Hasenherz
ungeschickt. Die unsi cheren Bewegungen seiner Hände springen ihn selber an, führen ihn hinab in einen würzig riechenden Wald. Er steht außerhalb aller Di mensionen, ist in einem geheimnisvollen Land, und eine breite Frau, ganz Frau, wartet auf ihn zollweit entfernt, verborgen nur hinter einer einzigen Ecke noch. Er kniet am Bett, richtet sich auf den Knien auf, und Ruth ist ein unfaßbarer Kontinent unter seinen Augen, der hochge schobene Unterrock ein Norden aus Schnee.
«So weit also», sagt er.
«Zu weit.»
«Nein, sieh mich an. Es ist gut so.» Er küßt sie auf die Lippen. Ihr Mund erwartet mehr, als er bekommt. Eine kleine Bienensonde nur schiebt sich zwischen seine nassen Blütenblätter. Rabbit stützt ihren Nacken mit einer Hand ab und zieht ihr den Unterrock über den Kopf. Und dies seidige, glatte Gleiten entzückt ihn: wie leicht die Kleider von einer Frau fallen, die ausgezogen werden will. Seine Hand findet eine kühle Mulde auf ihrem Rücken, und in seinem Bewußtsein geht sie über in die weichschattige Hautfläche, die vorn von den Schulterknochen abwärts sich senkt. Er küßt sie dort. Wo ihre Haut weißer ist, ist sie auch kühler. Ruth streift den Büstenhalter herunter. Er rückt weg von ihr, auf die äußerste Kante des Bettes, und trinkt ihren reinen Anblick. Sie hält den Arm fest gegen die eine Brust gepreßt und hebt die Hand, um auch die andere zu bedecken. Ein Ring glitzert auf. Ihre Scheu preist Rabbit, beweist, daß sie etwas empfindet. Ihr gestraffter Arm stützt ihr Gewicht ab. Licht spielt über ihre rechte Seite, als ihr Körper sich schweigend herumdreht; in dieser Haltung, scheu und anmutig, ver harrt sie. Unbeweglichkeit ist ihr einziger Schutz gegen seine Augen, und ihre Gestalt bekommt etwas Unantastbares für ihn, etwas Absolu tes. Ihre Nacktheit schwingt in Gezeiten aus Stein. Und als plötzlich eine Stimme aus dieser Gestalt bricht und er staunend hört, wie sie sagt: «Und du?», ist ihm, als spreche die vollkommenste Statue zu ihm, die Frau in ihrem Urzustand, die Inkarnation der Schönheit.
Er ist noch immer ganz angezogen, sogar den Schlips trägt er noch. Als er seine Hose über den Stuhl legt, akkurat Bein auf Bein, damit die Bügelfalten nicht leiden, kriecht sie hastig unter die Decke. Er steht vor ihr in seinen Unterkleidern und fragt: «Du hast jetzt auch wirklich nichts an?»
«Du läßt mich ja nicht.»
Das Glitzern fällt ihm ein. «Gib mir den Ring.»
Sie zieht die rechte Hand unter der Decke hervor, und er schraubt vorsichtig den dicken Messingring, ähnlich einem Schulfreundschafts ring, über ihr knochiges Fingergelenk. Dann läßt er ihre Hand fallen, und im Fallen streift sie die hochgewölbte Front seines Jockeyslip.
Er sieht nieder auf Ruth und denkt nach.
Die Decke reicht ihr bis zum Hals, und ihr blasser Arm liegt in einer leichten Schlangenkrümmung obendrauf. «Nichts mehr sonst?»
«Nur noch die Haut», sagt sie, «komm, beeil dich!»
«Du willst mich?»
«Bilde dir nichts ein. Ich will's hinter mich bringen.»
«Du hast noch die ganze Schmiere im Gesicht.»
«Du bist wirklich beleidigend.»
«Ich liebe dich einfach zu sehr. Wo ist ein Waschlappen?»
«Verdammt, ich will mir nicht das Gesicht waschen!»
Er geht ins Badezimmer, knipst das Licht an und nimmt ein Handtuch und hält es unter den Heißwasserhahn. Er wringt es halbtrocken und macht das Licht wieder aus. Als er durchs Zimmer geht, auf das Bett zu, lacht Ruth, und er fragt: «Was ist so komisch?»
«In dieser blödsinnigen Unterwäsche siehst du wirklich wie 'ne Art Kaninchen aus, Rabbit. Ich hab gedacht, nur kleine Jungs trügen solche Elastikunterhosen.»
Er sieht an seinem Hemd und dem enganliegenden Slip hinunter, freut sich, und seine Erregung steigt. Sein Name in ihrem Mund ist wie eine körperliche Berührung. Sie sieht in ihm etwas Besonderes. Als er ihr mit dem rauhen Lappen ins Gesicht fährt, wird es ganz hart und sträubt sich wie Nelsons, aber er bändigt es mit der geübten Hand des Vaters. Er wischt ihr über die Stirn, kneift ihr die Nase zusammen, rubbelt über die Wangen, und zum Schluß, indes ihr ganzer Körper sich windet vor Protest, scheuert er ihr über die Lippen und zerstückelt und erstickt ihre Worte. Dann endlich gibt er ihren Händen nach und nimmt den Lappen weg von ihrem Gesicht, und sie starrt ihn an, sagt nichts, schließt die Augen.
Ihr nasses Gesicht, aus dem die einzelnen Partien jetzt kraß hervor treten, ist nicht hübsch; die
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