Hass
Klar, als ob ich jemals an die Kommunikation mit Geistern glauben werde. Jedenfalls nicht in diesem Leben.
»Die Medien – betrachten sie sich selbst als so eine Art Priester, als die großen Verbindungspersonen zwischen den Hinterbliebenen und denen im Jenseits?«
»Ja, so ähnlich. Das Jenseits ist nur ein anderer Name für das Leben nach dem Tod. August hat es immer die Glückseligkeit genannt, Wallace sagt das Danach. Ich gebe Ihnen später eins von Augusts Büchern.«
»Und je eins von Tammerlane und Wagner.«
Sie nickte. »Und auch noch eins von Kathryn Golden. Sehen Sie sich die Videos von August an und sagen Sie mir, dass er nicht authentisch ist, Cheney.«
KAPITEL 22
Atlanta, Georgia Montag
David Caldicott lebte in der Lily Pond Lane in Buckhead. Sein hundert Jahre altes Holzhaus lag etwas abseits von der Straße. Es war total flippig, dafür gab es einfach keinen anderen Ausdruck. Auf der Veranda des hellblau und leuchtend gelb gestrichenen Heims standen sieben Fahrräder, und ein gutes Dutzend majestätischer alter Magnolienbäume lehnten sich auf allen Seiten gegen das Haus und setzten es damit einer ungemeinen Brandgefährdung aus. Trotzdem passte das große Haus gut zu all den gepflegten Gebäuden, zwischen denen es stand. Es war sein Charme, der den Blick auf sich zog und ein Lächeln hervorrief.
Sie wussten, dass er zu Hause war, hatten sich aber entschlossen, ihren Besuch nicht telefonisch anzukündigen. Sie wollten ihn überraschen.
Ein junges, sonnengebräuntes Mädchen mit Pferdeschwanz in Shorts und einem Neckholder-Top öffnete die Tür und starrte sie an. Mit ihrem Kaugummi machte sie eine hübsche große Blase und ließ sie dann platzen.
Dix sagte: »Wie alt bist du?«
Sie grinste ihn breit an, kratzte sich ein paar Kaugummireste von der Lippe und sah plötzlich gar nicht mehr wie ein Teenager aus. »Große Güte. Ich mag Sie, wer auch immer Sie sind. Ich bin dreiunddreißig. Sie dachten, ich wäre noch richtig jung, stimmt’s? Wenn nicht, schwindeln Sie bitte. Mein Ego braucht jetzt ein wenig Auftrieb. David war in letzter Zeit ein richtiger Arsch, und ich bin so weit, ihn mit einem Fußtritt zum Fenster hinauszubefördern. Nur dumm, dass es sein Haus ist.«
Sie zuckte die Schultern. »Kommen Sie herein. Sie sind doch seinetwegen hier, oder?«
»Genau«, sagte Ruth. »Ich bin Special Agent Ruth Warnecki vom FBI und das ist Sheriff Dixon Noble.«
Sie zeigten ihre Ausweise vor, während die Frau eine weitere Blase platzen ließ und ungläubig schaute. Dann schüttelte sie ihnen die Hände. »Hi, ich bin Whitney Jones. Wollen Sie David festnehmen? Hat er Geigen aus Russland eingeschmuggelt? Vielleicht eine geklaute Stradivari?«
»Nicht, dass wir wüssten«, sagte Ruth. »Wir wollen ihn wegen einer anderen Angelegenheit sprechen. Die Schmuggelsache behalten wir aber mal im Hinterkopf.«
»Ich habe von dieser Abteilung für gestohlene Kunst beim FBI gehört. Er ist definitiv schuldig. Da bin ich mir ganz sicher. David! Komm runter, hier sind zwei Polizisten, die mit dir reden wollen oder dich verhaften oder so.«
Ruth lachte unwillkürlich. »Was hat er getan, Miss Jones?«
»Er sollte gestern Abend mit mir Steaks machen, aber er ist bei einer Jam Session in irgend so einer Spelunke mit ein paar anderen aus dem Orchester hängen geblieben, und da hat er es einfach vergessen.«
»Wirklich ein richtiger Arsch«, sagte Dix. »Wollen Sie, dass ich ihn mal an meiner Faust schnuppern lasse?«
»Auf keinen Fall, dann könnte ich ihm ja keine Zungenküsse mehr geben. Nein, ich treffe ihn da, wo’s richtig wehtut. Er liebt Sex – den kann man ihm so schön leicht wegnehmen. Mit den Entzugserscheinungen muss er erst einmal fertigwerden.« Sie lachte und winkte sie in ein Wohnzimmer mit einer Auswahl an ungewöhnlichen Möbelstücken, vom riesigen viktorianischen Sofa mit rotem Samtbrokatbezug bis hin zur schweren, kunstvoll verzierten, spanischen Truhe, die um die fünfhundert Jahre alt sein mochte und der man jedes einzelne Jahr an der polierten, abgenutzten Oberfläche ansehen konnte. Vermutlich benutzte David Caldicott sie als Sitzgelegenheit, denn daneben stand ein altmodischer Hippietisch mit einer angeschlagenen Lavalampe darauf. Persische Teppiche, von denen einige kaum noch mehr als fadenscheinige Fetzen waren, bedeckten den schäbigen Eichenboden. Gemälde und Fotos breiteten sich über den größten Teil der Wände aus – schwärmerische präraffaelitische Drucke und
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