Hass
zu.
»Hallo, Captain Paulette. Also gut, ich schaffe das. Es ist nur so, dass alles so schnell ging. Aber ich bekomme das schon wieder zusammen.«
Für einen Moment war sie still. Sie versuchte, das Loch in ihrer Socke zu verdecken.
Cheney beobachtete Frank dabei, wie er Julia musterte, genau wie er es zuvor getan hatte. Ihre Pupillen waren noch immer erweitert, sie war durcheinander, und er wusste, dass sie noch immer mit der vorangegangenen Todesgefahr zu kämpfen hatte. »Also, Julia, während Captain Paulette die Notaufnahmen kontaktiert und seine Männer einteilt, möchte ich, dass Sie sich zurücklehnen, Ihre Augen schließen und sich die einzelnen Szenen noch einmal in Erinnerung rufen. Atmen Sie tief durch, denken Sie gut nach.«
»Aber …«
»Glauben Sie mir, dadurch werden Ihnen mehr Details wieder einfallen, die Sie Captain Paulette erzählen können.«
Draußen fuhren Wagen ohne Sirenen vor. Das beruhigte Julia. Ihre Nachbarn schauten sie seit dem Mord an August vor sechs Monaten noch immer komisch von der Seite an.
Cheney erkannte, dass sie noch zu aufgeregt war. Er stand auf und reichte ihr die Hand. »Kommen Sie, wir machen Kaffee, während Captain Paulette mit den Beamten spricht.«
Der Captain richtete den Blick zum Himmel. »Danke, macht ihn schön stark. Danach möchte ich aber alle lästigen Details wissen, Mrs Ransom.«
Es war vier Uhr morgens, als die Beamten der Spurensicherung ihre Ausrüstung einpackten und Captain Paulette mitteilten, dass sie die Geschosse am Morgen sichern würden. »Da war viel Blei in der Luft«, sagte einer der Techniker. »Wir haben schon einige Blutstropfen im Haus und auf dem Bürgersteig markiert. Morgen werden wir noch etwa zwei Stunden brauchen.«
Captain Paulette sagte zu Julia: »Ich habe die Polizisten von Ihrem Haus abgezogen, nachdem es gestern Nacht ruhig war. Heute Abend sind sie nur immer mal wieder vorbeigefahren. Es tut mir leid, das war ein Fehler. Ich sollte wahrscheinlich Ihre Waffe mitnehmen. Aber ich lasse es sein, besonders nachdem ich Ihnen auf Cheneys Wunsch hin so mühsam eine Lizenz beschafft habe.«
»Danke, Captain Paulette. Ich habe die Absicht, meine SIG ab jetzt mit ins Bett zu nehmen.«
Während sie Paulette auf einen Streifenwagen zugehen sahen, sagte Julia zu Cheney: »Danke, dass Sie angeboten haben, hierzubleiben. Selbst mit den Polizisten vor der Tür habe ich noch schreckliche Angst. Ich würde gerne von mir behaupten, dass ich alleine auf mich aufpassen kann – heute Abend habe ich das ja eigentlich auch getan. Aber trotzdem bin ich froh, dass Sie hier sind. Kommen Sie, ich zeige Ihnen das Gästezimmer.«
Sie musterte ihn einen Augenblick. »Ich glaube, das Bougainvillea-Zimmer entspricht nicht ganz Ihrem Stil. Zu feminin. Ich gebe Ihnen Augusts Zimmer.«
Es war ein eindrucksvolles Schlafzimmer mit einem großen Fenster zur Bucht und einer Tapete, die ihn an einen Wald im tiefsten Herbst erinnerte. Es wirkte beruhigend und sanft wie eine gute Massage.
»Und wo bleibt das Vogelgezwitscher?«
»Die machen Winterschlaf, wie die Bären. Im Bad finden Sie alles, was Sie brauchen.« Sie zeigte ihm noch weitere Kleidung ihres Mannes und ließ ihn dann in dem Wald mit dem herrlichen Ausblick zurück.
Cheney rief ihr nach: »Lassen Sie Ihre Zimmertür offen.«
»Ich schlafe nicht in meinem Bett. Ich bin am Ende des Flurs, ich lasse die Tür offen. Darauf können Sie wetten, Cheney. Ich bin wohl doch ein Angsthase.«
»Das dürfen Sie auch sein.«
Sie nickte, lächelte zögerlich und ging mit müden Schritten den langen Flur hinunter. Er hoffte, dass sie schnell einschlafen konnte.
Was ihn betraf, so musste er nur die dicke Decke zum Kinn hochziehen, und schon hatte der Schlaf ihn übermannt.
KAPITEL 18
Cheney schreckte vom Klang einer Frauenstimme hoch, die eine Arie aus Madame Butterfly schmetterte, eine der wenigen Opern, die er mochte. Er schloss die Augen wieder und hörte zu. Sie hatte eine schöne, kräftige Stimme. Er lag ganz still, bis die letzten Töne verklungen waren.
Dann stand er auf, wusch sich und putzte sich die Zähne mit der extraharten Zahnbürste, die noch verpackt für etwaige Gäste bereitgelegen hatte. Als er kurz darauf unten in die Küche kam, fand er Julia Ransom vornübergebeugt, um Muffins aus dem Ofen zu holen.
Er atmete den Duft ein: Heidelbeermuffins – seine Lieblingssorte.
Er wollte sie nicht erschrecken, also wartete er, bis sie das Blech auf dem Herd abgestellt hatte.
»Das
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