Hass
riecht lecker.«
Sie fuhr herum und streckte die Hand nach der Waffe auf der Ablage aus. »Oh, guten Morgen, Cheney. Es ist noch so früh. Ich wollte …«
Sie trug Jeans, Ballerinas und eine weiße Bluse. Ihr Haar war zu einem Zopf geflochten, und ihre Lippen schimmerten pfirsichfarben. Sie hatte Make-up aufgetragen, um die Prellung abzudecken. Kleine silberne Kreolen waren der einzige Schmuck, den sie trug.
»Ich habe da so in meinem waldigen Bett gelegen, als die süßeste Musik an mein Ohr drang. Madame Butterfly, richtig?«
»Ja, meine Lieblingsoper. Es tut mir leid, dass ich Sie geweckt habe. Manchmal brechen die Lieder einfach so aus mir heraus, ohne dass ich es merke. Oder genauer, weil ich meistens alleine bin, denke ich wohl gar nicht nach …«
»Das geht schon in Ordnung, Sie haben eine sehr schöne Stimme.«
Die Mikrowelle piepte. »Danke. Bitte nehmen Sie Platz. Ich bringe Ihnen gleich das Frühstück.«
Er schaute auf die Uhr. »Die Spurensicherung wird bald wieder hier sein.«
»Ich habe mir einige der Einschlagstellen angesehen. Da wurde so viel von dem schönen Holz ramponiert. Sie können seine DNS von dem Blut ermitteln, oder?«
»Ja. Haben Sie Gesang studiert?« Sie schüttelte den Kopf, während sie ihm eine Tasse Kaffee einschenkte, und ging dann zurück zum Herd, um Rühreier zu bereiten. »Ein Semester lang habe ich am College jeden Tag stundenlang geübt, aber dann …«
»Was dann?«
Sie zuckte die Schultern. »Dann haben sich die Dinge geändert.«
Er wollte schon nach einer Erklärung fragen, entschied sich aber dagegen. Ihre Vergangenheit konnte warten.
Sie war flink. Schon wenige Minuten später genossen sie Rührei, Heidelbeermuffins und knusprigen Frühstücksspeck, genau wie er es gernhatte.
Etwas streifte sein Bein, und er fuhr fast im Stuhl hoch. Die Gabel fiel ihm aus der Hand.
»Tut mir leid. He, Freddy, du hast Cheney erschreckt. Komm her, kleiner Prinz, hier hast du schönen Truthahnspeck.«
Ein großer weiß-orange getigerter Kater sprang auf den Stuhl neben Julia. Sein verzweifeltes Miauen verstummte erst, als er sich über einen Pappteller mit winzigen Schinkenstückchen hermachte. Freddy kaute hörbar und schnurrte noch lauter. Nachdem er ein wenig gelauscht hatte, lachte Cheney.
»Toller Motor.«
»Ja. Schon als kleines Kätzchen konnte man ihn noch zwei Zimmer weiter hören.« Sie seufzte. »Ich glaube, ich war als Einzige in der Nachbarschaft bereit, auf Freddy aufzupassen. Also musste ihn Mrs Minter notgedrungen bei mir lassen. Aber genau wie alle anderen ist sie sich auch nicht sicher, ob ich meinen Mann umgebracht habe. Und jetzt das noch«, sagte sie seufzend. »Was meine Nachbarn jetzt wohl denken?«
Cheney sagte sachlich: »Wenn die Medien einen erst einmal in der Mangel haben, dann vergessen die Leute das nicht so schnell. Im Moment sind Sie das Ziel. Da werden sich die Medien wie die Geier draufstürzen. Dann ändert sich die öffentliche Meinung, auch die der Nachbarn. Ich habe Freddy am Donnerstag und gestern Abend gar nicht gesehen.«
»Er hat sich unter dem Sofa in der Bibliothek versteckt. Ich kümmere mich eine Woche lang um ihn, während Mrs Minter und ihr neuer Mann die griechischen Inseln erkunden. Sie müssten schon bald zurückkommen. Gut, dass Freddy nicht bei mir schläft. Der Kerl hätte ihn gestern verletzen können. Hoffentlich haben Sie recht damit, dass meine Nachbarn sich umstimmen lassen.«
Freddy gab ein lautes Miauen von sich. Julia lachte, streichelte ihm den Kopf und legte ihm noch etwas Speck auf den Teller. »Den Rest der Nacht hat Freddy aber doch bei mir verbracht. Als ich heute Morgen aufwachte, lag er auf meiner Brust. Ich konnte kaum atmen.«
Plötzlich erstarrte der Kater. Sein Fell sträubte sich und er fauchte.
»Runter, Julia!« Cheney schubste sie beinahe unter den Tisch, zog seine SIG und schlich aus der Küche zum vorderen Teil des Hauses.
KAPITEL 19
Georgetown, Washington D. C. Sonntag
Dix sagte: »Ihre Augen waren nicht ganz wie die von Christie, aber ihren doch sehr ähnlich, sodass mir einen Moment lang der Atem stockte. Ich habe mir die ganze Zeit gewünscht, ich wäre nicht hingefahren.«
Ruth legte ihre Hand auf seine. »Du musstest, Dix, du musstest sie sehen, um sicherzugehen. Jetzt weißt du Bescheid, und es ist vorbei.«
»Aber das ist es eben nicht, Ruth. Charlotte Pallacks Armband – so einen Zufall gibt es doch nie und nimmer.«
Savich sagte: »Dix, nach deinem Anruf gestern habe
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