Hashimoto und Basedow
die Krankheit zum Erliegen kommt, auch die Anzahl dieser Antikörper, die ja den Versuch einer Selbstheilung darstellen, abnehmen wird. Auch unter diesen Gesichtspunkten wäre eine abwartende Haltung sinnvoll. Leider aber werden Menschen mit Basedow sehr schnell zu Operation und Bestrahlung gedrängt, mit dem Argument, dies wäre der Heilung förderlich. Aus meiner Sicht ist das genaue Gegenteil der Fall. Wenn es gelingt, mittels Schilddrüsenblockern einen stabilen Zustand zu erreichen, kann man darauf hoffen, dass MAK und TAK ihre segensreiche Wirkung für den Basedow-Kranken entfalten.
Aus der Praxis
Aus meiner eigenen Praxis kenne ich mittlerweile schon zahlreiche Patientinnen, bei denen es genauso gekommen ist: Wenn der TRAK einmal zu sinken begonnen hatte, halfen MAK und TAK mit bei der Bekämpfung der Schilddrüsenüberfunktion und führten zu einer Stabilisierungsphase. Deshalb richten sich meine Heilversuche vor allem darauf, beim Basedow den TRAK zu beobachten. Er ist der Gegner. Ihn zu senken, bis er kaum oder nicht mehr vorhanden ist, und diese messbare Verbesserung mit dem Befinden der Patientin zu vergleichen ist das Hauptziel.
Der Klang der Stimme
Man kann die Heilung des Basedow nicht nur mit Laborwerten, sondern auch mithilfe anderer Kriterien messen. Das Wichtigste davon ist die Stimme. Die Stimmlippen liegen ja nur knapp über der Schilddrüse und der Kehlkopf wird stark von Vorgängen im vorderen Halsbereich beeinflusst. Liegt eine starke Entzündungsaktivität vor, verhärtet das die Muskulatur und die Stimme klingt gepresst. Entspannt sich die Lage, verbessert das die Funktion der Stimmmuskulatur und die Stimme klingt reichhaltiger und sinnlicher. Viele Patientinnen betreue ich ausschließlich übers Telefon, andere habe ich in meiner Praxis gesehen, aber nur ein einziges Mal zu Beginn der Behandlung. Im Wesentlichen kommunizieren wir also über Klang. Dadurch habe ich gelernt, mich in den anderen einzuhören und einzig und allein am Klang der Stimme und der Art des Sprechens Fortschritte in Richtung einer Heilung abzulesen. Hier wird Genesung akustisch messbar, direkt hörbar. Diese Veränderung betrifft nicht nur den Kehlkopf, sondern auch das Gehirn des Menschen. Im Basedow-Schub sprechen die meisten Menschen gedrängt und ängstlich und sind unkonzentriert. Kommt die Krankheit zur Ruhe, merkt man, dass die Stimme weicher und ruhiger wird und auch der Mensch als Ganzes wieder schwingungsfähig und klar. Dass er sich nicht mehr auf einzelne Themen ausrichtet, sondern sich wieder für verschiedene Emotionen und Gedanken öffnet. Er kann auch wieder zuhören und die Belastungen des Alltags viel besser ausgleichen. Diese Veränderung hört man und das ist sehr angenehm. Es gibt ja für einen Therapeuten nichts Angenehmeres, als mit Menschen umzugehen, die wieder in ihre Mitte gekommen sind – und dass sie es sind, kann man an ihrer Stimme ablesen.
Oft aggressive und starre Behandlung
Ganz anders sieht es aus, wenn Sie mit Menschen sprechen, die gerade eine Bestrahlungsbehandlung hinter sich haben. Hier kann sich die Starre stark verfestigen. Durch die Strahlen im Gewebe selbst, aber auch durch die gewalttätige Behandlung, die zu einer seelischen Starre führt. Es ist fast so, als würde man mit Kriegsveteranen umgehen, mit Menschen, die in vorderster Front gestanden haben. Man freut sich, dass sie überlebt haben, fragt sich aber bloß, wie. Und was von ihnen überlebt hat. Vielleicht kennen Sie noch aus eigener Erfahrung diese früheren Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg gewesen waren, und diese Wortkargheit und Starre, die den meisten von ihnen zu eigen war. Vielleicht haben Sie die in diesen Menschen schlummernde Gewalttätigkeit gespürt. Die Neigung, durch Alkohol oder ein aufgesetztes Lustigsein das abschütteln zu wollen, was sie im Krieg erfahren mussten. Über diese Aspekte spricht man ja generell nur wenig, da man gerade in medizinischen Dingen um »Sachlichkeit« bemüht sein möchte. Dabei übersieht man, dass Starre und Festigkeit ein Krankheitsphänomen an sich sind. Gesundheit ist so etwas wie die ruhige Schwingung eines Menschen, ähnlich einem Teich mit ruhiger Wasseroberfläche. Jeder Stress, jede Belastung, jedes Leid ruft eine Veränderung dieses Zustands hervor, eine Verkrampftheit und Starre. Diese Reaktion ist Teil der Krankheit. Will man die Krankheit abschütteln und zurückkehren in das Schwingen eines gesunden Organismus, sollte auch die Therapie etwas Weiches
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