Hasenherz
dicken Lippen, die das meiste von ihrem Anstrich eingebüßt haben, sind wie blasse Ränder eines schlaffen Lochs. Er steht da und preßt den Lappen gegen das eigene Gesicht, als weine er. Er geht zum Fußende des Betts, wirft den Lappen zur Badezimmertür hin, schält sich aus seinen Unterkleidern, duckt sich und schlüpft eilig ins Bett. Er verbirgt sich in dem langen, dunklen Hohlraum unter der Decke.
Er ist so zärtlich mit ihr, wie er's mit seiner Frau gewesen ist. Nach ihrer Heirat, als Janice aufgehört hatte, sofort dazusein, mußte er sie mit Liebkosungen gewinnen, und er begann damit, daß er ihr den Rücken rieb. Ruth gehorcht, als er sagt, sie solle sich auf den Bauch legen, aber sie ist auf der Hut. Er setzt sich rittlings auf ihren Hintern, um seinen Händen mehr Kraft zu geben, und stützt sein ganzes Ge wicht auf seine gestrafften Arme und auf seine Daumen und Handflä chen und knetet die breiten Muskelpartien und widerspenstigen Kno chen in der Wirbelgegend. Sie seufzt und wendet den Kopf auf dem Kissen. «Du solltest dich in einer Sauna anstellen lassen», sagt sie. Er arbeitet sich zu ihrem Hals hinauf, fährt mit den Fingern nach vorn, zu ihrer Kehle hin, wo die Blutsäulen steigen und dem leisesten Druck nachgeben wie Schilf, und mit den Daumenballen massiert er ihre Schultern, und seine Fingerkuppen berühren dabei die glasigen Spitzen ihrer hügeligen Brüste. Er kehrt zu ihrem Rücken zurück und reibt ihn, bis die Handgelenke ihm weh tun, und wahrhaft erschöpft läßt er sich von seiner Nixe heruntergleiten, als habe ein Meeresbann ihn getroffen und zum Schlaf verurteilt. Er zieht die Decke über sie beide, bis zum Gesicht herauf.
Janice hat seine Augen gefürchtet, so schließt er sie nun auch vor Ruths Glut. Seine Lider fallen flatternd zu, obwohl sie sich begierig an ihn schmiegt. Ihre Hand sucht ihn und greift nach ihm und macht eine Bewegung, die rot glüht hinter seinen versiegelten Lidern. Und er sieht blau, als sie mit langsamer Hand seinen Mund aufbricht und seinen Kopf herunterbeugt zu ihren schweren Brüsten. Köstliche, weiche Hügel, üppig, mit einem Duft im Tal. Ein Geschmack nach Haut, salzig und sauer, zerfließt mit seinem Speichel. Sie rollt weg von ihm, wieder auf den Rücken, windet sich, die kostbare rote Berührung reißt ab. Kühle neue Haut. Sie ist ganz schonungslos gegen sich und zwingt ihm ihre andere Brust, die trockene, ins Gesicht; kühler Pollen ist drüberge stäubt, der zergeht. Er öffnet die Augen, sucht sie und findet ihr Gesicht, eine sanfte Maske, die unverwandt und liebend niedersieht auf ihn, und er schließt die Augen wieder, um sie weiter zu kosten. Seine Hand, die sich verloren hat in den Ebenen ihres Körpers, findet in Armeslänge eine gespaltene Schote, eine offene Furche, formlos und einfach. Sie treten in eine Zone der Trägheit. Er will, daß die Zeit sich dehnt, daß sie ganz lang wird und dünn. Und sie vertiefen sich immer mehr ineinander, und Ungeduld erfüllt ihn, daß sie trotz all ihrer Verschlingungen doch nicht sich vereinen können im Fleisch. Er fühlt seine Hände gebunden, jetzt, da sie so sehr sein Freund ist bei dieser Suche; überall stoßen sie gegen eine Wand. Der Körper hat keine Stimme, um sein eigenes Lied zu singen. Seine Ungeduld läuft spitz nach oben zu. Die Frau zieht durch sein Blut wie ein Salzhauch über seine Augäpfel; feuchtheißer Druck, das Gefühl, wie klein sie ist, wenn ihr Körper mit jeder Faser sich seinen Händen entgegendrängt, ihr Atmen, das Quietschen der Bettfedern, zufällige klatschende Berüh rung und der Schmerz an der ausgedörrten Wurzel seiner Zunge, alles trägt eine deutliche Farbe für ihn.
Wie ein kleiner Stoß trifft es ihn in seiner Hingeschmolzenheit: «Kommst du?» Ihre Stimme ist heiser. Er kniet zwischen ihren ge spreizten Beinen wie in jäher Übelkeit, und ihr weißverwischter Kör per ist willig unter ihm hingebreitet. Mit ihrer Hilfe finden ihre blinden Lenden sich. Traurigkeit im Augenblick der Besitznahme. Er stützt sich auf seine Arme über ihr, kontrolliert sich, denn hier, auf dieser Strecke, hat er Janice so oft verloren, weil er zu rasch gewesen ist. Aber, sei es der Alkohol, der in seiner Blutbahn zirkuliert, sei es sein Glück, das ihn schwer macht und trunken, seine Liebe hat es nicht eilig, sich in die warme Höhlung zu ergießen. Er schmiegt das Gesicht an den Hals der Frau, in ihr Minzenhaar. Mit zarten, zarten Armen umschlingt sie ihn, wälzt sich herum und
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