Hasenherz
drückt ihn nieder und richtet sich über ihm auf.
Von ihren hohen, glatten Schultern an abwärts ist sie ein einziger langer Unterleib, der sich über ihm ins Licht hebt. «Na?» sagt er leise und mit Freude.
«Na?» gibt sie zurück.
«Du bist schön.»
«Komm, mach weiter.»
Gereizt stößt er sich von unten in sie hinein, und gleichzeitig preßt er ihr seine Hand unters Kinn und drückt ihr Gesicht hoch, und seine Finger schieben sich in ihren Mund, und ihre feuchte Kehle spannt sich. Und als nehme ihr seine Erbitterung die Kraft, sich aufrecht zu halten, wankt sie, wälzt sich mit ihm herum, und er liegt wieder über ihr; ihre Brust klebt an der seinen, ihr Atem geht keuchend. Plötzlich springen ihre Schenkel weit auf und umklammern seine Flanken und springen abermals auf, so weit, daß er erschrickt und meint, sie will, unmöglich, sie will ihr Inneres nach außen kehren; ihre Muskeln und Lippen und Knochen unter ihm pressen sich gegen seinen Leib wie ein neuartiges anatomisches System, wie das eines fremden Lebewesens. Sie wird durchsichtig für ihn, er sieht ihr Herz. Sie entläßt ihn, erschlafft, und aus den Furchen ihres Ermattens wachsen seine Liebe und sein Stolz empor. Sie ist also zuerst gekommen und wartet nun auf ihn, und in einem zitternden Übermaß von Zärtlichkeit zieht er mit seinem Daumen wieder und wieder den Schwung ihrer Augenbraue nach. Sein Samenstrom schwillt und ergießt sich in einen stillen Kanal. Bei jedem Schauer lächelt ihr Mund in den seinen, und ihre Beine, die noch immer auf seinem Rücken liegen, drücken ihn nieder.
Nach einer Weile fragt sie: «Gut?»
«Du bist schön.»
Sie nimmt ihre Beine von ihm und schüttet ihn von ihrem Körper herunter wie einen Sandhaufen. Er sieht ihr ins Gesicht und meint, in den Schatten darin einen traurigen Ausdruck des Verzeihens zu lesen, als wüßte sie, daß er im Augenblick der Hingabe, als er an den Wurzeln der Liebe war, sie verraten hat, indem er der Hoffnungslosigkeit an heimgefallen ist. Die Natur führt dich wie eine Mutter, und sobald sie ihren geringen Preis bekommt, läßt sie dich allein, mit leeren Händen. Der Schweiß auf seiner Haut wird kalt an der Luft; er zieht die Decke herauf, die zu Ruths Füßen liegt.
«Pu warst fabelhaft», sagt er träge aus dem Kissen und streichelt ihre weiche Flanke. Ihr Fleisch ist noch immer vollgesogen mit Liebe; bei ihr verebbt sie langsamer.
«Ich hatte es vergessen», sagt sie.
«Was hattest du vergessen?»
«Daß ich's auch haben kann.»
«Wie ist es?»
«Oh, es ist, als ob man fällt.»
«Wohin fällst du?»
«Nirgendwohin. Ich kann nicht drüber sprechen.»
Er küßt ihren Mund. Sie trifft keine Schuld. Träge nimmt sie seine Lippen hin, dann in jäh wiederaufwallender Zärtlichkeit flattert ihre Zunge über sein Kinn.
Er schlingt den Arm um ihre Mitte, schmiegt sich an ihren Körper und richtet sich zum Schlafen ein.
«He, ich muß aufstehn.»
«Bleib.»
«Ich muß ins Bad.»
«Nein.» Er umschlingt sie fester.
«Junge, du läßt mich besser raus.»
«Erschreck mich nicht», murmelt er und kuschelt sich enger an ihren Körper. Sein Schenkel schiebt sich auf die ihren, Schwere auf Wärme. Wunderbar, Frauen: erst die hungrigen Schöße, dann dies ruhsame Fleisch. Er möchte die Glut, die seine Lenden verströmt haben, in weichen Wärmewellen zu sich zurückebben lassen. Der beste Bettge nosse, eine befriedigte Frau. O Gott, als sie über ihn kam – wie die Blütenglocke einer großen blauen Lilie, die sich über seine langsame Kuppe stülpt. Er hätte ihr weh tun können, als er ihr Kinn so hochge preßt hat. So fest schläft er noch nicht, daß er nicht seinen ausgedörrten Atem spürte, der zwischen seinen geöffneten Lippen aus und ein geht, und als sie sich aus seiner Arm- und Beinumklammerung löst, sagt er: «He, bring mir ein Glas Wasser mit.»
Sie steht neben dem Bett, sackig in ihrer Nacktheit, und geht dann ins Bad, um ihre Pflicht zu tun. Das stößt ihn so ab an den Frauen: daß sie mit sich umgehen wie mit einem seelenlosen Behältnis. Daß sie Schlauch in Schlauch stecken und den Unrat des Mannes wegspülen. Wirklich beleidigend. Wasserhähne schreien. Je wacher er wird, desto mehr wächst seine Niedergeschlagenheit. Tief aus dem Kissen heraus starrt er auf das waagerechte Stückchen buntglasigen Kirchenfensters, das unter dem Rouleau hervorschaut. Und ihm ist, als sei der unschuldige Glanz dieses Streifens der einzige Trost, der ihm geblieben ist.
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