Hashimoto und Basedow
Radium bemalt waren. Radium leuchtet so schön im Dunkeln, es »phosphoresziert« wie Sterne am Nachthimmel. Man konnte durch Radium auf Zifferblättern – in einer Zeit, in der die Lichtverschmutzung noch nicht so groß war wie heute – jederzeit sagen, wie spät es nachts war, und das ohne zusätzliche Lichtquelle. Aber dass Radium eigentlich ein Radionuklid ist, das zerfällt und dabei eine Gammastrahlung ausschickt, die Krebs auslösen kann, hat man damals noch eher mit Achselzucken aufgenommen. Erst mit den Atombomben, die auf Nagasaki und Hiroshima abgeworfen wurden, und den daraus resultierenden schwersten Schädigungen von Menschen hat ein Umdenkprozess begonnen, der in den 1970er- und 1980er-Jahren wie eine lähmende Furcht auf den Menschen lag. Mittlerweile hat sich das geändert und was einmal die Angst vor Militärmächten war, die Atomwaffen verwenden, hat sich viel differenzierter den Atomkraftwerken, aber auch den Strahlenbehandlungen in unseren Krankenhäusern zugewandt. Letzteres ist ja kein immer nur theoretischer Risikofaktor. Wenn Sie z. B. als Frau das Pech haben sollten, einen Brustkrebs zu entwickeln, werden Sie wahrscheinlich sehr intensiv mit der Radiotherapie in Verbindung kommen und hautnah erleben, wie stark sie Körpergewebe schädigen kann. Schon bei der Diagnostik wird die Brust mit Röntgenstrahlen intensiv bedacht, viel mehr aber noch, wenn damit Tumorgewebe verkocht werden soll. Im Vergleich dazu scheint die Radiotherapie der Schilddrüse milder. Man denkt aber leider immer noch viel zu wenig darüber nach, welche Strahlenfolgen das für den Körper bedeuten könnte, sondern konzentriert sich bei der Analyse meistens auf einen Nebenaspekt, die Platzangst im »Strahlenbunker«. Da die Verwendung von Radionukliden gesetzlich reguliert ist und für die Bevölkerung eine Belastung ausgeschlossen werden muss, ist es notwendig, dass Patienten sich für die Therapie einige Tage in Isolationshaft in einen von Bleiplatten umgebenen fensterlosen Raum begeben. Denn kurz nach der Verabreichung von radioaktivem Jod beginnt der Körper, es wieder auszuscheiden. Diese Ausscheidungen müssen in Behältern aufgefangen werden, damit sie nicht das Grundwasser oder andere Lebewesen im direkten Kontakt verseuchen. Diese Nebenerscheinung der Radiojodtherapie wird für freiheitsliebende Menschen mit Platzangst zumindest mental und emotional mitunter zur Hauptsache, dabei ist auch die körperliche Belastung beträchtlich. Dem Körper wird nämlich ein ganz konkreter Schaden zugefügt, der weit über die Schilddrüse hinausgeht. Auch darüber muss man reden. Wünschenswert ist die Behandlung vielleicht als Effekt bei der Behandlung eines Basedow. Aber alle Gewebe, die im Einflussbereich der ionisierenden Strahlung liegen, die von nun an durch das radioaktive Jod aus der Schilddrüse heraus erfolgt, erfahren völlig unschuldig diese Folgen einer Vernichtungsstrategie. Sie sind sozusagen der Kollateralschaden eines Bombenkriegs, über dessen Ausmaß man sich trefflich streiten kann. Denn es gibt Gammastrahlen in dem Radionuklid, die ja nicht nur die Schilddrüse selbst und ihre unmittelbare Umgebung erreichen, sondern den ganzen Menschen und auch alle anderen Menschen in seiner Umgebung, weshalb jede Form von Krebserkrankung, die radioaktiv behandelte Menschen im Laufe ihres Lebens vielleicht noch entwickeln, im Verdacht steht, durch die einst erfolgte Radiojodtherapie ausgelöst worden zu sein. Und es gibt zusätzlich noch die beim Zerfallsprozess der Atome frei werdenden Alphastrahlen und Betastrahlen, die vor allem die nächste Umgebung betreffen und im Bereich des Halses über viele Jahre hinweg entzündliche Reaktionen, Verhärtungen und eben auch Tumoren zur Folge haben können.
Vergleichen Sie die Vor- und Nachteile einer Radiotherapie mit hohen MAK- und TAK-Werten, muss man feststellen, dass diese Autoantikörper zwar genau dasselbe bewirken wie die Bestrahlung – ohne die schädliche Nebenwirkung einer möglichen Mutation. Ist es da nicht besser, möglichst lange mit einer Radiojod-therapie zu warten und zu versuchen, mit einer sanften Therapie den TRAK zu senken, bis er nicht mehr messbar ist, und den MAK und den TAK einfach so hoch zu lassen, wie er ist, bis sich die Schilddrüsenüberfunktion gelegt hat? Das wäre genau der Effekt, den eine Radiojodtherapie hat – vielleicht nicht ganz so schnell erreichbar, der Erfolg aber immerhin messbar. Und es ist anzunehmen, dass in dem Moment, in dem
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