finanzleute und bestenfalls Seeoffiziere sind in meine Nähe gekommen. Ein Teil meines Lebens habe ich in Amerika zugebracht. In Paris war ich nie, möchte auch gar nicht hin, ich stelle es mir zu albern vor. In London hielt ich mich nur vorübergehend auf. Mein Vermögen hat mir ein paar Exzentrizitäten gestattet, aber ich habe bis jetzt noch nicht erfahren, was literarische Lasterhaftigkeit ist.«
    »Um so besser«, erwiderte ich, »aber woher wissen Sie etwas von Satanismus? Das Wort gehört doch nicht in das Vokabularium amerikanischer Salons?«
    »Es macht mir Spaß, Ihnen das zu erzählen«, begann sie behaglich.
    »Schon als Kind reizte mich die Phantastik des Katholizismus, aber glauben Sie mir, es ist nicht mehr als ein Sport für mich – ich gebe im Grund keinen Penny dafür –, ich bin Protestantin, und zwar aus Überzeugung. Später kaufte ich mir aufs Geratewohl katholische Schriften mit vielversprechenden, beinahe indezenten Titeln, die mich dann freilich meist enttäuschten. Das reizte mich um so mehr. Es ärgerte mich, daß diese Autoren die Geheimnisse, welche sie zu wissen vorgeben, von denen der Protestantismus nichts sagt, für sich zu behalten schienen. Wahrscheinlich ist das alles Gerede, sagte ich mir oft, aber ich wollte durchaus hinter die Schliche dieser Leute kommen. So fiel mir ein Buch über Dämonialität von dem Pater Sinistrari d'Ameno in die Hände...«
    »Den kennen Sie?« unterbrach ich überrascht.
    »Da fand ich die Beschreibung geheimer Zusammenkünfte von Frauen mit sehr sinnenstarken Wesen, genannt Inkubus. Niemals hatte ich etwas gehört, was meine Einbildungskraft mehr entflammte. Irgendwo außerhalb der Gesellschaft einen übersinnlichen Verkehr zu haben, der mit keinem menschlichen Maß zu messen ist, der darum auch keine menschlichen Sittengesetze verletzen, noch eine Dame gesellschaftlich kompromittieren kann – denn was der katholische Verfasser da von Todsünde spricht, gilt ja nicht für uns Protestanten –, das schien eine so unerhört geniale Idee, eines wirklich vollkommenen Gottes würdig, um besonders intelligente Gläubige zu belohnen, die ihre Handlungen vor der Öffentlichkeit zu verbergen lieben. Mein Leben hatte von jetzt an nur noch den Zweck, dieses außerirdische Glück zu kosten. Jahrelang lauschte ich auf alles Außergewöhnliche, das in meine Kreise drang, bis mir vor einiger Zeit eine

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