Hass
blockiert habe. Geht es dir gut, meine Liebe?«
»Ja, Wallace. Mir geht es gut, wirklich.«
Er sah sie nachdenklich an. »Und was sollte dieser Nonsens vorhin, als dieser Mann hier mit einer Waffe herumwedelte?«
»Er beschützt mich, genau wie die beiden anderen Polizisten auch.«
»Ich schicke Bevlin und diesen spießigen Beamten weg. Wir brauchen die beiden nicht. Ich bin doch jetzt da. Ich kann dich beschützen. Wir könnten zu Cecile’s gehen und einen Espresso trinken. Ich muss unbedingt alleine mit dir sprechen und dich von alldem hier fernhalten. Vielleicht hat ja August etwas zu erzählen.«
Cheney sagte: »Wenn August Ransom sich heute meldet, Mr Tammerlane, kann er Ihnen vielleicht verraten, wer ihn getötet hat.«
Tammerlane hob den dunklen, durchdringenden Blick. »So funktioniert das nicht, Agent Stone, ganz und gar nicht. August beschäftigt sich nicht mehr mit der Vergangenheit, mit dem, was einmal war …«
»Es stört ihn nicht, dass jemand sein Leben verkürzt hat? Dass derjenige möglicherweise auch seine Witwe umbringen will?«
Wallace sagte in betont geduldigem Tonfall: »Agent Stone, wenn eine Person hinübergegangen ist, werden der vergangene Schmerz, sämtliche Kränkungen und all das absolut unwichtig. All die Schwierigkeiten des Lebens hören auf zu existieren. Aber in Wahrheit weiß August auch gar nicht, wer ihn getötet hat. Wer auch immer es gewesen ist, er kam von hinten. August hat mir berichtet, dass er hinter sich etwas gehört hat. Doch er hatte keine Zeit, sich umzudrehen. Er hatte Kokain genommen, eine äußerst bedauernswerte Angewohnheit. Aber es hat ihm geholfen, sich zu konzentrieren und Dinge zu verstehen, die er sonst nicht hätte erfassen können. Es verlangsamte seine Reflexe und unterdrückte jegliche Angst. August spürte plötzlich etwas Scharfes im Hals – und dann etwas unglaublich Kaltes.
Das war das Ende. Er ging hinüber, und alles veränderte sich. Er war im Danach.
Aber er sorgt sich um Julia. Er liebt sie, hat sie immer geliebt. Er ist für sie da, nicht hier im Raum wohlgemerkt, aber in der Nähe.«
»Er weiß auch nicht, wer den Mann angeheuert hat, um mich zu töten, Wallace?«
»Nein, meine Liebe. Diejenigen, die hinübergehen, werden nicht allwissend. Sie bleiben sie selbst.«
»Aber er war ein Hellseher«, sagte Cheney. »Hat er seine Fähigkeiten denn nicht ins Danach mitgenommen?«
»Nein, Agent Stone, das hat er nicht. Jetzt, wo er dort ist, braucht er sie auch nicht mehr.«
»Vielleicht«, sagte Cheney mit gehobener Augenbraue, »könnte sich Dr. Ransom ja bei den anderen Geistern umhören. Oder er könnte etwas länger hierbleiben, auf seine Frau aufpassen und ihr sagen, wenn sich das Böse nähert.« »Das Böse, Agent Stone? Ich glaube nicht, dass ich es so bezeichnen würde.«
»Wie nennen Sie das denn sonst, wenn ein Mensch einen anderen ermorden will?«
Wallace zuckte die Achseln. »Zorn, Wut, Not, wahrscheinlich alles auf einmal, aber nicht das Böse. Das Böse scheint für mich völlig ohne Motiv einfach als Selbstzweck zu existieren.«
Bevlin Wagner sprang auf, und die Energie brach geradezu aus ihm hervor. »Du hast gesagt, August sei nicht hier, Wallace. Ich stimme dir da zu. Er ist im Moment nicht hier, aber er war hier. Ich habe gespürt, dass er gehen musste.«
Julia erhob sich abrupt. »War er wirklich hier, Bevlin? Bist du sicher?«
»Natürlich, ich habe ihn wahrgenommen.«
»Aber warum sollte er dann wieder gehen, Mr Wagner?«
»Wer weiß, Agent Stone? Er hat eine Menge zu tun. Er liegt ja nicht herum und singt Kumbayah, my Lord. Nein, jetzt spüre ich Dr. Ransom überhaupt nicht mehr, obwohl ich es so gerne möchte. Ich habe ihn mit meiner inneren Stimme gerufen, aber er hat nicht geantwortet.
Ich gebe Ihnen aber recht, Agent Stone. Wenn ich August wäre, würde ich hier bei Julia sein wollen und nicht irgendwo anders, um eine verstorbene Seele zu begleiten.« Er zuckte die Achseln und strich sich mit den langen Fingern übers Kinn. »Aber August ist schon immer seinen eigenen Weg gegangen, und auch der Tod konnte daran nichts ändern.«
Cheney mochte das Gerede nicht mehr hören und hätte die beiden am liebsten weggeschickt, aber einer von ihnen könnte der Mörder von Dr. August Ransom sein. Einer könnte Julias Angreifer beauftragt haben.
Deshalb fragte er: »Sprechen Sie mit vielen Toten, Mr Tammerlane?«
»Ja, natürlich. Es ist eine Gabe, eine Verantwortung und eine Verpflichtung. Ich gebe zu, dass
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