Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hasenherz

Hasenherz

Titel: Hasenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
Vom Netzwerk:
das erregt ihn, und er kann seine Leidenschaft nicht mehr im Zaum halten: sein Mund rast über ihr Gesicht, küßt, leckt, und jetzt lacht sie doch, es kitzelt sie, und sie stößt ihn weg. Er preßt sie an sich, beugt den Kopf ein wenig und drückt die Zähne in die weiche, heiße Kuhle seitlich an ihrem Hals. Sie wittert, daß er nahedran ist, zuzubeißen, und ihre Hände schieben seine Schultern zurück, aber er bleibt an ihr, seine Zähne sind entblößt in einem stummen Schrei, er schreit, und ihre Haut erstickt jeden Laut, daß er nicht ihre gespreizten Beine will, nicht das, nicht den Mechanismus, sondern sie, sie selbst.
    Obgleich kein Wort hervorkommt, hört sie's und sagt: «Versuch nicht, mir weiszumachen, daß du dich verliebt hast in mich. Komm jetzt und dann verschwinde.»
    «Du bist so selbstsicher», sagt er und will sie schlagen, dann hält er seinen Arm aber zurück und bietet ihr statt dessen an: «Schlag mich. Los. Das willst du doch, nicht? Komm, schlag mich zusammen.»
    «Lieber Gott», sagt sie, «das kann noch die ganze Nacht so gehn.» Er hebt ihren schlaffen Arm hoch und holt mit ihm gegen sich aus, sie aber krümmt alle fünf Finger, so daß ihre Hand einfach nur gegen seine Wange bumst. «Genau das muß die arme Maggie immer mit deinem schweinischen Freund machen.»
    «Sprich nicht von den beiden», bittet er.
    «Verdammte Männer», redet sie weiter, «entweder sie wollen einem weh tun, oder man soll ihnen weh tun.»
    «Das ist nicht so bei mir. Wirklich nicht. Weder das eine noch das andere.»
    «Also dann zieh mich endlich aus und hör auf mit diesem Rumge ficke.»
    Er schnaubt durch die Nase. «Du drückst dich wirklich gewählt aus», sagt er.
    «Tut mir leid, wenn's dich schockiert.» Aber in ihrer Stimme schwingt ein kleines metallenes Bereuen, als tue es ihr wirklich leid.
    «Schon gut», sagt er, bückt sich und faßt mit großer Selbstverständlichkeit den Saum ihres Kleides. Seine Augen haben sich inzwischen genügend ans Dunkel gewöhnt, um die grüne Farbe des Kleides zu erkennen. Er schält es an ihrem Leib hoch, und sie hebt die Arme, und ihr Kopf verfängt sich einen Augenblick lang im Halsloch. Verdrossen schüttelt sie ihn, wie ein Hund, der an etwas zerrt, und das Kleid gleitet von ihren Armen herab in seine Hände, schlappig und lauwarm. Er läßt es in den Stuhl hinübersegeln, der schwerfällig in der Ecke hockt. «Mein Gott», sagt er, «bist du schön.» Sie ist ein Geist in ihrem silbrigen Unterrock. Ihre Haare haben sich gelöst, als er ihr das Kleid über den Kopf zog. Ihr ernstes Gesicht neigt sich zur Seite, als sie rasch die Nadeln aus der Frisur zieht. In schweren Strähnen fällt ihr Haar herab.
    «Mhm», macht sie. «Schön dick.»
    «Nein», sagt er, «du bist» – und im selben Atemzug geht er zu ihr, hebt sie auf, großer, glitzernder Zucker in dem körnigseidenen Unterrock, trägt sie zum Bett hinüber, legt sie auf die Decke – «so schön.»
    «Du hast mich hochgehoben», sagt sie, «das wird dich außer Betrieb setzen.»
    Hartes, direktes Licht fällt auf ihr Gesicht. Die Falten an ihrem Hals sehen schwarz aus. Er fragt: «Soll ich das Rouleau runterziehn?»
    «Bitte. Der Ausblick ist so unerquicklich.»
    Er geht zum Fenster und beugt sich vor, um zu sehen, was sie meint. Aber da steht nur die Kirche auf der andern Straßenseite, grau, düster und vertrauenerweckend. Hinter ihrer Fensterrose brennt ein Licht, und dieser Kreis aus Rot und Violett und Gold ist in der Stadtnacht wie ein Schacht, in die Realität getrieben, um ein bißchen von dem abstrak ten Glanz zu zeigen, der untergründig herrscht. Rabbit ist den Schöp fern dieses Ornaments dankbar und zieht mit einem Gefühl der Schuld das Rouleau davor. Rasch dreht er sich um, und Ruths Augen beobach ten ihn aus Schatten heraus, die auch wie Schächte scheinen in der Oberfläche. Ein Halbmond aus Silber liegt auf der Wölbung ihrer Hüfte. Es ist, als schaffe seine Kenntnis von ihrer Schwere ein bestimm tes Fluidum.
    «Was kommt jetzt?» Er zieht sein Jackett auf und wirft es in die Gegend. Er mag das, Sachen in die Gegend werfen: Kleidungsstücke von sich schleudern und die Nacktheit immer vollkommener machen.
    «Die Strümpfe?»
    «Die sind zu schwierig», sagt sie. «Ich will keine Laufmaschen haben.»
    «Dann mach du's.» Sie setzt sich auf und befreit sich mit der sanft- pfotigen, nervösen Behendigkeit einer Katze von einem Gewirr aus Gummi, Seide und Baumwolle; er assistiert ihr

Weitere Kostenlose Bücher